Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
Vom Netzwerk:
verboten werden. Aber ich habe ihn in die Schranken gewiesen.
    ›Wenn der Zug endgültig zum Stehen gekommen ist und auf dem Schild vor dem Fenster groß und breit Doddingsley steht‹, habe ich gesagt, ›dann sind wir in Doddingsley - und keine Sekunde früher.‹«
    Unterdessen hatte es den Anschein, als hätte sich Daffys Gehirn nicht nur abgeschaltet, sondern als würde es allmählich gerinnen. Ihr rechtes Auge rollte in den Augenwinkel, während das andere den Eindruck machte, als könnte es jeden Augenblick aus der Höhle springen.
    An diesem Trick tüftelte sie schon seit Jahren: mit jedem Auge in eine andere Richtung zu schauen.
    »Ich sag nur: Basedow«, hatte sie gemeint, und ich hatte
sie angefleht, es mir beizubringen. Ich hatte so lange vor dem Spiegel geübt, bis mir fast der Schädel platzte, aber ich kriegte nie mehr hin als ein angedeutetes Schielen.
    »Gottes Wege sind wundersam«, hatte Daffy nur gesagt, als ich ihr von meinem Misserfolg berichtete.
    Allerdings. Soeben bescherte mir Gott einen geradezu wundersamen Einfall.
    »Darf ich aufstehen?«, fragte ich und schob auch schon den Stuhl zurück. »Ich habe heute Morgen vergessen zu beten. Das hole ich am besten sofort nach.«
    Daffy schaute wieder geradeaus, und ihr fiel die Kinnlade runter - ich hoffe doch mal, vor Bewunderung.
     
    Als ich die Tür aufschloss und mein Labor betrat, begrüßte mich das Leitz-Mikroskop, das einst meinem Großonkel Tar gehört hatte, mit munterem Messingglitzern. Es stand am Fenster, weil ich den Spiegel dann so einstellen konnte, dass er auch noch die letzten Sonnenstrahlen einfing und vom Objekttisch bis hoch zum Okular schickte.
    Ich schnitt ein rautenförmiges Stück von einem der Blätter ab, die ich aus dem »Geheimgarten im Gibbet Wood«, wie ich ihn inzwischen nannte, mitgebracht hatte, und legte es auf ein Glasplättchen unter der Linse.
    Dann stellte ich bei hundertfacher Vergrößerung die Schärfe ein und entdeckte praktisch auf Anhieb, wonach ich gesucht hatte: die stacheligen Zystolithen, die wie Hörner von der Blattoberfläche abstanden. Ich drehte das Blatt mithilfe einer Pinzette aus Feelys perlmutternem Manikürekästchen um. Falls ich mich nicht irrte, würde ich auf der Unterseite noch mehr der krallenähnlichen Stacheln vorfinden - und da waren sie auch schon! Wie wunderbar scharf sie unter der neugierigen Linse wurden! Ich gönnte mir die Zeit, diese starren Haare aus Kalziumkarbonat, die, wie mir einfiel, zuerst von Hugh Algernon Weddell, dem hervorragenden Botaniker und
Weltreisenden, beschrieben worden waren, gründlich zu betrachten.
    Eher aus Spaß an der Freude steckte ich das Blatt in ein Reagenzglas, in das ich sodann ein paar Tropfen verdünnter Salzsäure gab, es anschließend zukorkte und kräftig schüttelte. Als ich es ans Licht hielt, sah ich, wie sich kleine Bläschen Kohlensäure bildeten und zur Oberfläche aufstiegen, als die Säure mit dem Kalziumkarbonat der winzigen Dornen reagierte.
    Allerdings war dieser Test nicht sonderlich aufschlussreich, da Zystolithen manchmal auch bei bestimmten Nesseln vorkommen, um nur ein Beispiel zu nennen. Um meine Erkenntnis zur Gewissheit werden zu lassen, musste ich noch weitergehen.
    Ich war Onkel Tar ewig dankbar, dass er vor seinem Tod im Jahr 1928 ein lebenslanges Abonnement von Neueste Erkenntnisse und Methoden in der Chemie gezeichnet hatte, dessen Lieferungen - weil anscheinend niemand den Verlag von seinem Ableben verständigt hatte - nach wie vor jeden Monat unter der Post auf dem Tisch in der Eingangshalle lagen.
    Ganze Stapel dieser verführerischen Zeitschrift mit dem seit Jahrzehnten unverändert mitternachtsblauen Einband, lagerten in jeder Ecke meines Labors, und in einem Stapel - besser gesagt, in einer Ausgabe von 1941 - hatte ich eine Beschreibung des damals gerade entdeckten Duquenois-Levine-Tests gefunden. Jetzt wollte ich meine eigene Abwandlung dieses Verfahrens durchführen.
    Dazu benötigte ich zunächst eine kleine Menge Chloroform. Da ich die letzte verfügbare Flasche schon im März für eine misslungene Feuerwerksdarbietung auf Buckshaws Südrasen zur Feier von Joseph Priestleys Geburtstag verbraucht hatte, musste ich mir notgedrungen erst einen neuen Vorrat beschaffen.
    Ein kleiner Überfall auf Mrs Mullets Putzmittelschrank brachte mir eine Büchse chlorhaltigen Bleichpulvers ein; aus der Speisekammer besorgte ich mir eine Flasche reinen Vanilleextrakt.

    Nachdem ich wohlbehalten wieder oben im Labor

Weitere Kostenlose Bücher