Flashback
von deinem Vater bekommst? Damit du dir deine gefälschte NICC beschaffen und Trucker werden kannst?«
»Ja.«
»Und was ist mit deiner Wut auf ihn, Val?«
»Scheiß drauf. Kratzt mich nicht mehr. Keine Ahnung, was zwischen ihm und Mom gelaufen ist, aber inzwischen ist mir das auch völlig egal. Wenn er da ist und wenn er nicht seinen letzten Cent für Flashback rausgeschmissen hat, soll er hier antanzen und die zweihundert alten Dollar mitbringen. Sag ihm, dass ich ihn nie wieder belästige, sobald ich das Geld habe. Das ist wohl das Mindeste, was er für mich machen kann, nachdem er mich fünf Jahre lang ins Exil geschickt hat.«
Leonard schüttelte den Kopf. Nach kurzem Schweigen sagte er: »Vielleicht habe ich das Passwort zu der verschlüsselten Datei auf dem Telefon deiner Mutter gefunden, Val. Mir sind mehrere Möglichkeiten eingefallen.«
Der Junge riss den Kopf nach oben. »Spielt das noch eine Rolle? «
»Vielleicht.« Leonard wusste es nicht. Obwohl er seine Tochter gut gekannt hatte, als sie noch zusammenlebten, sprach nicht viel dafür, dass er ihr Passwort erraten konnte. Bei ihrer großen Intelligenz musste ihr natürlich klar gewesen sein, dass kein Passwort so sicher war wie eine wahllose Zusammenstellung von Buchstaben und Zahlen. Bestimmt war es sentimental und albern von Leonard zu hoffen, das richtige Wort gefunden zu haben.
Val atmete tief durch. »Ich glaube nicht mehr, dass der Alte sie hat umbringen lassen. Es war einfach so furchtbar für mich, dass er nach ihrem Tod überhaupt nicht geweint hat. Bei der Beerdigung nicht und auch später nicht, als wir ihre Sachen rausgeräumt haben. Der Arsch hat keine Regung gezeigt. Dann hat er mich abgeschoben und … na ja, ich war einfach stinksauer auf ihn. Aberjetzt will ich nur noch das Geld, und dann hau ich ab, damit ich ihn in meinem ganzen Leben nicht mehr sehe.«
Leonard biss sich auf die Lippe. »Dann kannst du mir das Telefon meiner Tochter geben. Ich würde gern ihr Tagebuch lesen.«
»Wenn du den Alten rausbringst und er mir das Geld für den
Kartenfälscher gibt, dann kannst du das verdammte Telefon haben, Grandpa. Und jetzt los.«
Die Eingangshalle der Wohnanlage war ein kugel- und bombensicheres Gewölbe mit zahlreichen Überwachungskameras. Die inneren Türen bestanden aus mehreren Metallschichten. Besucher mussten in ein Mikrofon und eine Kamera neben einem Monitor sprechen, auf dem eine 3-DHD-Filmsequenz mit Blumenwiesen, grasenden Rehen und Adlern am blauen Himmel lief, untermalt mit kolikfördernder Meditationsmusik.
Durch das Schaltergitter drang eine Männerstimme. »Willkommen im Cherry-Creek-Komplex. Was können wir für Sie tun?«
Leonard erklärte, dass er Mr. Nick Bottom sprechen wollte.
Nach kurzem Zögern sagte die Stimme: »Bitte bleiben Sie, wo Sie sind. Es kommt gleich jemand zu Ihnen.«
Leonard geriet in Panik. Die holten bestimmt die Polizei. Sie hatten die Wachleute alarmiert, um ihn bis zum Eintreffen der Beamten festzuhalten.
Hektisch steuerte Leonard auf die schweren Außentüren zu und probierte eine. Sie öffnete sich. Er wusste, dass die Leute im Kontrollzentrum alles verfolgten und die Tür jederzeit absperren konnten. Wenn sie es nicht getan hatten, hieß das, dass sie ihn nicht festnehmen wollten. Als er hinausspähte, war Val nicht zu sehen.
Leonard zog die Tür wieder zu und wartete. Sein altes Herz pochte, und das ständig lauernde Ziehen in seiner Brust ballte sich zu einer harten Faust. Es war nicht sein Herz, das wusste er. Es war etwas Wachsendes, zunehmend Schmerzendes im linken Lungenflügel. George Leonard Fox spürte seine Sterblichkeit, die auf ihm lastete wie ein Joch aus Blei.
Die innere Tür öffnete sich, und ein teilnahmslos wirkender, muskulöser älterer Mann in schlichter schwarzer Uniform trat ein.
Er hatte ein Funkgerät und weitere Ausrüstung am Gürtel, aber keine Pistole.
»Sind Sie Dr. Fox?« Der Wachmann reichte ihm die Hand. »Ich bin Gunny G., der Sicherheitschef des Cherry-Creek-Wohnkomplexes. «
Leonard schüttelte ihm die Hand. Die Finger des Mannes waren kurz und breit, und die Berührung mit seiner schwieligen Haut war, als würde man über eine Baumrinde scheuern.
»Mr. Bottom hat mich gebeten, nach Ihnen und Ihrem Enkel Ausschau zu halten.«
Wir sind verhaftet!
»Ich soll Sie beide in seine Wohnung begleiten und dafür sorgen, dass Sie alles Nötige haben«, schloss der Wachmann.
Leonard fiel auf, dass das Gesicht von Gunny G. unter der
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