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Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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heimgezahlt hatte.
    Doch im tiefsten Inneren hatte Val nie an diese schwarze Fantasie geglaubt. Der dunkle Traum, dass sein Vater nicht nur ihm, sondern auch Vals Mutter wehgetan hatte, war nur ein Kristallisationspunkt für die Wut darüber gewesen, dass ihn sein Vater einfach weggeschickt hatte – obwohl Val ihn gerade in dieser Zeit dringend gebraucht hätte, eine Rache dafür, dass sein Vater nicht geweint hatte, während es dem zehnjährigen Val schier das Herz zerriss.
    Doch jetzt gab es auf einmal diese absolut erdrückenden Beweise.
    Val hängte sich mit dem Rücken über die Brüstung der zerstörten Brücke und brüllte seine Wut in den blauen Himmel von Colorado.

    Also was jetzt?
    Den Alten umlegen und aus Colorado verschwinden.
    Nein, Moment, das war die falsche Reihenfolge.
    Erst musste er sich von seinem Vater zweihundert alte Dollar geben lassen, damit er sich bei dem Typen hier in Denver die neue NICC mit Holo von der Fernfahrergewerkschaft beschaffen konnte.
    Vergiss es.
    Seinen Vater kaltblütig umlegen – einen Excop, aber trotzdem ein Mitglied von diesem Scheißverein, der es überhaupt nicht lustig fand, wenn einer aus seinen Reihen getötet wurde – und dann zwei Wochen in Denver rumhängen, bis der falsche Ausweis fertig war? Die Rechnung geht nicht ganz auf, Valerino.
    Er kramte in seinen Taschen herum, bis er den Zettel mit dem Namen des Fälschers gefunden hatte. Außerdem stand noch der Name von diesem Typen in Austin drauf, der die beste Arbeit ablieferte, die Begay je gesehen hatte …
    Aber nach Texas zu kommen war noch schwerer, als einen Mord zu begehen und danach zwei Wochen unentdeckt in Denver zu bleiben.
    Alle Pläne führten ins Nichts.
    Inzwischen hatte Val mehrere Autos beobachtet, die von der Straße abbogen und auf dem Weg hinauf zur Parkgarage in die Sprengkästen fuhren. Alle Wagen hatten getönte Scheiben. Von seinem Platz aus hätte Val die Gesichter nicht einmal mit einem Fernglas sehen können. Natürlich konnte er sich direkt neben die Zufahrt stellen in der Hoffnung, seinen Alten zu erkennen, aber das war wohl die sicherste Methode, um die Cops anzulocken.
    Die waren wahrscheinlich sowieso schon unterwegs. Nach dieser Nummer mit dem Kletterseil und dem zerbrochenen Dachfenster war zwar niemand aufgetaucht – Typen, die sich den ganzen Tag in in ihren Wohnwaben verkrochen, kamen bestimmt nicht
beim erstbesten unheimlichen Geräusch herausgeschossen, vor allem da die meisten sowieso auf Flash waren und nichts mitkriegten – , aber trotzdem war sich Val sicher, dass dieser Gunny G. und seine Kumpel bald reagieren würden. Wahrscheinlich hatte Gunny nur deshalb nicht Alarm geschlagen, weil er mit dem Alten unter einer Decke steckte. Vielleicht wollte er erst ihn anrufen, bevor er Val die Cops auf den Hals hetzte.
    Dann weiß der Alte gleich, dass ich irgendwo hier draußen auf ihn warte.
    Höchste Zeit, sich zu verpissen.
    Erst nach fünf Humpelschritten auf dem alten Flussweg wurde Val klar, dass er kaum gehen konnte. Die Schnittverletzung am rechten Fußgelenk war schlimmer, als er vermutet hatte. An der Brücke, wo er gestanden hatte, war eine Blutlache, und auch beim Gehen zog er rote Flecken hinter sich her.
    Scheiße.
    Er setzte sich hin und rollte das zerrissene Hosenbein hoch. Ein ziemlich tiefer Schlitz. Das musste eigentlich genäht werden. Wegen so was musste man eigentlich in die Notaufnahme.
    Scheiße! Scheiße! Scheiße! Scheiße!
    Val zog Jacke und Flanellhemd aus und zerrte sich das T-Shirt über den Kopf, um es zu zerreißen. Den saubersten Streifen band er sich so fest wie möglich um die Wunde, dann schlüpfte er wieder in seine Sachen.
    Er war dreckig, das rechte Hosenbein war zerfetzt und vom Saum bis auf halbe Wadenhöhe blutig, und seine Stiefel waren so durchweicht, dass er beim Gehen Matschgeräusche produzierte.
    Darum kümmere ich mich später.
    Schmerz und Übelkeit unterdrückend humpelte er bei der Ampel so schnell wie möglich nach links auf den South University Boulevard, weil er nicht wie auf dem Herweg mit Leonard am Country Club vorbeiwollte. Nach sechs oder acht schmerzvollen
Blocks wandte er sich nach rechts auf die East Exposition Avenue. Ein Stück weiter vorn bemerkte er einen Park. Das war gut. Wo ein Park war, waren Obdachlose. Und bei den Obdachlosen konnte er stehlen, was er für sein Vorhaben brauchte.

1.16
DENVER
    SAMSTAG, 25. SEPTEMBER
     
     
    K. T. hat sich selbst übertroffen.
    Mit Val auf dem Beifahrersitz und

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