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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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hatte der sterbende Horace Bonepenny mir ins Gesicht geröchelt!
    Jetzt endlich schlug die Erkenntnis wie eine Welle über mir zusammen: Den sterbenden Bonepenny hatte das Gewissen gedrückt, aber der Tod hatte ihm nur noch ein Wort gewährt, um den Mord an Mr Twining zu gestehen. Da ich der einzige Mensch war, der seine Beichte gehört hatte, war ich auch die einzige noch lebende Person, die einen Zusammenhang zwischen den beiden Todesfällen herstellen konnte. Ich und vielleicht noch Bob Stanley. Mein Mr Pemberton.
    Bei dieser Vorstellung lief es mir eiskalt den Rücken herunter.
    Auf Mr Twinings Grabstein waren keine Daten vermerkt, als hätte derjenige, der ihn hier bestattet hat, jede Erinnerung an sein Leben tilgen wollen. Daffy hatte uns Geschichten vorgelesen, in denen Selbstmörder außerhalb der Friedhofsmauer oder an Kreuzwegen begraben wurden, aber ich hatte das bis dahin für frömmlerische Ammenmärchen gehalten. Trotzdem überlegte ich unwillkürlich, ob ich wohl gerade über Mr Twinings Leichnam stand, der wie Graf Dracula in seinem Umhang in seinen Lehrertalar gehüllt dalag.
    Aber der Talar, den ich auf dem Turm von Anson House gefunden hatte und der nun bei der Polizei verwahrt wurde, hatte nicht Mr Twining gehört. Vater hatte mehrmals erwähnt, dass Mr Twining mit wehendem Talar vom Dach gestürzt war, und so hatte es auch Toby Lonsdale dem Hinley-Kurier erzählt.
    Konnten sie sich beide geirrt haben? Vater hatte schließlich auch eingeräumt, dass die Sonne ihn geblendet haben mochte. Was hatte er noch erzählt?

    Ich rief mir noch einmal ins Gedächtnis, wie er Mr Twinings Erscheinung oben auf dem Dach beschrieben hatte.
    »Sein Kopf schien zu glühen, sein Haar glich einer Scheibe aus Kupferblech, wie die Heiligenscheine in einer bebilderten mittelalterlichen Handschrift.«
    Die Lösung des Rätsels traf mich so plötzlich, dass mir fast schlecht wurde: Derjenige, der auf dem Dach an der Brüstung gestanden hatte, war nicht Mr Twining, sondern Horace Bonepenny gewesen! Horace Bonepenny mit dem feuerroten Schopf, Horace Bonepenny der Schauspieler, Horace Bonepenny der Zauberkünstler.
    Das Ganze war eine gründlich geplante Täuschung gewesen!
    Miss Mountjoy hatte tatsächlich Recht gehabt: Bonepenny hatte ihren Onkel auf dem Gewissen.
    Er und sein Komplize Bob Stanley mussten Mr Twining aufs Turmdach gelockt haben, höchst wahrscheinlich unter dem Vorwand, ihm die gestohlene Briefmarke zurückgeben zu wollen, die sie angeblich dort versteckt hatten.
    Vater hatte mir von Bonepennys ausgefallenen mathematischen Berechnungen erzählt. Seine architektonischen Streifzüge dürften ihn mit den Turmziegeln so vertraut gemacht haben wie mit seiner Westentasche.
    Als Mr Twining dann drohte, die beiden auffliegen zu lassen, hatten sie ihn umgebracht. Vermutlich hatten sie ihn mit einem Ziegelstein erschlagen. Nach dem schrecklichen Sturz vom Dach waren davon keine Spuren mehr nachzuweisen gewesen. Anschließend hatten die beiden den Selbstmord wie eine Theatervorstellung aufgeführt, nachdem sie ihn in allen Einzelheiten kaltblütig geplant, in Gedanken durchgespielt, ja, womöglich sogar geprobt hatten.
    Mr Twining war tatsächlich vom Dach gestürzt, aber es war Bonepenny gewesen, der mit Talar und Barett im Schein der Morgensonne an der Brüstung gestanden und » Vale! « gerufen
hatte, ein Ausruf, der zwangsläufig auf einen Selbstmord hindeutete.
    Nach dieser kleinen Vorstellung hatte sich der Schurke hinter die Brüstung geduckt, während Stanley den toten Twining durch die Entwässerungsöffnung im Dach gestoßen hatte. Für einen, zumal von der Sonne geblendeten, Beobachter von unten musste es ausgesehen haben, als wäre der Alte gesprungen. Im Grunde war es ihre bewährte Nummer Die Auferstehung des Tschang Fu, nur auf einer größeren Bühne. Den geblendeten Zuschauern war etwas vorgegaukelt worden.
    Und das ausgesprochen überzeugend!
    Seit jenem Tag war Vater davon überzeugt, sein Schweigen habe Mr Twining in den Selbstmord getrieben, er habe den Tod des Alten verschuldet! Was für eine furchtbare Bürde! Wie schrecklich!
    Dreißig Jahre hatte niemand die Beweisstücke unter den Dachziegeln von Anson House entdeckt, hatte niemand einen Gedanken darauf verschwendet, dass es auch ein Mord hätte sein können. Und beinahe wären die Verschwörer damit durchgekommen.
    Ich musste mich an Mr Twinings Grabstein festhalten.
    »Soso, du hast ihn also gefunden«, sagte da jemand hinter mir. Beim

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