Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
ich gar nicht“, widersprach Heinrich sofort. „Ich hatte nur das eine, auf dem Johann jetzt unterwegs ist. Diese beiden stehen hier schon seit gestern. Als ich vorhin hier vorbeigekommen bin, habe ich sie gesehen.“ Heinrich deutete auf den edel wirkenden Rappen. „Das ist Johanns Hengst. Ausgeruht und voller Tatendrang. Aber nun, es scheint, als sei sein Herr auf meinem müden Pferd unterwegs, während wir uns über frische Tiere freuen können.“ Er deutete auf den Braunen. „Dies ist Huguberts. Wohin auch immer der verschwunden ist, er hat sein Pferd zurückgelassen. Oder das, was man als Pferd bezeichnen mag.“ Er trat einen Schritt zurück und betrachtete das Tier argwöhnisch. „Alt und klapprig. Aber zumindest vollgefressen und ausgeruht. Bis Ernberg sollte der es schon noch schaffen. Willst du Hengst oder Klepper?“
Na, das waren ja Aussichten! Matthias, noch nie ein begnadeter Reiter gewesen, deutete auf den Braunen. Sollte besser Heinrich auf einem ausgeruhten Hengst reiten. Unbeholfen schwang er sich auf den Pferderücken.
Solange der Weg so steil abfiel, konnten sie ihre Reittiere nur im Schritt gehen lassen. Matthias spürte das starke Zurückhalten des Pferdes, wenn es vorsichtig Huf vor Huf setzte. Es jetzt anzutreiben, wäre selbstmörderisch.
Schließlich hatten sie das Tal dennoch erreicht und kamen schneller voran. Schweigend trabten und galoppierten sie, Heinrich auf dem stolzen Rappen voraus.
Die Burg kam in Sicht. Matthias fühlte sich gebeutelt. Dort würde er Mila finden, aber dort waren auch Meinhard und Johann. Ehrenberg war gefährlich, und wenn nicht Mila gewesen wäre, er hätte einen großen Bogen darum gemacht. So jedoch zog ihn sein Herz hin, auch wenn er den Moment fürchtete, dort anzulangen.
„Haaalt!“
Heinrichs Pferd hielt abrupt. Gut, dass Matthias' Klepper ohnedies nicht allzu schnell gewesen war.
Erst jetzt kam er dazu, nach dem Grund des plötzlichen Stopps Ausschau zu halten.
Welcher an einem Bach lagerte, ein zwar schaumbedecktes, jedoch ruhig grasendes Pferd neben sich.
„Herr?“ Heinrich war schon bei Johann angelangt, glitt elegant vom Pferd und neigte den Kopf. „Was ist mit Euch?“
„Was soll schon sein?“, schoss Johann aggressiv zurück. „Das Pferd – es lahmt.“
Sofort ging Heinrich zu seinem Tier, bückte sich, hob jeden einzelnen Huf, fuhr besorgt mit dem Finger hinein. Während Matthias die Szene auf sich wirken ließ. Johann, inzwischen ebenfalls vom Staub der Höhle reingewaschen, saß da wie ein um Haltung bemühtes, edles Häufchen Mittelalterelend. Mit immer noch deutlich geschwollener Nase.
Was wurde eigentlich jetzt aus ihm? Konnte es nicht sein, dass der große Meinhard, der ja nun wahrhaftig keinen Mangel an legitimen Nachkommen hatte, Johann nur deswegen so besonders behandelt hatte, weil er dessen Mutter liebte? Und dass er jetzt, wo die nicht mehr lebte – den edlen Junker davonjagen würde? Dementsprechend war es nicht verwunderlich, dass dieser es offenbar gar nicht so eilig hatte, seinem Vater unter die Augen zu kommen. Fast hätte er Matthias leidgetan.
„Herr, die Beine sind in Ordnung.“ Heinrich hatte die Untersuchung beendet und trat wieder vor Johann. „Das Tier scheint lediglich sehr erschöpft.“
„Na, meinetwegen.“ Johann rappelte sich auf. „Gut, dass du mein Pferd mitgebracht hast.“
Matthias verschlug es die Sprache. Dieser Mistkerl tat so, als hätte Heinrich lediglich dafür gesorgt, dass er sein ausgeruhtes Pferd wieder bekäme.
Er räusperte sich vernehmlich.
Was Johanns Aufmerksamkeit prompt auf ihn lenkte.
„Der Gefangene“, sagte er nur und neigte seinen Kopf leicht. „Gut gemacht, Heinrich.“
Am liebsten wäre Matthias vom Pferd gesprungen, um diesem Junker-Schnösel noch eine zu verpassen. Auf die Nase.
Mila versuchte gar nicht erst, sich gegen Meinhards Wachen zu wehren. Die beiden schleiften sie ohne jedwede Rücksicht die Treppe hinunter, durch den Wohntrakt der Junkersleute, bis ins vordere Treppenhaus.
Die ganze Zeit war Helene dicht hinter Mila. Und auch wenn sie bestimmt nicht vorhatte, Mila aus Ernberg wegzulassen, so konnte die doch sicher sein, dass Helene ihren angeblichen Einfluss auf Meinhard dazu nutzen würde, wenigstens Milas Leben zu retten. Und sie somit für sich selbst zu erhalten.
Mit einem gezielten Stoß wurde Mila hinaus auf den Burghof befördert, der wie leergefegt in der Sonne lag. Das war ein schlechtes Zeichen, oder? Dass, wie es
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