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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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zehn Minuten, dann ging ich rasch zu der Stelle, an der die beiden Männer gestanden hatten. Wo die Erde von Gordons Absatz aufgewühlt war, fand ich die feuchten Reste seiner Zigarette. Ich riss von einer Pflanze ein paar Blätter ab, benutzte sie als improvisierten Topflappen und hob den Stummel auf. Dann rollte ich ihn in ein anderes Blatt ein und schob ihn tief in meine Tasche.
    Auch Rupert hatte mehrere Zigarettenstummel unter dem Busch liegen lassen. Die sammelte ich ebenfalls auf. Nach getaner Arbeit ging ich auf dem gleichen Weg, auf dem ich gekommen
war, durch den Wald zurück und den Abhang des Gibbet Hill wieder hinunter.
     
    Nialla und Rupert hockten auf ein paar verrotteten Pfählen und kühlten ihre Füße im fließenden Wasser; Dieter war nirgends zu sehen.
    »Da sind Sie ja«, rief ich munter. »Ich hab Sie schon überall gesucht.«
    Ich zog die Schuhe aus, pellte die Socken herunter und hielt ebenfalls die Füße ins Wasser. Die Sonne stand schon tief am Nachmittaghimmel. Es war wohl schon zu spät, um nach Hinley zu radeln. Bis ich dort ankam, war es bestimmt schon nach fünf und Inspektor Hewitt längst nach Hause gefahren.
    Ich musste meine Neugier bezähmen.
    Für jemanden, der eben erst mit einer spitzen Hacke bedroht worden war, war Rupert ausnehmend guter Laune. Ich sah seinen verschrumpelten Fuß wie einen bleichen kleinen Fisch direkt unter der Wasseroberfläche herumschwimmen.
    Er beugte sich vor, tauchte zwei Finger in den Fluss und schnippste spielerisch ein paar Wassertropfen in meine Richtung.
    »Du flitzt jetzt wohl besser nach Hause, isst was Ordentliches und schläfst dich noch mal richtig aus. Morgen ist unser großer Tag.«
    »Klaro«, sagte ich und stand wieder auf. »Das will ich um nichts in der Welt verpassen. Ich bin ganz versessen auf Puppentheater.«

9
    D as Abendessen ging irgendwie vorüber, die Tafel war abgeräumt. Wir saßen noch um den Tisch herum und warteten darauf, dass jemandem ein Vorwand dafür einfiel, dass endlich wieder jeder seiner eigenen Wege gehen durfte: Vater zu seinen Briefmarken, Daffy in die Bibliothek, Feely vor ihren Spiegel, Tante Felicity in eins der weit abgelegenen Gästezimmer, und ich hoch in mein Labor.
    »Und was tut sich dieser Tage in London?«, fragte Vater.
    Kaum vierzehn Tage vergingen, ohne dass er wegen der einen oder anderen Briefmarkenausstellung in die Hauptstadt fuhr, daher wusste er ganz genau, was sich in London so tat. Allerdings glichen diese Reisen streng geheimen militärischen Einsätzen. Vater hätte sich lieber vierteilen lassen, als Tante Felicity zu gestehen, dass er sich mit schöner Regelmäßigkeit in der Stadt aufhielt.
    »Sie hat immer noch alle ihre Zähne«, pflegte er zu sagen, »und sie weiß sie sehr wohl zu gebrauchen.«
    Was so viel hieß wie, meinte Feely, dass Tante Felicity immer ihren Kopf durchsetzen wolle. Daffy war der Meinung, es bedeutete, dass sie ein blutrünstiger Tyrann sei.
    »London?«, erwiderte Tante Felicity. »London ist wie immer: überall Dreck, Tauben und Clement Attlee. Es geht alles vor die Hunde. Man sollte Männer mit Netzen losschicken, um die Kinder einzufangen, die überall in Kensington herumlaufen. Und jemand müsste den Leuten mal beibringen, wie man die Kraftwerke in Battersea und Bankside betreibt. Säßen
Leute aus der richtigen Gesellschaftsschicht an den Hebeln, würde der Strom vielleicht nicht so oft ausfallen.«
    Daffy, der es wegen des Besuchs nicht erlaubt war, bei Tisch zu lesen, saß mir gegenüber und ließ ihre Augen quälend langsam aufeinander zuwandern, als hätte ihr Gehirn soeben abgeschaltet und ihre Sehnerven und Muskeln lägen in den letzten Zuckungen. Ich hätte grinsen können, aber diese Befriedigung gönnte ich ihr nicht.
    »Ich weiß auch nicht, wo das alles noch enden soll«, fuhr Tante Felicity fort. »Wenn ich an die Leute denke, die einem heutzutage so begegnen … Dieser Mann im Zug beispielsweise. Hast du ihn auf dem Bahnsteig gesehen, Flavia?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dort habe ich ihn auch nicht mehr entdeckt«, sprach sie weiter, »aber ich glaube, er hat sich gleich verdrückt, weil er Angst hatte, ich würde nach der Polizei rufen. Die ganze Zeit von London bis hierher streckte der Kerl alle paar Minuten den Kopf in mein Abteil und fragte, ob wir gleich in Doddingsley seien. Sah ohnehin ziemlich verdächtig aus, der Bursche. Lederflicken an den Ellbogen und ein buntes Tuch um den Hals, wie ein Pariser Apachentänzer. So was sollte

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