Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
Mila und er vorläufig vor der Pest sicher, ein Glück.
So, was war Fleckfieber? Da war bestimmt Wikipedia das Effektivste. Ach so, das war nur ein anderer Name für Typhus, der war ihm natürlich ein Begriff. Er scrollte runter. Behandlung? Ein Antibiotikum, sehr gut.
Weiter im Text. Ruhr und Cholera? Das waren Magen-Darm-Infekte, so viel wusste er. Behandlung? Okay, da schien es nicht so einfach zu sein. Immunabwehr stärken, Flüssigkeitszufuhr ... Hygienemaßnahmen zur Vorbeugung. Das stimmte, da lag die Ursache der Epidemien, dagegen konnte er also etwas tun.
Antoniusfeuer – das hatte er noch nie gehört. Die Bilder dahinsiechender, mit Geschwüren übersäter Leiber, die den Artikel ergänzten, hätte er lieber nicht gesehen. Oh, aber es war lediglich eine Vergiftung? Durch den Mutterkornpilz. Er beugte sich vor, um die Bilder der befallenen Roggenähren zu betrachten. Überflog die Ursachen – ungenügend abgelagertes Getreide, das war ja wohl zu vermeiden. Da kamen die Symptome – gruselig. Doch sie verschwanden, sobald man den Giftstoff nicht mehr zu sich nahm.
Zumindest, wenn die Vergiftung nicht zu weit fortgeschritten war. Denn dann konnten die Kranken durch irreversible Gefäßverengungen Extremitäten verlieren oder Thrombosen, Schlaganfälle und Herzinfarkte erleiden.
Was wollte man mehr? Matthias grinste den Bildschirm einen Moment lang bitterböse an, ehe er weiterlas.
Oh, interessant war, dass die Heiler des Mittelalters den Stoff auch gezielt einsetzten: zur Abtreibung nämlich. Daher auch der Name, Mutterkorn. Ob Tante Käthe ihn auch in ihrem Repertoire hatte?
Und was war das da unten? 'Mutterkorn und LSD' – na, super, das interessierte ihn jetzt wirklich nicht.
Matthias schloss das Fenster und wandte sich dem Grund seines Kommens zu: der Lepra. Auch hierzu gab es einen ausführlichen Wikipediaartikel.
Bakterium Mycobacterium leprae, las er, sei für die chronische Infektionskrankheit zuständig.
Bakterium – klang gut. Also würden auch hier Antibiotika helfen, genau wie er gehofft hatte.
Immer eiliger las er weiter. Inkubationszeit, Übertragung, Tröpfcheninfektion ... ah da: 'Heutzutage ist Lepra außerhalb der Entwicklungsländer aufgrund der guten Behandlungsmöglichkeiten weitgehend ausgerottet.'
Na, hatte er es nicht gewusst? Ein Anruf bei Wolfgang, und er wäre in der Lage, Gangolf zu behandeln.
Er wollte Wikipedia bereits schließen, als es ihm in die Augen sprang: 'Nur eine genaue Diagnose kann die Erscheinungsform und Erkrankungsstatus abklären. Dazu wird ein Lepromintest durchgeführt. Heilungsaussicht besteht in noch nicht allzu weit fortgeschrittenem Stadium nur, wenn eine monate- bis jahrelange Kombinationstherapie angewandt wird.' Mit Schaudern las er die Liste der dafür benötigten Medikamente. Es waren Mengen. Seine Phantasie war nicht recht in der Lage, sich die Berge an Tabletten vorzustellen. Oh Gott!
Ihm war kreuzelend, als er sein Handy zückte, um Wolfgang anzurufen. Den er bei dieser Gelegenheit wenigstens um ein Rezept für Asthmaspray bitten konnte.
Ohne Medikamente gegen Lepra, dafür ausgestattet mit einer kleinen Apotheke gegen gängige Erkrankungen und mit reichlich schwerem Herzen, machte er sich schließlich auf den Rückweg. So bitter es war, aber er würde Gangolf nicht helfen können.
Auch ansonsten blieb alles so unerquicklich, wie es gewesen war. Die Höhle zeigte sich weiterhin fledermausleer und seine Vorräte futterte Matthias notgedrungen selbst. Alle drei Tage marschierte er ins Tal, kaufte ein und ging ins Schwimmbad zum Duschen. Was damit verbunden war, dass er seine Hoffnung aufschieben musste, noch am selben Tag zu Mila und Ilya gelangen zu können. Immerhin kehrte er dann gestärkt und mit neuen Schätzen im Rucksack in die Höhle zurück. Heute hatte er zu dem bereits vor einigen Tagen besorgten Lutscher zusätzlich noch Luftballons und Straßenkreide für Ilya eingepackt. Außerdem hatte er einfach gewagt, ein buntes Blümchenkleid für Mila zu kaufen. Bloß ein Zusatzangebot eines Kaffeeanbieters, aber das war ihr doch bestimmt egal.
Voller neuer Hoffnung machte er sich wieder daran zu suchen. Und zu warten.
Inzwischen kannte er sich in dem Höhlensystem sehr gut aus, hatte weitere kleine Durchgänge und Öffnungen entdeckt, die dahinterliegenden Räume erforscht. Um sich die Zeit zu vertreiben, er konnte nicht immerzu auf der Suche nach weiteren Höhlen herumkriechen, hatte er begonnen, einen Lageplan zu
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