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Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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atmend aufs Bett, während Val auf und ab lief wie ein Raubtier in einem Käfig.
    »Da sind Chips«, bemerkte Leonard. »Wir könnten zum Mittagessen
in die Cafeteria gehen, die uns dieser Gunny gezeigt hat. Das Frühstück mit dem Konvoi ist schon lange her.«
    Wortlos durchsuchte Val den kleinen Schreibtisch seines Vaters. Die einzige Schublade war leer bis auf eine flexible Fernbedienung für das Fernsehen. Soviel Leonard wusste, wurden Fernsehen und Computer normalerweise über das Telefon eines Bewohners angesteuert.
    Danach nahm sich Val den Kleiderschrank mit den hängenden Hemden, Hosen und Jacken seines Vaters vor. Aus einer Ecke förderte er ein Knäuel Seile und Gurte zutage. »Was ist das für Zeug?«
    »Vielleicht betreibt dein Vater Bergsteigen als Sport.« Leonard bemerkte die Metallkarabiner und die Steigklemmen.
    »Von wegen«, antwortete Val. »Ich wette, dass der Alte damit übers Dach die Fliege macht, wenn hier drinnen irgendwas schiefläuft. Siehst du das?« Er hielt ein kleines, rechteckiges Bündel aus orangefarbenem und schwarzem Nylon hoch.
    »Was ist das, Val?«
    »Irgendwas Schlauchbootartiges. So ein Ding, wie es Fischer haben. Der Alte seilt sich vom Dach bis zu der Grünfläche ab, bläst das Ding auf und paddelt seinen Arsch über den Fluss.«
    »Es ist doch klug, Sicherheitsvorkehrungen gegen ein Feuer zu … «
    Val lachte bellend und zog die Wandschubladen heraus.
    »Dein Vater mag es bestimmt nicht, dass du seine Privatsphäre verletzt.«
    »Mein Vater kann mich mal, und zwar kreuzweise«, knurrte der Junge. »Wenn ich das Geld finde, hau ich ab.« Er warf mehrere Flashbackampullen aufs Bett, die unter sauberer Unterwäsche gelegen hatten.
    »Du würdest nicht mal warten, um deinen Vater zu begrüßen?«
    »Nein.«
    Val spähte unters Bett, hinter den Flachbildmonitor, in den Spülkasten
und in die Dusche. Wieder im Zimmer, richtete er den Blick auf die durchwühlten Schubladen. »Moment. Ich weiß noch, wo sie früher im Haus immer Sachen vor mir versteckt haben … «
    Val zerrte die Schubladen heraus und kippte den Inhalt auf den Boden. Dann scheuchte er Leonard zur Seite und legte sie umgedreht aufs Bett. An den Unterseiten aller Schubladen waren mit Klebeband farbige Mappen befestigt.
    »Hey«, entfuhr es dem Jungen.
    »Sieht nicht wie Geld aus«, meinte Leonard. »Dein Vater wird wütend sein, wenn er heimkommt und sieht … «
    Val riss das Klebeband weg und stapelte die zahlreichen Mappen auf dem Schreibtisch. Erst blätterte er nur planlos durch die Seiten – offenbar auf der Suche nach Geldscheinen –, doch dann sortierte er die Unterlagen und begann zu lesen.
    »Gottverdammte Scheiße«, ächzte der Junge.
    »Was ist?«
    Ohne ein Wort warf Val die gerade durchgelesene Mappe seinem Großvater hin und vertiefte sich sofort in die zweite. »Gottverdammte Scheiße.«
    Mit einem beklemmenden Gefühl, wie er es nicht mehr erlebt hatte, seit ihm seine Frau Carol eröffnet hatte, dass sie Eierstockkrebs hatte, machte sich Leoanard an die Lektüre.
    Es waren Fotokopien von einem Geschworenenbericht. Alle Beweise, Telefonaufzeichnungen und anderen Dokumente ließen nur eine Schlussfolgerung zu: Vor fünfeinhalb Jahren hatte Detective Nick Bottom von der Affäre seiner Frau mit dem stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt Harvey Cohen aus Denver erfahren und daraufhin einen Autobahnunfall inszeniert, um sie beide zu töten.
    »Herr im Himmel«, flüsterte Professor George Leonard Fox.
    Val beendete seinen Schnelldurchgang des letzten Konvoluts und sprang auf. Er zerrte das zusammengerollte Kletterseil aus dem Kleiderschrank und ließ es auf den Boden fallen. Dann riss er seine
Sporttasche auf und zog Sachen heraus, während er gleichzeitig seine Jacke ausleerte.
    Leonard merkte, dass sich der Junge die Taschen mit Magazinen und Munition für die Pistole vollstopfte.
    Dann warf sich Val die Seilrolle mit Karabinern über die Schulter und stürmte durch die Tür hinaus in das Gewirr von Waben in dem ehemaligen Baby Gap.
    »Val!« Leonard lief zur äußeren Tür des Ladens, um dem Jungen nachzurufen, aber sein Enkel war verschwunden. Wahrscheinlich über die erstarrte Rolltreppe oder um die Ecke im Halbgeschoss.
    Leonard drehte sich in hilflosen Kreisen. Was sollte er tun? Er konnte diesen Wachmann Gunny G. rufen und ihn auffordern, Val aufzuhalten, aber natürlich gab es in dem wüsten Durcheinander von Nick Bottoms Wabe kein Telefon. Schon nach den wenigen Metern Laufen tat Leonard

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