Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
Vom Netzwerk:
bin mir darüber im Klaren, dass dein Leben nicht immer …«, fing er überraschenderweise an. »Soll heißen, ich weiß, was du manchmal …«
    Er schaute mich jämmerlich an, in seinem Gesicht zuckte es. »Ach, verdammt aber auch!«, sagte er.
    Er nahm einen zweiten Anlauf. »Wie deine Mutter besitzt auch du die verhängnisvolle Gabe, ein Genie zu sein. Dein Leben wird nie einfach sein … und am besten erwartest du das gar nicht erst. Große Gaben haben immer ihren Preis, vergiss das nicht. Noch Fragen?«
    Der gute Vater! Noch seine zärtlichsten Anwandlungen gerieten ihm zum Exerzierplatzvortrag. Wie sehr ich ihn doch liebte!
    »Nein, Sir«, erwiderte ich wie ein Pionier, der soeben den Auftrag bekommen hat, die feindlichen Linien in die Luft zu sprengen. »Keine Fragen.«
    »Sehr gut. Sehr gut.« Vater stand auf und rieb sich die Hände. »Dann solltest du jetzt zusehen, dass du ins Bett kommst.«
    Damit war er auch schon zur Tür hinaus und ließ mich allein am Tisch sitzen.
    Ich dachte über alles nach, was er gesagt hatte.
    Seine Äußerungen über Harriet gehörten allerdings nicht zu den Themen, über die man am Küchentisch sinniert. Darüber musste ich ganz in Ruhe nachdenken, wenn ich erst einmal im warmen Bett lag.
    Eines stand aber jetzt schon fest. Vater hatte mir nicht ausdrücklich verboten, mich der Kirche zu nähern.

15
    E s heißt, er blutet, weil seine Gebeine gestört wurden!«
    Mrs. Mullet löffelte mir noch einen Schlag lavaähnlichen Haferbrei in die Schüssel. Ich kam mir vor wie Oliver Twist, nur ins Gegenteil verkehrt: »Bitte, Madam, ich möchte nichts mehr.«
    »Iss, solange es noch warm ist, Liebes. So ist’s recht. Und nie vergessen:
    Was ich dir sage, hör gut drauf –
    Porridge polstert die Rippen auf.
    Ach herrje! Ich wusste gar nicht, dass ich ’ne Dichterin bin!«
    Sie kicherte über ihren eigenen Witz.
    Die bloße Vorstellung, dass diese graue Pampe an meinen Rippen – oder sonst wo – klebte, versetzte meinen Magen in Winterstarre.
    »Danke, Mrs. M.«, sagte ich benommen und kippte noch einen großzügigen Schluck Milch in den Haferbrei. Vielleicht konnte ich ja einfach nur ein bisschen von der Flüssigkeit auflöffeln und das wabblige Grauen unter der Oberfläche schlummern lassen wie das Ungeheuer von Loch Ness.
    Ich hatte kaum geschlafen und war nicht in Bestform. Die Reinigung meines Mantels hatte sich in chemischer Hinsicht als unerwartet kompliziert erwiesen und mich letztendlich dazu gezwungen, Michael Faradays berühmtes Experiment von 1821 zu wiederholen, bei dem er Tetrachlorethen synthe-tisierte, indem er Hexachlorethan thermisch zersetzte.
    Infolgedessen war ich die ganze Nacht wach gewesen.
    »Eigentlich wurden seine Gebeine noch gar nicht gestört«, sagte ich. »So tief haben die Männer noch nicht gegraben.«
    »Er weiß trotzdem verdammt gut, dass sie drauf und dran sind«, erwiderte Mrs. Mullet. »Denk an meine Worte. Heilige sind nicht wie du und ich. Die wissen Bescheid. Die sehen und hören Dinge, die weit weg sind, so wie das Fernsehen. Sie hören, wenn Mrs. Frampton betet, dass ihrer Elsie ihr Bert im Toto gewinnt, damit sie ihre Mutter im Juli nach Blackpool in Urlaub schicken kann und sie ihr mal vierzehn Tage aus dem Weg ist, damit sie die Böden schrubben und die Teppiche ausklopfen kann. Aber du weißt ja: Von mir hast du das nicht.«
    Ich frühstückte in der Küche, weil Mrs. Mullet den Tisch im Esszimmer schon längst abgeräumt hatte, als ich mich endlich dazu hatte aufraffen können, mich aus dem Bett zu quälen.
    »Das weiß ich alles von meiner Freundin, Mrs. Waller. Sie hat gesagt, alles war voller Blut, wie im Schlachthaus.«
    »So viel war’s auch wieder nicht«, erwiderte ich. »Ich hab’s ja selbst gesehen.«
    Mrs. Mullets Augen wurden ganz groß.
    »Höchstens ein paar Teelöffel voll, wenn man es zusammengekratzt hätte. Blut sieht immer nach mehr aus.«
    Falls es überhaupt Blut gewesen war. Ich konnte es kaum erwarten, in mein Labor hochzugehen und die eingetrockneten Reste an meiner weißen Zopfschleife zu analysieren.
    Mrs. Mullett ließ sich nicht beirren. »Jedenfalls musste Miss Tanty sofort ins Bett, und der Doktor musste kommen. Sie war fix und fertig, hat irgendwelchen Unsinn von Mr. Collicutt gefaselt und von den vier Reitern der Apoklippse. Sie hat ’nen Schock, wenn du mich fragst.«
    »Da könnten Sie recht haben, Mrs. M.«, sagte ich und änderte beim Sprechen meine Pläne. »Ich bringe ihr ein paar Blumen

Weitere Kostenlose Bücher