Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
schüttelte den Kopf. In dessen Revier würde er nicht mit Lida ... „Lass uns ein Stück wegfahren.“
Lida nickte und ging, als könnte sie Matthias' unausgesprochenem Gedankengang folgen, augenblicklich auf seinen Wagen zu.
Eilig folgte er. „Wo würdest du sonst gern spazieren gehen?“ Rasch öffnete er ihr und versuchte, sich auf dem Weg zur Fahrertür die beste Antwort für ihre Frage zu überlegen, die gleich folgen würde: 'Warum bist du gekommen, was willst du von mir?'
Er saß schon, den Zündschlüssel vor dem Schloss in der Luft – als er in Ermangelung einer besseren Strategie entschied, ganz unumwunden offen zu sein.
„Ich muss dir sagen, dass ...“ Ja, was nun? Dass du die Hauptfigur in meinem Buch bist, weil ich auf diese Weise unsere Trennung verarbeitet habe? Nein, so offen konnte er das nicht!
Er stach den Schlüssel ins Schloss und startete mit einem abrupten Dreh den Motor. „Ich habe endlich meinen Roman auf die Reihe bekommen.“ Es konnte nicht schaden, mit etwas Positivem zu beginnen.
„Ja, das habe ich schon von Wolfgang gehört“, erzählte Lida eifrig. „Ich wollte nur nicht nerven mit Nachfragen, für den Fall, dass du ...“
„Dass ich – was?“
„Na, du wirst doch bestimmt von allen gefragt, ob du schon einen Verlag hast. Und ich weiß ja, dass das nicht so einfach ist.“ Sie war lieb. Immer so achtsam, um andere bemüht.
Matthias kurvte – durchaus etwas zu schwungvoll – durch das Gewirr kleiner Anliegerstraßen, die das Viertel hier in der Nähe des Starnberger Sees zu einem der teuersten der ganzen Gegend machten.
„Mein alter Verleger will mich rausbringen“, erklärte er, als er an der roten Ampel vor der Hauptstraße notgedrungen stoppte. „Links oder rechts?“
„Wirklich? Das ist ja wundervoll!“ Ganz euphorisch drehte Lida sich ihm zu. „Also ich wusste ja, dass er immer große Stücke auf dich gehalten hat. Oh, das freut mich wirklich, Matthias. – Links“, schlug sie dann vor, weil die Ampel gerade auf gelb sprang.
Okay, das fing ja ganz gut an. Matthias folgte ihrer Wegweisung und beschleunigte zügig. Wie sie allerdings jetzt reagieren würde, wenn er ihr eröffnete, was er auf dem Herzen hatte?
„Du wirst uns doch alle verfremden, damit man uns nicht erkennt, oder?“, ließ ihn unwillkürlich abbremsen. Hastig kuppelte er, blickte in den Rückspiegel – so konnte er so tun, als hätte er vorgehabt, die Spur zu wechseln.
„Wolfgang“, wandelte er seine Überraschung in eine einigermaßen intelligente Schlussfolgerung um.
„Ich habe ihn so lange gelöchert, bis er mir zumindest die groben Fakten erzählt hat“, nahm sie ihren gemeinsamen Freund in Schutz.
„Was hat er dir denn gesagt?“ Es war gut, dass der Verkehr so viel hergab, worauf er sich konzentrieren musste. Am besten sorgte er dafür, dass sich die Fahrt auf die gesamte Dauer dieses Gespräches ausdehnen würde.
„Dass du“, an dieser Stelle zögerte auch sie, vorgebend, sich mit ihm zu vergewissern, ob die Lücke auf der Überholspur groß genug sei, „dass du Elias' Tod in einen Roman verpackt hast. Und dass wir alle irgendwie darin vorkommen. Mehr nicht.“ Letzteres rasch nachgesetzt, in abschließendem Tonfall.
Und damit war seine Mission ja auch eigentlich erfüllt, oder? „Klar doch, Namen und spezielle Einzelheiten habe ich natürlich verändert“, beeilte er sich zu versichern. „Niemand wird uns erkennen, also ...“, abgesehen von unseren Freunden und Bekannten und Iven. Iven verdammt! Aber diese weiterführenden Konsequenzen könnte er doch auch dann klären, wenn die Flederzeit tatsächlich in die Buchläden käme. Für den Moment wusste Lida alles, was sie wissen musste.
Matthias wollte gerade endgültig aufatmen, als Lidas leise Stimme ihn wiederum in Alarmbereitschaft versetzte. „Ich wollte dir schon die ganze Zeit sagen, dass ich es großartig finde.“
„Was?“ Verblüfft schnellte sein Blick zu ihr hinüber.
Ihre Nasenspitze zeigte abwärts, auf ihre Knie. Die sie in diesem Moment mit Kraft aneinander presste. Weil sie unsicher war. Wie genau er sie noch immer kannte!
„Auf welch fruchtbare Art du mit deiner Trauer umgegangen bist. Dass du sie in einen Roman verwandeln konntest, den du doch schon Zeit deines Lebens schreiben wolltest. Du hast es geschafft, Matthias – und zwar auf eine ganz persönliche und ... wahnsinnig schöne Weise.“
Ihr Lächeln, das er aus ihren Worten heraushörte, obwohl er seine Augen strikt auf das
Weitere Kostenlose Bücher