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Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Bett zerwühlt war. Paradoxerweise war er früher immer besonders stolz darauf gewesen, dass er stets sein Bett in Ordnung brachte, auch schon vor seiner Bekanntschaft mit Dara. Und wenn sie am Morgen in der Hektik nicht mehr dazu kam, tat er es für sie.
    Das ungemachte Bett stach besonders ins Auge, weil es ungefähr ein Drittel des Platzes in dem Raum einnahm.
    Nick forderte Sato nicht zum Hinsetzen auf. Erstens hatte er ihn nicht eingeladen, zweitens war die einzige Sitzgelegenheit abgesehen vom Bett der Stuhl vor dem kleinen Schreibtisch, auf dem
Nick die virtuelle Tastatur seines Telefons öffnete – und dieser Stuhl hätte Satos Last wahrscheinlich nicht ausgehalten. Schon für Nicks Gewicht reichte er kaum.
    Doch der Sicherheitschef zeigte kein Interesse daran, sich niederzulassen. Er trat auf die Wand gegenüber dem Bett mit dem 70-Zoll-Flachbildfernseher zu, schaltete ihn ein und schob seine Karte in den Diskeyschlitz.
    Sofort erschienen drei Reihen mit je sechs Gesichtern auf dem Monitor.
    »Kennen Sie diese Männer und Frauen?«
    »Die meisten. Einige.« Nick konnte nur vermuten, dass es sich um Zeugen und Verdächtige im Mordfall Keigo Nakamura handelte. Dummer weise hatte Flashback die unangenehme Nebenwirkung, das echte Gedächtnis abzustumpfen.
    Wie als Antwort auf diese unausgesprochene Tatsache sagte Sato: »Mr. Nakamura geht davon aus, dass Sie einige Stunden mit Hilfe der Droge Flashback die Akten und Vernehmungen sichten wollen, bevor Sie sich an die eigentlichen Ermittlungen machen. Ich rate Ihnen dringend, diese Flashbackprüfungen immer nur für ein oder zwei Leute durchzuführen, damit die reale Untersuchung so schnell wie möglich in Gang kommt. Wie viele Stunden werden Sie für die Flashbacks benötigen?«
    Nick zuckte die Achseln. »Diese Mordermittlung hat vier Monate gedauert. Wenn ich mir auf Flashback die Akten und Befragungen von allen Leuten vornehme, kann ich ungefähr an Weihnachten anfangen.«
    »Das kommt natürlich überhaupt nicht infrage.«
    »Na schön. Wann soll ich also nach Ihrer und Mr. Nakamuras Meinung mit der eigentlichen Untersuchung beginnen? In einem Monat? In zwei Wochen?«
    »Morgen früh«, entgegnete Sato. »Sie sind Experte im Auslösen von Flashbackerinnerungen. Suchen Sie sich für heute Nachmittag
und Abend wesentliche Momente zum Nacherleben aus, schlafen Sie sich gründlich aus, und ich stoße am Morgen zu Ihnen, wenn Sie die Ermittlungen wiederaufnehmen.«
    Nick öffnete den Mund, um zu protestieren. Doch es spielte keine Rolle. Was zählte, war nur die Überweisung von Geld auf seine Karte.
    Mit einem Nicken forderte Sato ihn auf, ihm diese Karte zu geben. Er schob sie in den Diskey seines Telefons und reichte sie ihm zurück.
    »Die Spesen für den ersten Monat sind jetzt auf Ihrem Konto«, erklärte Sato. »Natürlich Geld für den Kauf von Flashback, aber auch für ein Transportmittel – Mr. Nakamura hat bereits darauf hingewiesen, dass Sie ein neues Auto brauchen – und für unvorhergesehene Dinge. Selbstverständlich werden alle Ausgaben von unserer Seite in Echtzeit überwacht.«
    Nick nickte nur. Erst als Sato zur Tür trat, fand er die Sprache wieder. »Übrigens sind drei von diesen achtzehn tot.«
    »Ja.«
    »Trotzdem soll ich Sie mir auf Flash noch mal vornehmen und sie für die Untersuchung im Blick behalten?«
    »Ja.«
    Erneut zuckte Nick die Schultern. »Ich begleite Sie hinaus.«
    Obwohl Nick nicht mehr der Jüngste war, klang die Phrase archaisch in seinen Ohren. Und es interessierte ihn nicht die Bohne, ob der Sicherheitschef problemlos aus dem Wohnkomplex fand. Ihm war nur wichtig, dass er wirklich verschwand.
    Erstaunlicherweise steuerte Sato nicht auf einen der Luftschleusenausgänge zu, sondern auf das nördliche Halbgeschoss und den Verwaltungskorridor im alten Ralph-Lauren-Laden. Dort wurde er von Gunny G. und dem schwarz gepanzerten Wachmann Marx in Empfang genommen. Zu viert stiegen sie ein Stockwerk hinauf – wegen des Stromausfalls funktionierten die Aufzüge nicht – und
hinaus aufs Dach. Für Nick war dieser Weg nichts Neues. Er kannte den Zugangscode auswendig und bewahrte im Wandschrank seiner Wabe dreißig Meter Perlon-3-Seil, Karabiner und einen Klettergurt auf, falls er das Gebäude in Eile über das Dach verlassen musste.
    Jetzt kniff er im dunstigen Licht die Augen zusammen. Weit hinten im Nordwesten stand noch immer der Rauch.
    Der Helikopter, der Sato abholte, war eines von diesen leisen Geräten, die mehr an

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