Flashback
reibungsloser Zusammenarbeit zu öffnen, doch jetzt drückten und stießen sie völlig wahllos mit den Stangen gegen das Eisen. Kreischend und scheuernd öffneten sich die Platten. Das Licht der Straßenlaternen, Autos, Fernsehscheinwerfer und Kamerablitze schwappte in den Tunnel und machte acht Augenpaare, die sich an die Finsternis gewöhnt hatten, nahezu blind.
»Schießt! Schießt! Schießt!« Hektisch fummelte Cruncher an seinem schweren .357-Magnum-Revolver herum, um den Hahn zu spannen.
»Nein, wartet, wartet«, rief Coyne.
Was hat er geplant , fragte sich Val benommen. Was es auch war, er durfte sich nicht die Zeit nehmen, es herauszufinden. Entschlossen rappelte er sich hoch und rannte zur Biegung im Kanalrohr.
»Scheißer!« Coyne feuerte ihm mit dem Flechettewerfer nach.
Das fassten die anderen als Aufforderung auf, das Feuer zu eröffnen. Ohrenbetäubender Lärm hallte durch das Betongewölbe, als gleichzeitig sechs Schusswaffen losknallten. Gene D. hatte die rechte Platte noch nicht einmal völlig aufgedrückt, und aus dem Eisen
schlugen Funken. Die anderen stießen und drängten voran, um durch die gut einen Meter breite Lücke zwischen den teilweise geöffneten Klappen zu ballern.
Als Coyne schoss, krachten fünfzig oder mehr stachlige Pfeile gegen die Wände und prallten weiter durch den langen Gang. Gerade noch rechtzeitig konnte sich Val hinter den Pfeiler an der Tunnelbiegung ducken. Wenn er es nicht geschafft hätte, wäre er tot gewesen. Wäre er weitergerannt, hätten ihn die Pfeile im Laufen zerschreddert.
Dann brüllte Coyne zusammen mit den anderen und stieß sie vor sich her, während er durch die Lücke feuerte. Val wusste das, weil er gegen jede Vernunft um die von Pfeilen zerschrammte Ecke spähte.
Irgendjemand schoss zurück, wahrscheinlich Omuras Sicherheitskräfte. Val beobachtete, wie Tooheys kahl geschorener Kopf zu rotgrauem Dunst zerplatzte und wie der spindeldürre Körper des Jungen gegen Cruncher taumelte und zu Boden stürzte. Dinjin schrie etwas, dann wurde auch er getroffen und sackte zusammen wie ein Sack Kartoffeln. Kein dramatisches Zurückgeschleudertwerden, wie es Val in Hunderten von Filmen gesehen hatte, sondern ein tödliches, endgültiges Umstürzen.
»Schießt weiter! Schießt weiter!«, kreischte Coyne in seltsamem Falsett, während er selbst zurückwich. Val verfolgte ungläubig, wie er den Flechettewerfer senkte, um auf die zusammengedrängten Rücken seiner schreienden, schießenden Kumpel anzulegen.
Scheiß drauf. Val drehte sich und rannte, so schnell er konnte. Erst als er bei einer Gabelung des Gangs gegen eine Betonwand prallte, merkte er, dass er seine Taschenlampe verloren hatte. Er war blind in die Dunkelheit gestürmt. Bei der nächsten Abzweigung musste er den schmalen Seitentunnel nach links nehmen, aber in dieser Dunkelheit würde er die Abzweigung gar nicht finden. Er saß in der Klemme.
Wankend stand er auf und schüttelte den Kopf. Plötzlich fuhr ein Blitz durch die Gänge, heller als die Sonne, gefolgt von dem lautesten und furchtbarsten Knall, den Val Fox Bottom je gehört hatte. Eine Druckwelle erfasste ihn und schleuderte ihn fünf Meter weiter in den Hauptkorridor. Nur vage nahm er wahr, dass er schlitternd über Zement scheuerte. Jeans und Sweatshirt zerrissen, Ellbogen und Knie wurden aufgeschürft.
Um die erste Biegung hinter ihm wogten Flammen. Val erspähte eine vogelscheuchenartige Silhouette, die dorthin hechtete, wo sich Val noch vor wenigen Sekunden versteckt hatte, dann traf ihn die zweite Schockwelle und warf ihn noch einmal drei Meter tief in den schwarzen Stollen.
Jetzt konnte er sehen.
Val riss sich die Skimaske herunter und zog die Beretta aus dem Hosenbund. Die Pistole lag unter der Wolle, als er losrannte. Der rötliche Schein unsichtbarer Flammen erleuchtete das Kanalrohr, und Val lief hinter seinem zuckenden Schatten um sein Leben. Während er immer wieder herabhängenden Stahlstangen auswich, lauschte er auf das Chaos, das hinter ihm detonierte.
Da muss jemand mit einer Panzerfaust oder so was geschossen haben. Oder so was. Keiner der Jungen im vorderen Abschnitt des Rohrs konnte das überlebt haben.
Rufe von Männern. Schüsse. Sicherheitskräfte, Cops oder Soldaten waren zusammen mit ihm hier in der Kanalisation. Die clevere Idee, sie mit dem inneren Stahlgitter auszusperren, hatte keine dreißig Sekunden funktioniert. Diese Typen hatten einfach alles weggesprengt – Eisenplatten, Gitter, Leichen.
Und
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