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Flashback

Titel: Flashback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Herunterladen von Pornobildern. Nur anders … irgendwie.
    Er legte den alten Handschuh auf das Kissen neben sich.
    Der zweite Gegenstand war ein altes blaues Telefon. Das Handy seiner Mutter. Er hatte es am Tag nach ihrer Beerdigung an sich genommen und versteckt. Irgendwann später hatte sein Vater zwar danach gesucht, aber nicht sehr gründlich.
    Als Telefon war das Handy nutzlos, weil der Alte es kurz nach dem Tod seiner Mutter abgemeldet hatte. Trotzdem besaß es für Val einen unschätzbaren Wert.
    Er steckte sich einen Stöpsel ins rechte Ohr und bediente die Tasten. Seine Mutter hatte vor ihrem tödlichen Unfall drei Jahre lang die Voice-Memo-Funktion benutzt, und er kannte seine Lieblingseinträge auswendig. Einer davon war eine Liste möglicher Geschenke zu Vals zehntem Geburtstag. Ähnliche Daten gab es von Weihnachten zwei Wochen vor dem Unfall.
    Aber die Spracheinträge waren auch dann wunderbar, wenn sie sich nicht auf Val bezogen. Es spielte keine Rolle, ob es sich um Zahnarzttermine oder Schulkonferenzen handelte. Allein der Klang ihrer Stimme reichte, damit er in seinen schlechten Nächten einschlafen konnte. Meistens hörte sie sich gehetzt an, eingenommen
von ihrer Arbeit und manchmal sogar gereizt. Trotzdem. Die Stimme seiner Mutter berührte ihn jedes Mal tief in seinem Innersten.
    Das Telefon hatte natürlich auch eine Textfunktion, mit der sie in den letzten sieben Monaten ihres Lebens große Dateien abgespeichert hatte. Aber die waren passwortgeschützt, und nach ein paar lahmen Entschlüsselungsversuchen hatte sich Val nicht mehr darum gekümmert. Vielleicht hatte sie Tagebuch geführt. Möglicher weise hatte es in der Ehe seiner Eltern gekriselt, oder sie hatte den Passwortschutz aus anderen Gründen benutzt. Jedenfalls hatte sie diese Dinge geheim halten wollen, und das war für Val entscheidend.
    Er wollte nur ihre Stimme hören.
    Was bist du bloß für ein Weichei, Val Bottom. Nur noch ein knappes Jahr bis zur Einberufung in die Army, und dann so was …
    Val ignorierte diese Stimme und lauschte auf die seiner Mutter, Wange und Nase an den Baseballhandschuh gedrückt.
    Obwohl die Sache mit Omura über ihm hing wie ein schwarz gekleidetes Gespenst, vertrieben die leise Stimme und der Ledergeruch alle Ängste, und nach zehn Minuten schlief er ein.
    Kurz davor dachte er noch: Ich muss die zwei Sachen morgen ganz unten in meine Tasche packen, damit Leonard sie nicht findet.
     
    »Du Scheißwichser!«
    »Du bist selber ein Scheißwichser, Coyne«, antwortete Val. »Fick dich ins Knie.«
    Val war zehn Minuten zu spät am Kanalisationseingang beim Cigna Hospital erschienen. Fast wäre er weggeblieben, doch er wusste, dass er sein Leben lang an seinem Mut gezweifelt hätte, wenn er nicht gekommen wäre.
    »Beinah wären wir ohne dich los, Arschgesicht«, fauchte Coyne. Unter seiner offenen Lederjacke lugte das missmutige Gesicht Putins
heraus. Coyne hatte sich schon die Balaklava übergestreift, sie aber über die Stirn hochgerollt.
    »Hast du deine Knarre dabei, Arschgesicht?« Gene D. kicherte hoch, fast hysterisch.
    Val schnippte dem hochgewachsenen Jungen zwei Finger über die Wange.
    Gene D. quittierte den Angriff mit lautem Jaulen. »Hey!«
    Coyne lachte. »Nur ich sage Arschgesicht zum Arschgesicht. Niemand anders. Mach deinen Hosenschlitz zu, Pickelkopf. «
    Gene D. senkte den Blick, und die anderen brachen in lautes Lachen aus. Alle klangen völlig überdreht.
    »Hast du die Taschenlampe?« Coyne trug seine klobige OAO Izhmash völlig offen. Sie standen hinter der Sondermülltonne des Krankenhauses, aber es war noch nicht völlig dunkel. Wenn jemand zufällig auf den Parkplatz fuhr, konnte er sie gut sehen.
    Val hob die Taschenlampe.
    »Dann los.«
    Krachend stieß Dinjin den Kanaldeckel auf, und einer nach dem anderen schlüpften sie in die feuchte, dunkle Röhre. Mit Coyne an der Spitze marschierten sie den knappen Kilometer durch das Labyrinth von Biegungen und Windungen, das sie nicht markiert, sondern sich nur gründlich eingeprägt hatten. Niemand sprach ein Wort, als die Strahlen der Taschenlampen über die schimmeligen, zerschrammten Betonwände tanzten. In den Tunnels in der Nähe vom Krankenhaus eingang knirschten Flashbackampullen unter ihren Schritten, und der Boden war übersät mit Klopapier, alten Matratzen und gebrauchten Kondomen.
    Val staunte, dass alle acht erschienen waren. Hatten die jüngeren Gangmitglieder Monk, Toohey, Cruncher und Dinjin überhaupt eine Ahnung,

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