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Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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bewegen, dass er sich persönlich für die Ermittlung engagierte. Um ihm eine Falle zu stellen?
    »Lassen Sie es wieder vorwärtslaufen …, bitte.«
    Die Stirn tanzte nach unten und verschwand. Befand sich dort ein zweiter Mensch im Schatten neben Dara, oder waren es nur
eilig fliehende Partygäste? Die dunklen Gestalten entfernten sich in östlicher Richtung. Nick konnte nicht einmal mit Sicherheit eine Frau erkennen. Sein Kopfschmerz war zurückgekehrt und verband sich jetzt mit dem von der Brille verursachten Schwindelgefühl zu einer nagenden Übelkeit. Konnte er dieses erste erstarrte Bild aufbereiten? Möglich, aber Nick hatte den Eindruck, dass der Pixelbereich bei dieser Entfernung und den schlechten Lichtverhältnissen schon ausgereizt war. Trotzdem, er konnte es damit versuchen, die Brille und sein Telefon an den hochauflösenden 3-D-Bildschirm zu Hause anzuschließen.
    Er zupfte sich die Brille herunter und schob sie ein. »Nichts. Ich dachte, ich erkenne jemanden …, aber ich habe mich wohl getäuscht. Ich bin müde. Ich muss mich ausruhen und mit dem Flashback der Vernehmungen und Unterlagen anfangen.«
    »Sie können mit dem Elektrohonda nach Hause fahren.« Sato wandte sich zur Bibliothekstür.
    »Damit Sie wieder mit Ihrer angeberischen Sasayaki-Tonbo abschwirren können?«
    Sato schüttelte den wuchtigen Schädel. »Ich wollte mir ein Taxi rufen.«
    »Ich brauche Ihren verdammten Elektrohonda nicht, Hideki-san. «
    »Mr. Nakamura war der Meinung, dass er Ihnen für Ihre Nachforschungen vielleicht bessere Dienste erweisen kann als Ihr derzeitiges Fahrzeug.«
    »Ich hab gesagt, ich will den Scheißhonda nicht!« In Nicks Kopf hämmerte der Schmerz, und sein Gebrüll machte es nicht unbedingt besser. »Sie können mich heimfahren, aber danach nehme ich wieder meinen Wagen.«
    »Wie Sie wünschen.« Sato ließ Nick den Vortritt. Nacheinander polterten sie die breite Treppe hinunter. Ohne ein Wort durchquerten sie den kalten, leeren Wohnbereich im Erdgeschoss.

    Draußen reichte Sato den richtigen Schlüssel der Haustür einem der zwei wartenden Japaner. Es regnete noch immer.
    Vor der Beifahrertür des Hondas stehend blickte Nick nach Osten, als würde er Daras Gestalt auf der Straße erwarten.
    Was habt ihr Scheißkerle vor? Er spürte, wie der Wagen von Satos Gewicht ins Schaukeln geriet. Nick fuhr mit beiden Händen über das regennasse Autodach und klatschte sich das kalte Wasser ins Gesicht, ehe er sich auf den Sitz gleiten ließ. Nick tat alles weh, was wehtun konnte. Auch sein Herz.
    Auf der fünfzehnminütigen Fahrt zur Cherry Creek Mall sprach keiner der beiden ein Wort.
    Als Nick vor den Wohnwaben des Einkaufszentrums ausstieg, bemerkte Sato mit leiser Stimme: »Bottom-san, bitte verstehen Sie, wenn Sie mich noch einmal ›Wichser‹ nennen, bin ich gezwungen, Sie zu töten.«

3.01
LOS ANGELES
    SONNTAG, 12. SEPTEMBER BIS FREITAG, 17. SEPTEMBER
    SONNTAG
    Der emeritierte Professor Leonard Fox saß in seinem überfüllten, besenkammergroßen Büro und machte Notizen in ein ledergebundenes leeres Tagebuch, das er schon seit Jahrzehnten besaß, aber nie benutzt hatte.
    Wie seltsam, wieder in Langschrift zu schreiben! Das erinnerte Leonard an die einjährige Arbeit an seiner Dissertation – Negative Fähigkeit in der Dichtung von John Keats. Bis in die frühen Morgenstunden hatte er wie ein Irrer auf gelbe Notizblöcke gekritzelt und war später aufgewacht, wenn Sonja alles abtippte. Leonard versuchte, sich an das Jahr zu erinnern. Ja, 1981. Reagan war der neue Präsident, und alle – Studenten und Dozenten – machten sich über den Mann lustig. Damals war Leonard dreiundzwanzig, und da er sich gerade auf eine ernste Affäre mit einer zwanzigjährigen Studentin namens Cheryl eingelassen hatte, war die neun Jahre ältere Sonja bereits auf dem besten Weg, zu seiner ehemaligen ersten Frau zu werden. Oder besser, dachte er, zu seiner ersten Exfrau.
    Wie auch immer, vier Monate nachdem er seinen Doktortitel erlangt hatte, ließ er sich scheiden. Sonja hatte es ihm nachgetragen, dass er sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, wie sie es nannte,
hatte tippen lassen. Doch später verzieh sie ihm, und sie blieben Freunde bis zu ihrem Tod im Jahr 1997.
    Ähnliches konnte der emeritierte Professor George Leonard Fox auch von seiner zweiten Frau Cheryl behaupten, mit der er sich auch nach der Trennung gut verstanden hatte. Dann die Tragödie mit seiner dritten Frau Carol. Und am Ende die fast zwanzig

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