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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Tote gelegen hatte. Dann würde ich mir bestimmt vorkommen wie die verschleierte Witwe auf einem jener Gemälde aus dem 19. Jahrhundert, die niederkniet, um eine Handvoll kümmerlicher Stiefmütterchen - in einem Wasserglas - aufs Grab ihres toten Gatten oder ihrer Mutter zu stellen. Aber aus irgendeinem Grund fand ich die Vorstellung dann doch bedrückend und beschloss, mir das theatralische Getue zu verkneifen.
    Ohne den Toten war das Gurkenbeet seltsam uninteressant. Es war einfach nur ein Beet voller Grünzeug und hier und da einem abgebrochenen Stängel und einer Art Schleifspur - von einem Absatz? Man konnte noch erkennen, wo sich Sergeant Woolmers schweres Fotostativ in den Rasen gebohrt hatte.
    Von Philip Odell, dem Privatdetektiv im Radio, wusste ich, dass bei jedem unerwarteten und unerklärlichen Todesfall unbedingt eine Obduktion durchgeführt werden musste, und ich überlegte folgerichtig, ob Dr. Darby die Leiche wohl schon - wie ich ihn zu Inspektor Hewitt hatte sagen hören - »auf dem Tisch« gehabt hatte. Auch das traute ich mich nicht, irgendjemanden zu fragen, jedenfalls jetzt noch nicht.
    Ich schaute zu meinem Zimmerfenster hoch. Darin spiegelten sich, zum Greifen nah, dicke weiße Wolken, die durch ein Meer aus blauem Himmel dümpelten.
    Zum Greifen nah! Richtig! Das Gurkenbeet lag ja gleich unter meinem Fenster!
    Warum hatte ich dann nichts gehört? Es ist allgemein bekannt,
dass es eines gewissen Aufwandes an mechanischer Kraft bedarf, einen Menschen umzubringen. Die exakte Formel habe ich vergessen, aber ich weiß, dass es eine gibt. Eine innerhalb eines kurzen Zeitraums angewandte Kraft (beispielsweise ein Geschoss) verursacht ein ziemlich lautes Geräusch, wogegen ein langsameres Vorgehen womöglich sogar lautlos vonstatten geht.
    Was folgte daraus? Wenn der Fremde brutal attackiert worden war, musste sich das woanders abgespielt haben, irgendwo außerhalb meiner Hörweite. War er jedoch dort überfallen worden, wo ich ihn entdeckt hatte, musste der Mörder eine geräuschlose Methode angewandt haben, eine geräuschlose, langsame Methode; denn schließlich war der Mann, als ich ihn entdeckte, immer noch, wenn auch nur gerade noch so, am Leben gewesen.
    » Vale «, hatte der Sterbende gesagt. Aber weshalb sollte er sich von mir verabschieden? Auch Mr Twining hatte » Vale! « gerufen, ehe er in den Tod gesprungen war, aber wo war da der Zusammenhang? Hatte der Mann im Gurkenbeet versucht, seinen eigenen Tod mit dem von Mr Twining in Verbindung zu bringen? War er dabei gewesen, als der Alte vom Dach gesprungen war? Hatte er vielleicht irgendetwas damit zu tun gehabt?
    Ich musste nachdenken - und zwar in Ruhe. Die Remise kam nicht infrage, denn ich wusste inzwischen, dass man dort in schweren Zeiten eventuell Vater in Harriets Phantom antreffen konnte. Blieb also nur der Pavillon.
    Auf der Südseite von Buckshaw war auf einer künstlichen Insel in einem künstlichen See eine künstliche Ruine errichtet worden, in deren Schatten ein kleiner griechischer Tempel aus moosbewachsenem Marmor stand. Obwohl inzwischen längst vergessen und von Brennnesseln überwuchert, war das kleine Bauwerk einst eine Zierde Englands gewesen: eine kleine Kuppel auf vier anmutig schlanken Säulen, die
einem Musikpavillon auf dem Parnass glich. Zahllose de Luces hatten im 18. Jahrhundert ihre Gäste auf festlich mit Blumen ausgestreuten Booten zu diesem Zierbau hinübergestakt, wo man ein Picknick mit kaltem Wildbraten und Gebäck abgehalten und dabei zugesehen hatte, wie die Schwäne über den spiegelglatten Teich glitten, und wo man durchs Lorgnon den eigens dafür angestellten Einsiedler bestaunt hatte, der am Eingang seiner efeuberankten Höhle lehnte und ungeniert gähnte.
    Die Insel, der See und der Pavillon waren sämtlich von Capability Brown entworfen worden (auch wenn diese Zuschreibung immer mal wieder in Notes & Queries angezweifelt wurde - einer Kulturzeitschrift, die Vater gern las, sofern in der jeweiligen Ausgabe Fragen von philatelistischem Interesse erörtert wurden), und in der Bibliothek von Buckshaw gab es noch einen roten Lederband, der einen signierten Satz der Originalzeichnungen des Landschaftsarchitekten enthielt. Was wiederum Vater zu dem Scherz verleitete: »Sollen sich diese schlauen Männer doch ihre eigenen Tempel bauen.«
    Eine unserer beliebten Familienanekdoten handelte davon, dass John Montague, der vierte Earl of Sandwich, anlässlich eines Picknicks im Pavillon von Buckshaw den nach

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