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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Schauer.
    Eine Zeit lang streifte ich ziellos zwischen den Grabsteinen umher und las die Familiennamen, die man in Bishop’s Lacey heute noch alle naselang hört: Coombs, Nesbit, Barker, Hoare und Carmichael. Hier lag der kleine William mit einem eingemeißelten Lamm auf dem Stein, der kleine Sohn von Tully Stoker, der, wäre er am Leben geblieben, inzwischen ein erwachsener Mann von dreißig und Marys großer Bruder wäre. Der kleine William war im Alter von fünf Monaten und vier Tagen im Frühjahr 1919 an »Krupp« gestorben, wie auf dem Stein zu lesen stand, ein Jahr bevor Mr Twining in Greyminster vom Glockenturm sprang. Demnach standen die Chancen
nicht schlecht, dass der Doktor hier irgendwo in der Nähe begraben lag.
    Schon dachte ich, ich hätte ihn gefunden, denn ein schwarzer Stein mit pyramidenähnlicher Spitze trug die grob gehauene Inschrift »Twining«. Aber dieser Twining erwies sich bei näherer Betrachtung als ein gewisser Adolphus, der 1809 auf See verschollen war. Sein Stein war so gut erhalten, dass ich der Versuchung nicht widerstehen konnte, über die kühle, geschliffene Oberfläche zu streichen.
    »Ruhe sanft, Adolphus«, sagte ich, »wo immer du auch sein magst.«
    Mr Twinings Grabstein, so er denn einen hatte - und das konnte eigentlich nicht anders sein -, war gewiss keines der verwitterten Exemplare, die wie schartige braune Zähne aus dem Boden ragten, und auch keines jener gewaltigen, von Säulen eingefassten Denkmäler mit durchhängenden Ketten und schmiedeeisernen Einzäunungen, wie sie die reichsten und vornehmsten Familien von Bishop’s Lacey besaßen (darunter übrigens sämtliche de Luces).
    Ich stemmte die Hände in die Hüften und stellte mich mitten in das hohe, von Unkraut durchsetzte Gras. Hinter der Mauer verlief der Treidelpfad und dahinter der Fluss. Irgendwo dort hinten war Miss Mountjoy verschwunden, als sie aus der Kirche geflüchtet war, gleich nachdem uns der Vikar aufgefordert hatte, für Horace Bonepennys Seele zu beten. Wo hatte die Bibliothekarin so eilig hingewollt?
    Ich kletterte abermals über das Friedhofstor und sprang auf den Treidelpfad.
    Jetzt konnte ich die Trittsteine erkennen, die zwischen den breiten, im Wasser wogenden Bändern des Wassergrases dicht unter der Oberfläche des träge dahinströmenden Flusses lagen. Die Steine führten in einer Schlangenlinie über den sich verbreiternden Teich bis zum gegenüberliegenden, flachen und sandigen Ufer hinüber. Oberhalb des Ufers und parallel zu ihm
verlief eine Brombeerhecke, die eine Weide einfasste, die zum Malplaquet-Hof gehörte.
    Ich zog Schuhe und Strümpfe aus und trat auf den ersten Stein. Das Wasser war eiskalt. Meine Nase lief immer noch ein bisschen, und meine Augen tränten, und mir ging durch den Kopf, dass ich womöglich in ein, zwei Tagen an Lungenentzündung sterben und mich Haste-nicht-gesehen zu den Dauerbewohnern des Friedhofs von St. Tankred gesellen würde.
    Mit wie Schranken ausgebreiteten Armen balancierte ich vorsichtig durchs Wasser und watete drüben angekommen unbeholfen durch den Uferschlamm. Dann hangelte ich mich am Gestrüpp die Böschung hinauf, die zugleich einen Deich aus festgestampfter Erde zwischen dem Fluss und der angrenzenden Wiese bildete.
    Dort angekommen musste ich mich erst einmal hinsetzen, ein wenig verschnaufen und mir mit einem Grasbüschel vom Heckensaum die Füße sauber wischen. Ganz in der Nähe trällerte eine Goldammer »Wie-wie-wie-hab-ich-dich-liiieeeb« - und verstummte jäh. Ich spitzte die Ohren, konnte aber nur das ferne Gebrumm des Landlebens vernehmen, das dudelsackähnliche Dröhnen irgendwelcher weit entfernter landwirtschaftlicher Maschinen.
    Als ich Strümpfe und Schuhe wieder angezogen hatte, klopfte ich mir den Staub von den Kleidern und schlenderte an der Hecke entlang, die wie ein undurchdringliches Dornendickicht aussah. Gerade als ich wieder kehrtmachen wollte, entdeckte ich eine Stelle, an der sich die Ranken ein wenig lichteten. Ich zwängte mich hindurch und kam hinter der Hecke wieder heraus.
    Ein paar Meter in Richtung Kirche ragte etwas aus dem Gras. Ich näherte mich vorsichtig, wobei mir ein noch von den Neandertalern stammender Urinstinkt eine Gänsehaut am ganzen Leib verpasste.

    Es war ein Grabstein. Mit kunstlosen Lettern stand darauf geschrieben: »Grenville Twining«.
    Auf dem schiefen Sockel war nur ein einziges Wort eingemeißelt: Vale.
    Vale … das hatte Mr Twining auf dem Turm ausgerufen, ehe er sprang! Das

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