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Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag

Titel: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - Bradley, A: Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel - The Weed that strings the Hangman's Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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überreichte mir das Päckchen. »Hatte schon so ‘ne Ahnung, dass du morgen ganz früh los willst.«
     
    Der nasse Nebel hing wie ein Vorhang über den Feldern. Die Morgenluft war feucht und kühl, und ich atmete tief ein, um richtig wach zu werden, füllte Nase und Lungen mit dem würzigen Aroma fruchtbarer Erde und feuchten Grases.
    Als ich über den Friedhof von St. Tankred radelte, sah ich, dass der Vauxhall des Inspektors weg war und damit auch - wie ich vermutete - Ruperts Leiche. Nicht, dass ich angenommen hätte, die Beamten hätten ihn von Samstagabend bis Montagmorgen mit verrenkten Gliedern auf der Puppenbühne liegen lassen. Jedenfalls befand sich der Leichnam nicht mehr im Gemeindesaal, lag nicht mehr mit hervorquellenden Augen da und dem Speichelfaden im Mundwinkel, der inzwischen zu einem Spuckestalaktiten geronnen sein musste …
    Ich wäre sonst womöglich in Versuchung geraten, ihn mir noch einmal anzusehen.
    Hinter der Kirche zog ich Schuhe und Strümpfe aus und schob Gladys neben mir her durch das etwas tiefere Wasser neben den Trittsteinen. Der Regen vom Samstagabend hatte den Fluss anschwellen lassen. Die Strömung zerrte an Gladys’ Speichen und Reifen und wusch Staub und Lehm ab, die sich auf der Fahrt nach Bishop’s Lacey dort festgesetzt hatten. Als
ich das gegenüberliegende Ufer erreichte, sah Gladys’ Rahmen wieder so neu aus wie die frisch lackierte Kutsche einer feinen Dame.
    Ich spülte auch meine Füße noch einmal ordentlich ab, setzte mich auf einen Zaun und zog Strümpfe und Schuhe wieder an.
    Hier am Fluss war die Sicht sogar noch eingeschränkter als auf der Straße. Bäume und Hecken glichen bleichen Gespenstern, als ich in dem wattigen grauen Nebel, der alle Farben und Geräusche schluckte, am grasbewachsenen Flussufer entlangfuhr. Bis auf das gedämpfte Gemurmel des Wassers herrschte ringsum Stille.
    Auf dem Ablassfeld stand Ruperts Kombi einsam und verlassen unter den Weiden, die knallige Aufschrift »Porsons Puppenbühne« wirkte fehl am Platze, sowohl was den Ort als auch was die Umstände betraf. Nirgends rührte sich etwas.
    Ich legte Gladys behutsam ins Gras und schlich auf Zehenspitzen näher. Vielleicht war Nialla ja doch zurückgekehrt und schlief im Wagen. Ich wollte sie auf keinen Fall erschrecken. Da an der Windschutzscheibe jedoch kein Beschlag auszumachen war, sah ich meine Vermutung bestätigt: In dem ausgekühlten Austin atmete niemand.
    Ich spähte durch die Fenster, konnte aber nichts Auffälliges entdecken. Ich ging zur Heckklappe und zog am Griff. Die Klappe war abgeschlossen.
    Dann schritt ich in immer größer werdenden Kreisen durchs Gras und hielt nach einer erkalteten Feuerstelle Ausschau. Nichts. Das Lager war noch so, wie ich es am Samstag verlassen hatte.
    Am unteren Ende des Feldwegs hielt mich ein quer über den Weg gespanntes Band auf, an dem ein Schild hing. Ich duckte mich darunter durch und las von der anderen Seite, was darauf stand.
    Polizeiliche Ermittlungen - Zugang Verboten - Polizei Hinton

    Demnach waren Inspektor Hewitt und seine Leute doch hier gewesen. Allerdings hatten sie beim Anbringen des Hinweises nicht in Erwägung gezogen, dass jemand den angeschwollenen Fluss würde überqueren können. Trotz seines Versprechens gegenüber dem Inspektor hatte Sergeant Graves seine Lektion hinsichtlich Leuten, die gern durch die Hintertür hereinschlüpfen, nicht gelernt.
    Na schön. Da es hier ohnehin nichts zu sehen gab, wandte ich mich meinem nächsten Ziel zu. Obwohl ich vor lauter Nebel kaum etwas sehen konnte, wusste ich, dass es nicht weit bis zum Gibbet Wood war. Unter den Bäumen war es bestimmt feucht und matschig, aber ich wäre jede Wette eingegangen, dass die Polizei noch nicht dort gewesen war.
    Ich bugsierte Gladys unter dem Band durch und schob sie langsam den Feldweg hinauf, der viel zu steil zum Fahren war. Auf halbem Weg versteckte ich sie hinter einer Weißdornhecke und ging allein zwischen verschwommenen Flecken von blauen Flachsblüten weiter.
    Mit einem Mal ragten dunkle Bäume aus dem Nebel auf. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich schon so nah am Wald war.
    Jemand hatte ein verwittertes Holzschild an einen Baum genagelt. Die rote Aufschrift verkündete: ZUTRITT VERB…
    Die letzten beiden Silben waren von Wilderern weggeschossen worden.
    Wie erwartet war der Wald tropfnass und unangenehm klamm. Ich fröstelte, doch ich gab mir einen Ruck und watete durch die Vegetation. Nach nur drei Schritten durch Farn und

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