Flashback
gefunden?«
»Bin mir nicht sicher.« Nick war sich bewusst, wie absurd das klang. Egal, es war die Wahrheit. »Ich hatte gerade Zeit und wollte sie fragen, Mr. Oz …«
»Danny.«
»Ich wollte Sie fragen, Danny, wie Sie Keigos Auftreten während des Interviews beschreiben würden.«
Oz schwieg eine volle Minute.
Nick glaubte schon, dass er die Frage nicht verstanden hatte, und überlegte zweifelnd, wie er sie anders formulieren sollte, weil er selbst nicht so recht wusste, worauf er eigentlich hinauswollte.
Doch der Israeli kam ihm zuvor. »Das ist interessant, Mr. Bottom. Mir ist nämlich wirklich etwas aufgefallen an Mr. Nakamuras Verhalten und Stimmung an diesem Tag.«
»Wie war er drauf? Deprimiert? Besorgt? Ängstlich?«
»Triumphierend«, erwiderte Oz.
Nick senkte den Bleistift, den er zum Notieren bereitgehalten hatte. »Triumphierend?«
Stirnrunzelnd nippte Danny Oz von seinem Kaffee. »Das ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort, Mr. Bottom. Ich denke an das hebräische menatzeiach , das sich am ehesten mit ›siegesgewiss‹ übersetzen lässt. Als Dichter, der seit Jahren Menschen beobachtet, hatte ich den deutlichen Eindruck, dass Keigo Nakamura glaubte, kurz vor einem Triumph zu stehen …, vor einem Sieg. Vor einem Sieg von epischen …, man könnte fast sagen biblischen Ausmaßen.«
»Er war gerade dabei, seinen Dokumentarfilm über den Flashbackkonsum von Amerikanern abzuschließen«, warf Nick ein. »Könnte es diese Genugtuung gewesen sein, die Sie bei ihm gespürt haben?«
»Vielleicht.« Wieder schwieg der Israeli. »Aber irgendwie hatte ich eher das Gefühl, als hätte er in einem großen Kampf gesiegt.«
»Was für ein Kampf? Etwas Persönliches? Oder was Größeres? Etwas in den Dimensionen der Erfolge und Misserfolge seines Vaters?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung.« Oz zuckte die Schultern. »Immerhin reden wir hier von völlig subjektiven Eindrücken, Mr. Bottom. Aber wenn ich spekulieren soll, würde ich sagen, dass sich das Triumphgefühl des jungen Mannes auf eine Schlacht bezog, die persönliche Bedeutung für ihn hatte und zugleich weit darüber hinausging. Etwas Wirtschaftliches oder Politisches vielleicht. Auf jeden Fall etwas, das größer war als er selbst.«
Nick seufzte. »Na schön. Und weil wir gerade bei völlig subjektiven Eindrücken sind: Ich würde Ihnen gern zwei Fragen stellen, die überhaupt nichts mit dem Fall zu tun haben.«
»Über Ihre Frau?« Oz rieb sich den Hals, als würde er dort Nicks Arm spüren. An der Schläfe, wo sich die Mündung von Nicks Glock in seine Haut gebohrt hatte, war immer noch ein roter Fleck.
»Nein, nicht über Dara.« Nick öffnete den Mund, um sich für sein Verhalten vor knapp zwei Wochen zu entschuldigen, doch er
brachte kein Wort hervor. »Nur eine Frage. Wenn Sie bloß einen einzigen Menschen hätten töten müssen, um Israel zu retten, hätten Sie es getan?«
Danny Oz blinzelte hektisch. Sein gequälter Ausdruck zeigte, dass die Frage nicht nur unfair war, sondern unbeantwortbar.
Trotzdem versuchte er es. »Mr. Bottom, es ist lange her, dass ich den Talmud studiert habe, aber ich werde versuchen, eine bestimmte Stelle zumindest halbwegs treffend zu zitieren: ›Wer ein Leben zerstört, wird angesehen, als hätte er die ganze Welt zerstört. Ebenso wird, wer ein Leben rettet, angesehen, als hätte er die ganze Welt gerettet. Wer auch nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt.‹«
»Sie hätten also niemanden getötet, um Israel zu retten?«
Danny Oz schaute Nick tief in die Augen, und der abwesende Blick von neulich war wie weggeblasen. »Ich weiß es nicht, Mr. Bottom. Gott möge mir verzeihen, aber ich weiß es wirklich nicht.«
»Noch eine letzte Frage. Wenn Sie die Chance hätten, nach Israel zurückzukehren, würden Sie es tun?«
Oz schnaubte verächtlich. Er trank den letzten Schluck von seinem kalten Kaffee und zündete sich eine neue Zigarette an. »Es gibt kein Israel mehr, Mr. Bottom. Nur eine von Arabern bewohnte radioaktive Wüste.«
»Nicht das ganze Gebiet ist verstrahlt. Und was wäre, wenn jemand die neuen arabischen Siedler wegbringen würde, die nach dem Bombardement hingezogen sind?«
Erneut lachte Oz. Es klang hohl und traurig. »Wegbringen? Sicher. Und wer soll das machen, Mr. Bottom? Die Vereinten Nationen vielleicht?«
Die UN, die sich bereits zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts immer als verlässlicher Verbündeter des arabischen Blocks und der Palästinenser
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