Flashback
war Nick in die luxuriös eingerichtete Kabine gleich hinter dem Cockpit getreten, verschloss ein Crewmitglied die Luke hinter ihm. Die Drehsessel aus Leder an den Fenstern, die Polstersofas und die 3-DHD-Flachbildfernseher an den Wänden hätten gut in den Privatjet eines Milliardärs gepasst, aber der Raum war sogar noch größer.
Auf der rechten Seite war Sato an einen Sitz gegurtet, vor dem ein niedriges Tischchen stand. Bei Nicks Ankunft erhob er sich nicht, sondern deutete lediglich auf den Platz gegenüber.
Vorsichtig ließ sich Nick auf den Narbenledersessel gleiten und schnallte sich an. Die Kabinenlichter verdunkelten sich, als der A310/360 wieder auf die Startbahn rollte und die Triebwerke hochfuhr. Der Pilot sagte etwas auf Japanisch über die Sprechanlage, dann beschleunigte die riesige Maschine und erhob sich in die Nacht. Nach einer steilen Linkskurve schlug sie einen Westnordwestkurs über den Ozean ein.
Nick schaute auf die Uhr. Es war acht Uhr vierzehn.
Die ersten vierundzwanzig Stunden, in denen er sich von dem kleinen Landeplatz ohne Flugüberwachung bei der Interstate 25 bis in die Stadt hatte durchkämpfen müssen, waren die gefährlichsten gewesen. Erst nachdem er die Slums und die Flucht von einer Million panischen Latinos und Gangmitgliedern überlebt hatte, wurde Nick auf einer ruhigen Seitenstraße in San Marino angeschossen, einem der gehobensten Vororte von Los Angeles.
Von dem hinterwäldlerischen Flughafen Flabob waren es über achtzig Kilometer bis zum Viertel seines Schwiegervaters beim Echo Park, ein Stück nordwestlich von dem riesigen Heimatschutzstraflager
im Dodger Stadium. Mit der GPS-Funktion seines Telefons stellte Nick fest, dass die Strecke sogar fast hundert Kilometer lang war, wenn er den Weg auf kleinen Nebenstraßen durch Ontario über Pasadena einschlug, um den Kämpfen und der Flüchtlingswelle zu entgehen. Wenn er das zu Fuß bewältigen musste, hätte er gleich von Las Vegas losmarschieren können. Daher stahl er zuerst ein elektrisches Moped von einem Latinojungen, der gerade seinen Verwandten in einem vollgepackten Geländewagen nachfahren wollte. Nick hätte lieber den Geländewagen gestohlen, aber der Vater des Jungen bemerkte den Mann mit der Waffe, der aus dem Dunkel trat. Er stieg voll aufs Gas, um alles aus der alten Klapperkiste herauszuholen, und überließ den eigenen Sohn seinem Schicksal.
Mit einem Wink der Glock scheuchte Nick den Weinenden vom Moped, schnallte das Gepäck ab und warf es ihm hin, ehe er ohne die geringsten Gewissensbisse davonbrauste. Der Vater und die anderen Verwandten würden umkehren und den Teenager abholen, selbst wenn sie ihn mit dem Rest ihrer Habseligkeiten aufs Dach binden mussten.
Wahrscheinlich zumindest.
Die primitive Anzeige verriet, dass das Moped erst kürzlich aufgeladen worden war und eine Reichweite von dreihundert Kilometern hatte. Nick wies das Telefon an, eine fahrradtaugliche Route zum Echo Park zu berechnen, und erfuhr, dass die Fahrt fünfeinhalb Stunden dauern würde. Nick war klar, dass er mindestens doppelt so lang brauchen würde, wenn er Kämpfern und Fliehenden auswich.
So viel Zeit hatte Nick nicht. Allmählich dämmerte ihm, dass er den Piloten mit der Waffe hätte bedrohen und ihn zwingen müssen, auf einem zivilen Flugplatz in der Nähe von Los Angeles zu landen – oder auf einem Golfplatz wie dem in Pasadena.
Fluchend hockte Nick auf dem viel zu kleinen Moped und jagte
den Motor auf seine Höchstgeschwindigkeit von fünfzig Stundenkilometern hoch. Das leise elektrische Summen verstärkte noch den Eindruck, dass er sich im Schneckentempo bewegte.
Als Nick das leere, dunkle Flugplatzgelände hinter sich ließ, sah es im Westen, Nordwesten und Südwesten aus, als stünde ganz Los Angeles in Flammen. Wie Federmäuse, die aus einem brennenden Glockenturm fliehen, schwirrten vor dem orangefarbenen Schimmer Dutzende von Kampfhelikoptern und Fernsehhubschraubern. Alte A-10-Bomber der kalifornischen Nationalgarde flogen Angriffe gegen Ziele irgendwo in Chino Hills.
In den ersten drei Stunden seiner umständlichen Fahrt nach Westen wurde nicht auf ihn geschossen. Er hatte eine Baseballmütze dabei, die er sich so tief ins Gesicht zog, dass seine Hautfarbe in der Dunkelheit nicht erkennbar war. Außerdem strahlte der Anblick eines Erwachsenen auf einem batteriebetriebenen Kindermoped – die Knie höher als der Lenker – wohl etwas ausgesprochen Harmloses und Unbedrohliches aus.
Obwohl es
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