Fleckenteufel (German Edition)
kennen, und das wollen wir so schnell wie möglich ändern. Wir haben deshalb was vorbereitet, das euch im ersten Moment sicher überraschen wird.»
Er legt drei Toilettenpapierrollen vor sich auf den Boden. Was soll das denn werden. Sollen wir uns etwa gegenseitig einen vorkacken? Peinlich!
«Zunächst nimmt jeder von einer Rolle eine paar Blätter weg. Aber jeder soll nur so viel nehmen, wie er zu benötigen meint.»
Die Gruppe wird unruhig. Benötigen, wofür benötigen? Der bescheuerte Peter Behrmann flattert mit den Augenlidern und traut sich nachzufragen:
«Aber ich weiß doch vorher nicht, wie viel ich brauche!»
Peter Edam grinst: «Haben wir gesagt, wofür? Lasst mal eurer Phantasie freien Lauf.»
Hä? Bescheuert. Die meisten reißen nur drei oder vier Blatt ab, mit drei oder vier Blatt kann man nicht viel falsch machen, ich nehme nur zwei. Lediglich Schwanzandreas guckt triumphierend in die Runde und greift sich fast eine halbe Rolle, nur so zum Scheiß und weil er schocken will.
«Okay, ich blicke in fragende Gesichter», sagt Peter, «jetzt die Auflösung. Pro Blatt, das ihr genommen habt, müsst ihr etwas von euch erzählen. Wer fängt an?»
Ach so, ein Kennenlernspiel. Keiner will anfangen. Peter guckt erwartungsvoll in die Runde und zeigt schließlich auf mich:
«Dann du bitte.»
«Ich heiße Thorsten.»
Ich zerknülle ein Blatt und werfe es auf den Boden. Eine Bö erfasst das Kügelchen und schleudert es in die erbarmungslose Ostseeluft. Detlef stürzt wie ein Wahnsinniger hinterher und hebt es auf. Was ist denn mit dem los? Ein Umweltfreak. Brav, denke ich, hol ’s Stöckchen.
«Mein Alter ist sechzehn.»
Peter schaut mich auffordernd an: «Mehr nicht?»
«Nö.»
«Okay, das muss ich akzeptieren.»
Die anderen erzählen genauso öden Kram. Name, Alter, Hobbys. Einer gibt preis, dass seine Eltern sich scheiden lassen wollen. Ich habe keine Ahnung, was er uns damit sagen will, und ich will’s auch gar nicht wissen, viel zu privat. Als Letzter ist der Andreas dran. Haha, da haben sich alle schon drauf gefreut. Los, Andy, erzähl uns mal einen von zu Hause!
Das übliche schnarchlangweilige Zeug: Name. Alter. Klasse. Geschwister. Sport. Fünf Blatt von tausend.
Peter Edam tut gespannt: «Na, irgendwas wird dir doch wohl noch einfallen?»
Doch da kommt nichts mehr. Andreas ist tatsächlich noch dümmer und phantasieloser, als ich dachte. Ich hätte ihm natürlich leicht auf die Sprünge helfen können:
«Meine Rute ist mein Kapital.»
«Wo ich meinen Schwanz auspacke, da wächst kein Gras mehr.»
«Wenn ich entsaftet habe, kannst du die ganze Wohnung neu streichen.»
«Wenn ich mir die Hosen auszieh, hängen mir die Klüten bis zu den Kniekehlen.»
Usw.
Das nächste Spiel heißt Schuhhaufen. Vielleicht heißt es auch anders, aber ich nenne es so: Wir müssen uns einen Schuh ausziehen und ihn in die Mitte auf einen Haufen werfen. Jeder nimmt sich einen Schuh (natürlich nicht den eigenen!) und versucht herauszufinden, wem er gehört. Meine Güte, wir sind doch nicht im Kindergarten!
Danach das Was-wäre-wenn-Spiel. «Wenn ich im Lotto eine Million Mark gewinnen würde, dann würde ich …» Jeder muss den Satz vervollständigen. Peter sammelt die Zettel ein, mischt sie und verteilt sie neu. Jeder muss nun den Satz vorlesen, der auf seinem Zettel steht. Susanne Bohne liest den ersten Zettel vor: «Dann würde ich das Geld an Kinder in Afrika spenden.» Der drahtige Dirk Kessler gut gelaunt: «Ein Drittel spende ich für Brot für die Welt, ein Drittel schenke ich meinen Eltern, und ein Drittel lege ich für später zurück.» Was sind das denn nur für elende Spießer hier? Der Zettel gehört bestimmt zum Namenlosen. Ich erwische zufällig meinen eigenen: «Das Geld würde ich Sylvester Stallone schenken unter der Bedingung, dass ich in seinem neuen Film mitspielen darf.» Ich finde Sylvester Stallone total geil, geiler geht’s nicht. Er hat den Film Rocky gegen alle Widerstände selbst geschrieben, er hat produziert, er hat Regie geführt und sogar die Hauptrolle übernommen. Ein solches Meisterstück hat vor ihm noch keiner hinbekommen, soweit ich weiß. Es gab noch nie jemanden, der den Oscar so verdient hat wie Sylvester Stallone. Wenn ich ihm mal zufällig begegnen und er irgendwo hinspucken würde, würde ich seine Rotze vom Boden kratzen und aufbewahren. So bin ich drauf.
Die Gruppe denkt, der Satz käme von Detlef. Typisch.
Bimmel bimmel. Um halb zwölf wird der
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