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Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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wettergegerbten Haut eine Mondlandschaft winziger weißer Narben war. »Wann hat mein Schwiegersohn mit Ihnen über uns gesprochen?«
    »Heute Morgen, Sir. Bevor er weggefahren ist.«
    »Dann ist er also nicht da?« Leonard war sich der Dummheit seiner Frage bewusst. Wenn einer seiner Studenten so etwas von sich gegeben hatte, malte er neben den Namen des Betreffenden im Anwesenheitsbuch ein H für Hohlkopf, um sich für die spätere Benotung Arbeit zu ersparen.
    Gunny G. nickte. »Aber Mr. Bottom hat gesagt, dass er am Nachmittag oder frühen Abend zurückkommt, und hat mich persönlich gebeten, dass ich mich um Sie und Ihren Enkel kümmere.«
    »Wie haben Sie mich überhaupt erkannt?« Leonards Stimme klang nicht unbedingt kraftlos, aber leicht verwirrt.
    »Mr. Bottom hat mir Fotos gezeigt, Sir.« Der Wachmann lächelte. »Haben Sie Gepäck? Ich trage es Ihnen gern nach oben.«
    Nach oben in die Zelle. Leonard war so verängstigt, dass er schon fast selbst über sich lachen musste. »Mein Enkel hat unser Gepäck. Wir schauen vielleicht später noch mal vorbei.«

    Konnten sie vor der Polizei davonlaufen? Leonard war klar, dass er es nicht konnte. Nicht einmal davonhumpeln konnte er mehr.
    Gunny G. – was war das überhaupt für ein Name? – griff in seine Hemdtasche und holte einen Zettel heraus. »Das hätte ich fast vergessen, Dr. Fox. Mr. Bottom hat mich gebeten, Ihnen das zu geben. «
    Leonard las: Leonard und Val, freut mich, dass ihr wohlauf seid. Bitte vertraut diesem Mann. Er bringt euch in meine Wabe. Ich komme später heim – heute ist Samstag. Wir müssen uns unbedingt sehen. Hab euch was zum Knabbern und Trinken auf den Tisch gestellt, falls ihr Hunger und Durst habt. Bis gleich – Nick.
    Dann folgte eine hastig hingekritzelte Nachschrift. Gunny G. ruft mich an, sobald ihr angekommen seid.
    Leonard hatte keine Ahnung, ob das die Handschrift seines Schwiegersohns war, weil er diese nie gesehen hatte. »Ich hole meinen Enkel und das Gepäck.« Seine Stimme hallte durch den bombensicheren, gruftartigen Sprengkasten.
    »Gut, Dr. Fox«, antwortete der Sicherheitschef mit dem kantigen Gesicht. »Ich warte hier auf Sie.«
    Val war nicht auf der anderen Straßenseite, wo er ihn zurückgelassen hatte, sondern am westlichen Ende des Gebäudes. Leonard erklärte ihm die Lage.
    Mit finsterer Miene starrte der Junge den Wohnkomplex an. »Klingt verdächtig, Grandpa.«
    »Ja. Aber sie haben mich rausgehen lassen, um dich zu holen.«
    »Sie suchen mich , Grandpa. Vielleicht ist eine Belohnung auf mich ausgesetzt. Bei Omura ist das nicht so unwahrscheinlich.«
    »Ja, aber … « Leonard zeigte ihm den Zettel. »Ist das die Handschrift deines Vater, Val?«
    Der Junge runzelte die Stirn. »Glaub schon. Bin mir nicht sicher. Ist schon so lang her … « Mit zusammengekniffenen Augen blinzelte er hinauf zur Nachmittagssonne. Dann zerknüllte er
den Zettel und warf ihn weg. »Die werden mir die Waffe abnehmen. «
    »Ja, das entspricht bestimmt den Sicherheitsvorschriften. Neben dem Fernsehmonitor ist ein Schild, auf dem … «
    »Die Pistole geb ich nicht her«, zischte Val.
    »Du kriegst sie doch wieder, wenn wir gehen.«
    Val lächelte. »Komm mit, Grandpa.«
    Hinter der Privatauffahrt zur Parkgarage lief ein alter Asphaltweg hinunter zum Fluss, wo früher eine kleine Brücke über den Cherry Creek geführt hatte. Der Fahrrad- und Fußgängerweg ging auf der Südseite des Flusses weiter, aber der schmale Steg war weggesprengt worden. Val führte seinen Großvater zur Westseite der zerstörten Brücke, wo sie für die vielen Kameras der Wohnanlage nicht sichtbar waren.
    Leonard sah, wie Val zwei Steine aufhob. Er benutzte sie als eine Art Hammer und Meißel, um den Deckel eines alten Rohrs zu bearbeiten, das aus dem Ufer ragte. Kreischend löste sich der verrostete Metallverschluss. Durch das schmale Rohr floss nichts mehr. Innen waren nur Dreck und Spinnweben. Val zog ein T-Shirt aus der Sporttasche und wickelte die Beretta und mehrere Munitionsmagazine darin ein. Nachdem er das Bündel so weit in das Rohr gestopft hatte, dass sein Handgelenk darin verschwand, klopfte er den Deckel mit den Steinen wieder fest.
    »Gehen wir«, sagte er.
     
    Überrascht stellte Leonard fest, wie klein Nick Bottoms Wabe und wie laut die Nachbarn waren. Der Platz reichte nur für das Bett, einen mickrigen Schreibtisch mit billigem Stuhl, ein kleines Bad mit Toilette und Dusche und einen winzigen Kleiderschrank.
    Leonard legte sich flach

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