Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
auch in dieser Zeit, in Milas Leben ... Aber das ist vorbei, Mattis, glaub mir. Ich will Johann nicht mehr, ich will, dass du zurückkehrst. Dass du in genau diesem Augenblick in der Höhle nach den Fledermäusen suchst und dann, gerade, wenn ich dort ankomme ...
Naja. Jetzt war es womöglich umgekehrt. Und er schon lange wieder mit Lida zusammen. Glücklich mit ihr. Sie neu schwanger. Während Mila hier vergeblich auf ihn wartete.
Zwei Dreiecksgeschichten , dachte sie und schritt rascher aus. Und zwei Doppelgängerpaare . Mit Mattis in der Mitte. Zwischen zwei Frauen, die sich anscheinend zum Verwechseln ähneln.
Sie hatte keine blasse Ahnung, was es damit auf sich hatte. Warum war sie dieser Lida ähnlich? Was hatten Iven und Johann miteinander zu tun?
Und wäre ich nicht doch nur ein Ersatz für Lida, weil ich zufällig so aussehe wie sie?
'Du bist nicht Lida', erlöste sie seine Stimme in ihrem Kopf. Und sein angstvoll gedrängtes: 'Willstduesdenn?'
ICH WILL DICH, schrie es in ihr. Ich will, dass du kommst. Jetzt. Ich will dich finden.
Gegenwart – September 2012
Drei zähneknirschende Tage später musste Matthias sich eingestehen: Mit den Fledermäusen verhielt es sich wie mit dem Schreiben. Es war, als hätte sich alles gegen ihn verschworen. Und zu allem Überdruss wurden schon wieder die Vorräte knapp, die er doch eigentlich in die Vergangenheit hatte mitnehmen wollen. Er würde also einen Tag pausieren und einkaufen gehen müssen. Außerdem duschen und die Klamotten waschen.
Unwillig hastete er gen Tal.
Brot, Dauerwurst, Getränkedosen, löslicher Kaffee, ein paar Konserven für abends, lauter haltbare Sachen. Matthias verstaute seine Einkäufe im Rucksack. Ungesund, aber immerhin höhlentauglich. Gut, oder vielmehr nicht gut, aber er würde sich ja nicht dauerhaft davon ernähren.
Gangolf!
Plötzlich hatte er seinen jungen Freund aus dem Mittelalter deutlich vor Augen. Er selbst hatte Gangolf den Tipp gegeben, sich gesund zu ernähren, um nicht binnen kürzester Zeit bei den armseligen Kreaturen im Bettelhof zu landen. Doch auch die beste Ernährung würde ihm dieses Schicksal nicht ersparen können. Weil es im Mittelalter eben kein Mittel gegen Lepra gab. In der Gegenwart allerdings schon.
Eine Idee fing an, in Matthias Gestalt anzunehmen. Lepra war, soweit er wusste, bakteriell bedingt und damit behandelbar. Wenn er also Wolfgang bitten würde ... Nur wie sollte er dem klarmachen, wofür er Lepra-Medizin brauchte? Er konnte doch kaum erzählen, dass er plante, in die Vergangenheit, in die Flederzeit zu reisen. Um sie zu erleben, statt sie zu schreiben.
Naja, vielleicht sollte er sich erst einmal ein wenig informieren, ehe er sich weiterführende Gedanken machte. Womöglich wirkte, was gegen Lepra half, auch bei anderen Krankheiten, die weniger verfänglich waren. Dann würde er bei Wolfgang so tun können, als benötigte er sie selbst, und sich ein Rezept zufaxen lassen. Also auf ins Internetcafé!
Wenig später ließ sich Matthias, einen Cappuccino neben sich, an einem der Computerbildschirme nieder. Es konnte nicht schaden, wenn er sich zunächst einen allgemeinen Überblick verschaffte, oder? Wenn er gut informiert war, konnte er auch Ilya und Mila schützen. Zumindest ein bisschen. Auf jeden Fall werde ich auch für sie Medikamente mitbringen , nahm er sich vor.
„Krankheiten im Mittelalter“, tippte er in die Suchmaschine – und klickte den vielversprechendsten Link an. Die liebevoll gestaltete Website eines offensichtlich Geschichtsbegeisterten erschien.
'Neben den noch immer üblichen waren damals einige Krankheiten verbreitet, die heute zumindest in Deutschland ausgerottet sind: Fleckfieber, Cholera, Ruhr, Antoniusfeuer, Lepra – Pest!
Oh Mann, daran hatte er ja noch überhaupt nicht gedacht. Hastig öffnete er ein weiteres Browserfenster, tippte 'Pest in Tirol' ein und klickte sich voran. Ah, da stand es. „Die erste große Pestwelle, die Europa nach 1347 heimsuchte, kam Mitte des vierzehnten Jahrhunderts auch nach Tirol.“
Mila und Ilya lebten im Jahr 1293. Nur etwas mehr als fünfzig Jahre trennten sie also von der Pest. Aber würden sie die eigentlich noch erleben? Wie hoch war denn die Lebenserwartung zu ihrer Zeit? Naja, Ilya oder zumindest seine Nachkommen würde auf jeden Fall noch da sein. Matthias würde ihn also warnen, dass er sich, wenn es soweit war, so weit wie möglich von sämtlichen Menschenansammlungen fernhielt. Ansonsten waren
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