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Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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bis allmählich Unkraut, Gras, Bäume und wilde Tiere vordrangen. Aber so war es nicht. Die Sendung hatte gezeigt, dass Kanalisation, U-Bahnröhren und das gesamte unterirdische Betriebsnetz einer Großstadt wie New York ohne menschliches Eingreifen innerhalb eines Tages unter Wasser stehen würden. Was in der Folge zu Rohrbrüchen, überschwemmten Tiefgeschossen von Hochhäusern, Unterspülung von Fundamenten und insgesamt zu einem unglaublich schnellen Zusammenbruch der Energieversorgung führen musste.
    Die Menschen in den Vereinigten Staaten waren nicht verschwunden, aber die im ganzen Land herrschende Resignation, zusammen mit dem weit verbreiteten Konsum von Flashback, der dazu führte, dass nur noch wenige Leute regelmäßig ihre Arbeit verrichteten, hatte einen ganz ähnlichen Zerfall der Infrastruktur nach sich gezogen.
    Die Wohnwabe von Leonards Schwiegersohn lag in einem massiven, befestigen Betonklotz ohne Fenster. Wie ein blindes Fort Apache tief auf indianischem Gebiet ragte er auf der anderen Seite des Flusses auf. Leonard konnte erkennen, dass sich die Leute zwischen den zerstörten Blöcken des ehemaligen Einkaufszentrums bewegten und Gegenstände des täglichen Bedarfs einkauften. In
der Nacht musste die Gegend für unbewaffnete Zivilisten allerdings der reinste Alptraum sein.
    Auf der Flussseite des Gebäudes waren die Lücken der früher offenen Parkgarage mit elektrischem Zaun geschlossen worden. Die abgesperrten, schlammigen Flussufer wurden von der Wohnanlage aus mit Kameras überwacht. Die Privatauffahrt zum Parkhaus grenzte an die Westseite des Komplexes. Auf dem Weg zur Parkgarage musste jedes Auto einen automatischen Schlagbaum, einen Sprengkasten – einen Betonwürfel, in dem die Fahrzeuge durchleuchtet und Explosionen aufgefangen werden konnten, falls sie mit Bomben präpariert waren – und ein inneres Tor passieren, ehe es zur Garagenrampe gelangte.
    Die Haupttüren an der Nordfassade des Cherry-Creek-Komplexes waren aus fensterlosem Stahl. Über diesen undurchdringlichen Türen hingen kleine Überwachungskameras.
    Leonard und Val hatten die First Avenue überquert und liefen ratlos vor der massiven Anlage auf und ab.
    »Wenn wir bloß anrufen könnten.« Leonard musste sich dringend hinsetzen.
    »Sei still, Grandpa«, zischte Val. Sie hielten sich im Schatten, damit ihre Gesichter nicht von den Überwachungskameras erfasst wurden, die wie billiger Schmuck an der Außenmauer des ehemaligen Einkaufszentrums prangten. »Du musst reingehen und checken, ob der Alte da ist.«
    »Ich?« Leonard stockte. »Allein? Kommst du denn nicht mit?«
    »Die Bullen sind hinter mir her. Im Radio haben sie doch die Namen von allen Typen gebracht, mit denen ich rumgezogen bin. Also ist klar, dass nach mir gefahndet wird. Wahrscheinlich machen auch FBI und Heimatschutz Jagd auf mich. Natürlich gehen die davon aus, dass ich als Erstes hierherkomme …, und sie haben recht. Aber nach dir halten sie vielleicht nicht Ausschau, Leonard.«

    Er mochte es nicht, wenn ihn Val beim Vornamen nannte. »Und wenn doch?«
    Val zuckte die Achseln. »Trotzdem ist Nick Bottom unsere beste Chance. Er ist ein stinkender Flashsüchtiger, aber vielleicht hat er noch Kontakte zur Polizei von Denver. Oder weiß zumindest, wie wir aus der Stadt rauskommen. Die Wachleute lassen dich bestimmt nicht durch die Sicherheitsschleuse – oder was sie hier haben – , aber wenn sie dich nicht gleich festnehmen und die Cops holen, lassen sie dich wahrscheinlich bei dem Alten anrufen. Wenn sie dich festnageln, sagst du einfach, du bist aus L. A. abgehauen, hast mich aber nicht gesehen.«
    »Die würden mir nie glauben, dass ich Los Angeles ohne dich verlassen habe.«
    Wieder zuckte Val die Achseln. Das Schweigen zog sich in die Länge.
    »Meinst du denn, dein Vater wird mitten am Tag zu Hause sein?« Leonards Stimme zitterte leicht.
    »Der Alte ist ein Flashbackjunkie. Flasher sind fast immer zu Hause – außer sie hängen irgendwo in einer Flashhöhle rum.«
    »Falls er da ist und falls sie mich nicht festhalten und die Polizei rufen, was soll ich deinem Vater sagen?«
    »Dass ich hier bin und dass er rauskommen soll, weil ich mit ihm reden will. Er soll zweihundert Dollar in bar mitbringen – alte Dollar. Wenn er nicht so viel hat, können wir zusammen zu seinem Bankautomaten gehen. Zum Glück stehen ja noch ein paar von den Dingern rum.«
    Leonard wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. »Darum geht es dir also? Dass du Geld

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