Flashback
Berater Nakamura also töten lassen.«
»Ja.« Gepresst kam die Silbe aus Omuras Mund.
»Und wenn ich bis morgen Abend die endgültigen Beweise für die Identität des Mörders finde, wird Nakamura trotzdem den Befehl geben, mich umzubringen.«
»Ja.«
»Warum? Warum will er mich töten, obwohl ich seinen Auftrag ausgeführt habe? Warum zahlt er mir nicht einfach mein Honorar? Oder auch nicht. Die Honorarsache hab ich ja wohl vermasselt mit dem kleinen Vorschuss, den ich mir stattdessen habe geben lassen, damit ich hierher nach L. A. fliegen kann. Aber wieso lässt er mich nicht einfach weitermachen mit meinem flashbackumnebelten Leben? «
Schweigend musterte ihn Omura. »Ich glaube, die Antwort darauf kennen Sie bereits, Nick.«
So war es, und Nick spürte die Übelkeit, die in ihm hochkroch. »Ich weiß zu viel. Ich bin eine Gefahr für Nakamura und seine Pläne, Shōgun zu werden.«
» Hai «, stimmte der Alte zu.
»Was soll ich denn tun?« Nick verachtete sich für den verzweifelten Unterton in seiner Stimme. Täter, Zeugen oder auch Opfer, die so jammerten, hatte er immer gehasst. Das Quieken einer Ratte in der Falle.
»Sie können in Los Angeles bleiben.« Noch immer ruhte Omuras Blick auf ihm. »Unter meinem Schutz.«
»Nakamura würde Mörder wie Sato schicken, bis ich endlich tot bin.«
»Ja«, bestätigte Omura. »Sie könnten auch fliehen. Nach Nuevo Mexico oder in das alte Mexiko. Nach Südamerika. Kanada.«
»Jemand wie Sato würde mich in wenigen Monaten aufspüren. In wenigen Wochen sogar.«
»Ja.«
»Außerdem kann ich Val und seinen Großvater nicht einfach ihrem Schicksal überlassen … oder der Gnade von …«
»Aber Sie wissen doch nicht einmal mit Bestimmtheit, ob Ihr Sohn und Ihr Schwiegervater noch leben, Nick.«
»Nein. Trotzdem …« Nick merkte, wie kläglich seine Worte klangen.
Beide hatten ihr Glas geleert. Berater Omura bot nicht an, ihm nachzuschenken. Hinter der überwältigenden Fensterwand bewegte sich die Sonne auf den Pazifik und ihren frühherbstlichen Untergang zu.
Nick hatte es nicht eilig aufzubrechen; Dale Ambrose hatte ihm zugesichert, ihn rechtzeitig zum John Wayne Airport zu bringen. Den gestohlenen Nissan hatte Nick mit dem Schlüssel im Zündschloss irgendwo im südlichen Zentrum von L. A. abgestellt. Ein rassistisches Manöver, aber in seiner Situation das Beste. Das Gespräch mit dem Berater für Kalifornien, Oregon und Washington war wohl vorbei, aber der Scotch und seine Erschöpfung – sicher auch der gemütliche Raum mit der herrlichen Aussicht – bewegten Nick zu dem Entschluss, sich erst dann zu erheben, wenn ihn Omura dazu aufforderte.
Nach langem Schweigen meldete sich Omura wieder zu Wort. »Wussten Sie eigentlich, dass Hideki Sato jahrelang eine in Amerika geborene Geliebte hatte? Nein, Geliebte ist nicht das richtige Wort. Konkubine kommt unserem Begriff Sobame näher.«
»Ach?« Nick verstand nicht, warum ihm der Alte das erzählte.
»Dem Vernehmen nach hat er sie sehr geliebt. Seine Frau, mit der er schon seit vielen Jahren verheiratet ist, trifft Sato nur zweimal pro Jahr bei offiziellen Familienanlässen.«
»Aha.«
Omura sagte nichts mehr.
Nick kam sich vor wie an der Highschool, wenn ihm bei einem
Gespräch mit einem hübschen Mädchen einfach nichts mehr einfallen wollte. »Sie sagen, Sato hatte eine Konkubine …, hatte viele Jahre lang eine Beziehung zu ihr, Omura-sama. Hatte , Vergangenheit. Ist es denn vorbei?« Nick versuchte sich vorzustellen, dass Sato Liebe zu einem Menschen oder einer Sache empfand. Es gelang ihm nicht.
» Hai. « Wie ein Peitschenhieb drang die Silbe aus Omuras Mund. »Sie ist vor einigen Jahren gestorben.«
»War es ein gewalttätiges Ende?« Nick bemühte sich krampfhaft, den Überblick zu behalten.
»O nein. Leukämie. Es heißt, Sato-san war am Boden zerstört. Seine zwei Söhne von seiner Frau haben beide im letzten Jahrzehnt als Militärberater im chinesischen Bürgerkrieg ihr Leben verloren. Sato hat um seine Söhne getrauert, aber die Trauer um seine … Konkubine … war tiefer und dunkler. Sie hält noch heute an.«
»Wie hieß sie, Omura-sama?«
Der Berater schaute ihm in die Augen. »Ich habe ihren Namen vergessen, Nick.« Der Ausdruck und der Ton des Alten ließen kaum einen Zweifel daran, dass er log. Aber warum?
»Sie hatten ein gemeinsames Kind«, fuhr Omura fort. »Eine Tochter. Allem Anschein nach war sie sehr schön. Eine fast vollkommen westliche Erscheinung mit einem kaum
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