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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Glaubensbrüder sind, stelle ich mir gern vor, dass er, während er bis zum Jüngsten Tag unter dem Kirchenfußboden ratzt, es mit uns Buckshaw-Bewohnern ganz besonders gut meint.
    Als sich meine Gedanken allmählich wieder der Gegenwart zuwandten, stellte ich fest, dass der Vikar für den Toten aus unserem Gurkenbeet betete.
    »Er kam als Fremder zu uns«, verkündete er. »Seinen Namen brauchen wir nicht zu kennen …«
    Das hörte Inspektor Hewitt bestimmt nicht gern.

    »… wir können Gott auch so bitten, seiner Seele gnädig zu sein und ihm seinen Frieden zu schenken.«
    Demnach wussten inzwischen alle Bescheid! Vermutlich hatte Mrs Mullet keine Zeit verloren und war sofort über die Straße geeilt, um dem Vikar alles brühwarm zu erzählen. Von der Polizei hatte er es ja wohl kaum erfahren.
    Eine Kniebank polterte, und als ich aufblickte, sah ich eben noch, wie sich Miss Mountjoy im Krebsgang aus der Bankreihe schob und durch das Seitenschiff davoneilte.
    »Mir ist nicht gut«, raunte ich Ophelia zu, woraufhin sie mich ohne aufzublicken vorbeiließ. Feely konnte es partout nicht leiden, wenn man ihr auf die Schuhe kotzte, eine durchaus nützliche Marotte, die ich mir hin und wieder zunutze machte.
    Draußen war ein Wind aufgekommen, der die Äste der Friedhofseiben peitschte und das ungemähte Gras wild wogen ließ. Ich sah Miss Mountjoy zwischen den moosbedeckten Grabsteinen verschwinden und auf das kleine, bröckelige und überwucherte Friedhofstor zuhalten.
    Was hatte sie so aufgebracht? Ich erwog, ihr nachzulaufen, aber dann hatte ich eine bessere Idee. Der Fluss machte nämlich einen Bogen um St. Tankred, und zwar so, dass die Kirche praktisch auf einer Insel stand, und im Lauf der Jahrhunderte hatte sich das mäandernde Wasser einen Weg durch die uralte Gasse außerhalb des Friedhoftors gebahnt. Demnach konnte Miss Mountjoy, wenn sie nicht den gleichen Weg nehmen wollte, auf dem sie hergekommen war, nur über die inzwischen überspülten Trittsteine, die früher einmal den Fluss durchzogen hatten, nach Hause gelangen. Dazu musste sie die Schuhe ausziehen und ein Stück durchs Wasser waten.
    Es lag auf der Hand, dass sie allein sein wollte.
    Als ich mich wieder zu Vater gesellte, schüttelte der gerade Canon Richardson die Hand. Nach dem Mord waren wir de Luces bei den Dörflern in ihrem Sonntagsstaat natürlich
schwer angesagt, und jetzt standen sie Schlange, um mit uns zu sprechen oder uns, in manchen Fällen, auch nur anzufassen, als brächten wir Glück. Jeder wollte ein Wort mit uns wechseln, aber niemand wollte irgendetwas von Belang äußern.
    »Schlimme Sache, das dort oben auf Buckshaw«, wandten sie sich an Vater, Feely oder mich.
    »Ja, sehr unerfreulich«, erwiderten wir, schüttelten dem Betreffenden die Hand und wandten uns dem nächsten Bittsteller zu. Erst nachdem die versammelte Gemeinde in diesem Sinne versorgt war, durften wir nach Hause zum Mittagessen.
     
    Als wir durch den Park gingen, öffnete sich die Tür eines wohlbekannten blauen Wagens, und Inspektor Hewitt kam über den Kies auf uns zu. Da ich insgeheim zu der Überzeugung gelangt war, dass wohl auch polizeiliche Ermittlungen den Sonntag heiligten, wunderte ich mich ein wenig, ihn zu sehen. Er nickte Vater zu und legte Feely, Daffy und mir gegenüber die Hand an die Hutkrempe.
    »Nur ganz kurz, Colonel de Luce … aber unter vier Augen, wenn ich bitten darf.«
    Ich schaute Vater aufmerksam an, weil ich fürchtete, er könnte wieder in Ohnmacht fallen, aber abgesehen davon, dass er den Knauf seines Spazierstocks fester umfasste, wirkte er recht gelassen. Fast so, dachte ich, als sei er auf diese Begegnung durchaus vorbereitet gewesen.
    Derweil hatte sich Dogger unauffällig ins Haus verzogen. Vielleicht wollte er endlich sein altmodisches Hemd mit dem Vatermörder und den Manschetten aus- und seinen Gärtnerkittel wieder anziehen.
    Vaters Blick wanderte über uns drei, als wären wir eine Schar aufdringlicher Gänse.
    »Wir gehen in mein Arbeitszimmer«, beschied er den Inspektor und marschierte davon.
    Daffy und Feely glotzten irgendwo in den Mittelgrund, wie
sie es immer machen, wenn sie nicht wissen, was sie sagen sollen. Ich erwog flüchtig, das Schweigen zu brechen, entschied mich dann aber doch dagegen und schlenderte unbekümmert davon, wobei ich die »Harry Lime«-Melodie aus dem Dritten Mann pfiff.
    Da es Sonntag war, hielt ich es für angemessen, in den Garten zu gehen und noch einmal die Stelle aufzusuchen, wo der

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