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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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Porcelain nicht erschrecken und plötzlich mit aufgeschlitzter Kehle dastehen.
    Aber als ich eintrat, war das Labor leer, und ich wurde wieder einmal sauer.
    Hatte ich nicht gesagt, sie solle hierbleiben, bis ich wieder zurückkam?
    Doch als ich in mein Zimmer ging, saß sie im Schneidersitz auf meinem Bett wie ein unterernährter Buddha und las in meinem Notizbuch.
    Das ging jetzt aber endgültig zu weit!
    »Was bildest du dir eigentlich ein?« Ich riss ihr das Buch aus der Hand.
    »Ich lese über mich«, sagte sie.
    Ich sah rot.
    Nein, erst sah ich weiß, ein lautloses grelles Weiß, das alles auslöschte, wie die Atombomben, die auf Hiroshima und Nagasaki niedergegangen waren. Erst als die tödliche blütenförmige Explosion allmählich verblasste und in Gelb und dann in Orange umschlug, glühte es schließlich dunkelrot vor meinen Augen.

    Mich hatte ein geradezu biblischer Zorn gepackt, wie ich ihn noch nicht erlebt hatte. War es ein Erbteil der de Luces, der sich zum ersten Mal in mir Bahn brach?
    Bis dahin hatte mein Zorn eher den karibischen Karnevalsfeiern geglichen, die man in den Reisedokumentationen im Kino sah – ein lärmender Ausbruch von Farben und Hitze, der im Lauf des Tages sanft verklang. Diesmal jedoch empfand ich eine eisige Kälte. Ich stand unnahbar und unansprechbar in einer frostigen Einöde. Zum allerersten Mal konnte ich Vater verstehen.
    Eines war klar: Ich musste sofort verschwinden. Ich musste allein sein, bis diese Flutwelle wieder abgeebbt war.
    »Entschuldige mich bitte«, sagte ich zu meinem eigenen Erstaunen und verließ schleunigst das Zimmer.
     
    Ich setzte mich ein Weilchen auf die Treppe.
    Ja, Porcelain hatte meine Privatsphäre missachtet, aber meine Reaktion hatte mir selbst Angst eingejagt. Ich zitterte immer noch.
    Ich blätterte in meinem Notizbuch, konnte mich aber nicht auf die Einträge konzentrieren.
    Was hatte Porcelain gerade gelesen, als ich ins Zimmer geplatzt war? Angeblich eine Stelle über sich selbst.
    Ich konnte mich kaum erinnern, was ich über sie geschrieben hatte. Rasch fand ich die Stelle.
    PORCELAIN: Kann ihre Großmutter nicht überfallen haben, weil sie sich zur Tatzeit in London aufhielt – behauptet sie jedenfalls. Aber warum hat sie ihre Kleider ausgewaschen?
    Die Frage blieb weiterhin unbeantwortet, aber falls Porcelain zurückgekehrt war, um mich umzubringen, hätte sie es längst erledigen können.

    Als ich das Buch zuklappte, fiel mir ein, dass es noch keinen Eintrag zu den Pettibones gab. Ich hatte der Eisfrau doch versprochen, ihr Unterlagen über Nicodemus Flitch und die Humpler zu bringen.
    Dass ich diese Unterlagen in der Not schlicht erfunden hatte, war eigentlich kein Hinderungsgrund. In einer Bibliothek wie der unseren gab es bestimmt bergeweise alte Dokumente, mit denen sich die unverhohlene Gier der Frau befriedigen ließ.
    Wenn sich sonst niemand in der Bibliothek aufhielt, konnte ich mich gleich ans Stöbern machen.
    Schon ging es mir viel besser.
     
    Ich legte das Ohr an die Tür. Falls Daffy wie gewöhnlich in der Bibliothek hockte und las, könnte ich vielleicht einen Teelöffel voll Stolz hinunterschlucken und sie um Rat fragen, eventuell unter dem Vorwand einer Beleidigung, denn darauf sprang sie eigentlich immer an.
    Wenn das nicht klappte, konnte ich immer noch einen Waffenstillstand ausrufen. Dafür musste ich mich beim Betreten des Zimmers mit einem Knie auf den Teppich niederlassen und » Pax vobiscum « rufen. Daffy würde mit » Et cum spiritu tuo « antworten, und es würde fünf Minuten lang – gemäß der Kaminuhr – Waffenruhe herrschen. Während dieser Zeitspanne durfte keine von uns beiden irgendwelche Beleidigungen oder Gemeinheiten äußern.
    Falls Daffy jedoch ein Tintenfass nach mir warf, war die Friedenspfeife abgelehnt.
    Ich hörte nichts. Also öffnete ich die Tür einen Spalt.
    Die Bibliothek war leer.
    Ich trat ein und schloss sicherheitshalber hinter mir ab. Obwohl der Riegel wahrscheinlich die letzten hundert Jahre nicht mehr bewegt worden war, glitt er geräuschlos in die Aussparung.
    Guter alter Dogger, dachte ich. Wieder einmal hatte er ganz
unauffällig dafür gesorgt, dass alles so funktionierte, wie es funktionieren sollte.
    Falls mich jemand zur Rede stellte, würde ich behaupten, ich sei ein bisschen krank und hätte ungestört ein Schläfchen halten wollen.
    Ich schaute mich um. Ich war schon ewig nicht mehr allein in der Bibliothek gewesen.
    Die Bücherregale türmten sich bis zur Decke,

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