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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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ziemlich berühmt.«
    »Nicht in meinen Kreisen«, erwiderte Vater, schaute auf seine Armbanduhr und schob seinen Stuhl zurück.
    »Acht Uhr«, verkündete er. »Donnerstag.«
    Das bedurfte keiner weiteren Erklärung. Wortlos standen Daffy, Feely und ich auf und marschierten in versetzter Linie, wie ein Geleitschutz, hinüber in den Salon.
    Die Donnerstagabende gehörten in Buckshaw dem Radio. Vater hatte kürzlich beschlossen, dass die Familie mehr Zeit miteinander verbringen sollte, und so waren, als Ergänzung zu seinen Pflichtvorlesungen an den Mittwochabenden, die Radioabende hinzugekommen. Diese Woche war die großartige Fünfte Sinfonie von Ludwig van Beethoven an der Reihe, beziehungsweise von »Luigi«, wie ich ihn nannte, wenn ich Feely ärgern wollte. Feely hatte uns mal erzählt, dass Beethovens Vorname auf seiner ersten gedruckten Partitur als »Louis« vermerkt gewesen sei.
    Ich fand, »Louis Beethoven« klang eher wie der Name eines Aushilfsganoven in einem Film mit Edward G. Robinson, eines Burschen mit blassem, pockennarbigem Gesicht, einem Zwinkertick und einem Geigenkasten mit einer Thompson-Maschinenpistole drin.
    »Ey, spiel doch ma den Mondlicht-Solara-Dingens von Louie B.«, pflegte ich mit heiserer Gangsterstimme zu knurren, wenn ich ins Zimmer kam und sie gerade am Klavier saß. Dann ergriff ich die Flucht, und die Notenhefte segelten auf den Teppich.

    Jetzt aber war Feely eifrig damit beschäftigt, sich wie ein Filmstar malerisch auf dem Polstersofa zu drapieren. Daffy ließ sich seitlich in einen viel zu prall gepolsterten Lehnsessel plumpsen und die Beine über die Lehne baumeln.
    Vater schaltete den Radioapparat an und nahm kerzengerade auf einem schlichten Holzstuhl Platz. Während die Röhren warm wurden, vollführte ich einen Flickflack über den Teppich, spazierte im Handstand wieder zurück und ließ mich anschließend mit möglichst unergründlicher Miene in Buddha-Haltung im Schneidersitz nieder.
    Vater warf mir einen vernichtenden Blick zu, aber da die Sendung gerade anfing, ließ er es dabei bewenden.
    Nach einer ebenso langen wie langweiligen Einführung des Ansagers, die partout kein Ende nehmen wollte, begann endlich die Fünfte Sinfonie.
    Da-da-da-DAAAH!
    Ich schmiegte das Kinn in die Hände, stützte die Ellbogen auf die Knie und gab mich der Musik hin.
    Vater war der Auffassung, dass der Genuss von Musik für die Erziehung einer anständigen Frau von allergrößter Wichtigkeit sei. Ja, das waren seine Worte gewesen, und ich hatte unterdessen zu schätzen gelernt, dass es Musik zur Meditation, Musik zum Schreiben und Musik zur Entspannung gab.
    Mit halb geschlossenen Augen wandte ich das Gesicht dem Fenster zu. Vom Fußboden aus konnte ich erkennen, wie sich die Terrasse in den Scheiben der offen stehenden Glastür widerspiegelte, und wenn mir meine Augen keinen Streich spielten, hatte sich dort draußen etwas bewegt. Eine dunkle Gestalt war vorbeigegangen.
    Ich wagte jedoch nicht aufzuspringen. Vater bestand darauf, dass wir aufmerksam zuhörten. Selbst wenn man nur mit einer Zehe wippte, erntete man einen finsteren Blick und eine maßregelnde Geste.
    Ich beugte mich unauffällig vor und sah, dass sich ein ganz
in Schwarz gekleideter Mann auf eine Bank unter den Rosenbüschen gesetzt hatte. Er lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück und lauschte der Musik, die durch die offene Tür nach draußen schwebte. Es war Dogger.
    Dogger war Vaters rechte Hand und für ihn genauso unentbehrlich: Er war Gärtner, Chauffeur, Kammerdiener, Hausverwalter und Handlanger. Wie ich bereits an anderer Stelle ausgeführt habe, hat er alle diese Berufe zu Zeiten bei uns auf Buckshaw ausgeführt.
    Doggers Erlebnisse in der Kriegsgefangenschaft hatten etwas in ihm zerbrochen, und die Erinnerung daran wütete immer noch ab und zu wie ein wildes Tier in seinem Verstand und ließ ihn als zitterndes Wrack zurück.
    Heute Abend war er friedlich. Heute hatte er sich eigens für die Sinfonie seinen schwarzen Anzug angezogen, dazu etwas, das einmal eine Regimentskrawatte gewesen sein mochte. Auch seine Schuhe waren spiegelblank poliert. Er saß reglos auf der Bank unter den Rosen, hielt die Augen geschlossen und das Gesicht nach oben gewandt wie einer der selbstzufriedenen koptischen Heiligen, die ich von den Kunstseiten in Country Life kannte. Sein weißer Schopf wurde von der untergehenden Sonne hinter ihm geradezu überirdisch angeleuchtet. Zu wissen, dass er dort saß, empfand ich als sehr

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