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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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und wie eine vergammelte Schweinshaxe müffeln!«
    Vater war immer dann am wortgewaltigsten, wenn er wütend war. Ich hatte mir die Flasche Roger & Gallet nach einem spektakulär missglückten Experiment mit Schwefelwasserstoff ausgeborgt, um einen Zerstäuber damit zu befüllen und die Luft im Haus zu verbessern.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Tut mir leid«, sagte ich, setzte eine Armesündermiene auf
und betupfte mir mit der Serviette die Augen. »Ich würde dir ja eine neue kaufen, aber ich habe kein Geld.«
    Feely funkelte mich über den Tisch hinweg in stummer Verachtung an, als wäre ich eine Blechente in einer Schießbude; Daffys Nase steckte tief in Virginia Woolf.
    »Aber ich könnte dir ja selbst etwas herstellen«, schlug ich strahlend vor. »Im Grunde ist es nichts anderes als Äthylalkohol, Zitrusöle und Gartenkräuter. Ich bitte Dogger, mir eine Handvoll Rosmarin und Lavendel zu pflücken, hole mir ein paar Orangen, Zitronen und Limetten von Mrs Mullet …«
    »Kommt gar nicht in die Tüte, Miss Flavia«, unterbrach mich Mrs Mullet, die gerade im wahrsten Sinne des Wortes ins Zimmer geplatzt kam, indem sie die Tür mit der wuchtigen Hüfte aufdrückte und eine große Servierplatte aus Porzellan auf den Tisch stellte.
    »Oh nein«, hörte ich Daffy in Feelys Richtung flüstern, »schon wieder der Zitterer!«
    Der »Zitterer«, wie wir ihn nannten, war eine von Mrs Mullets selbst ersonnenen Nachspeisen, die, soweit das zu erkennen war, aus einer Art klumpigem grünem Gelee mit einer zähen Wurstpelle obendrauf bestand, gekrönt von Schlagsahne und verziert mit Pfefferminzzweigen und anderem Gartenabfall. Da hockte er nun vor uns wie eine riesige, widerwärtige Nacktschnecke und erschauerte ab und zu in unschön anzusehender Weise. Mir lief es unwillkürlich eiskalt den Rücken hinunter.
    »Lecker«, sagte Vater. »Das sieht ausgesprochen lecker aus.«
    Er meinte es ironisch, aber Mrs Mullet war für derlei Zwischentöne nicht empfänglich.
    »Wusst ich doch, dass Sie das mögen würden«, erwiderte sie. »Erst heut in der Früh hab ich zu meinem Alf gesagt: ›Alf, es ist schon ‘ne ganze Weile her, dass der Colonel und seine Mädels einen von meinen wunderbaren Wackelpetern gegessen haben. Sie reden andauernd von meinen Wackelpetern
(das stimmte!), und ich mach sie ja auch so gerne für meine Lieben.‹«
    Feely gab ähnliche Laute von sich wie ein arg gebeutelter Passagier an der Reling der Queen Mary auf einer rauen Novemberüberfahrt auf dem Nordatlantik.
    »Schön aufessen, Schatz«, sagte Mrs Mullet unbeeindruckt. »Er ist mir wirklich gut gelungen.« Damit verschwand sie wieder in die Küche.
    Vater fixierte mich mit diesem Blick. Obwohl er, wie immer, das neueste Heft des British Philatelist mit an den Tisch gebracht hatte, war er bis jetzt noch nicht dazu gekommen, es aufzuschlagen. Vater war ein eifriger, um nicht zu sagen besessener Briefmarkensammler. Er hatte sich seinem Hobby mit Haut und Haaren verschrieben und starrte eigentlich die ganze Zeit durch eine Lupe auf einen offensichtlich endlosen Vorrat kleiner bunter Köpfe und Landschaften. Aber jetzt betrachtete er nicht seine Briefmarken - er betrachtete mich. Das sah ganz und gar nicht gut aus.
    »Wo hast du den ganzen Nachmittag gesteckt?«, wollte er wissen.
    »In der Kirche«, antwortete ich prompt, sittsam und hoffentlich auch ein bisschen gottesfürchtig. Derlei Ablenkungsmanöver waren mein Spezialgebiet.
    »In der Kirche?«, wiederholte Vater verdattert. »Wie das?«
    »Ich hab einer Frau geholfen. Ihr Auto war kaputt.«
    »Aha.« Vater gestattete sich ein fast unmerkliches Lächeln. »Und du warst zum Glück zur Stelle, um deine Dienste als Mechanikerin zu offerieren.«
    Daffy grinste in ihr Buch. Mir war klar, dass sie meiner Demütigung schadenfroh lauschte. Feely muss ich zugutehalten, dass sie sich nicht ablenken ließ, sondern fortfuhr, ihre Fingernägel an ihrer weißen Seidenbluse blank zu reiben.
    »Die Frau arbeitet bei einer Wanderpuppenbühne«, sagte ich. »Der Herr Vikar hat die beiden, also Rupert Porson und
Nialla, so heißt die Frau nämlich, gefragt, ob sie nicht am Samstag eine Vorstellung im Gemeindesaal geben wollen, und er möchte auch, dass ich ihnen dabei helfe.«
    Vater beruhigte sich ein wenig. Der Vikar war einer seiner wenigen Freunde in Bishop’s Lacey; es war daher unwahrscheinlich, dass er ihm meine Hilfe versagen würde.
    »Rupert tritt sogar im Fernsehen auf«, schob ich hinterher. »Er ist

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