Flehende Leidenschaft
man sich möglichst effektvoll rächen kann. Mit den Fingern und Zehen fängt er an, und er wird dir ein langsames, sehr schmerzhaftes Ende bereiten.« Voller Genugtuung sah sie ihn erbleichen. »Ich hoffe, du stöberst einen tüchtigen Arzt auf.«
Da Godfrey kein Risiko eingehen wollte, forderte er seine Tochter auf, die Nachricht nach Three Kings abzuschicken, bevor Johnnie aus dem Wagen geholt wurde.
Unter seiner Aufsicht saß sie am Schreibtisch des Doktors und schrieb einen kurzen Brief an den Hauptmann, mit der Anweisung, dem Boten ihres Vaters zwölftausend Guineen auszuhändigen.
»Lady Elizabeth«, lautete die Unterschrift, ein zuvor mit Redmond vereinbartes Zeichen, das er als Hilferuf erkennen würde.
Da einige Carre-Gefolgsmänner nach Three Kings geritten waren, würde Redmond über Johnnies und Elizabeths Flucht informiert sein. Doch er konnte noch nicht wissen, daß es ihnen mißlungen war, Schottland zu verlassen. Sobald er die Nachricht erhielt, würde er die nötigen Schritte gegen den Feind seiner Herrin unternehmen.
Glücklicherweise kam Johnnie nicht zu sich, während der Arzt die grausigen Wunden reinigte, aber er stöhnte trotzdem vor Schmerzen. Elizabeth hielt seine Hand fest, unbewußt erwiderte er den Druck ihrer Finger. Beinahe hätte sie geweint. Doch sie durfte vor ihrem grausamen Vater keine Schwäche zeigen. Schließlich legte der Doktor Umschläge mit Heilsalbe auf das offene Fleisch. Im Wagen wurde ein bequemes Lager aus Heu und Wolldecken hergerichtet.
»Nun müssen Sie Mohnsaft trinken, Mylord«, erklärte der Arzt, und sein Patient schien die Worte zu verstehen, denn er schluckte die Medizin.
Sobald das Laudanum Johnnies Atemzüge verlangsamte und die Schmerzen linderte, ließ Elizabeth ihn in die Kutsche bringen. Die winterliche Kälte hatte die Blutung zum Stillstand gebracht und würde in den zehn Stunden, ehe sie Edinburgh erreichten, das Fieber senken. Von einem Soldaten bewacht, setzte sie sich neben ihren Mann. Während der langen Fahrt rührte er sich kaum, und als sie in der Stadt ankamen, wurden sie sofort getrennt.
Elizabeths Gefängnis war etwas komfortabler als Johnnies Quartier – ein Verlies im Edinburgh Castle. Nachdem sie ein Zimmer in Queensberrys Haus beim Canongate bezogen hatte, erfuhr sie von ihrer Wärterin – Christiane Dunbar, einer Nichte des Herzogs –, vor ihrer Zeugenaussage dürfe sie mit niemandem Verbindung aufnehmen. Noch strenger wurde das Verlies im alten Schloß bewacht, und es war immer noch zweifelhaft, ob Johnnie bis zum Beginn des Prozesses am Leben bleiben würde.
Am Abend nach der Ankunft wurde Harold Godfrey in Queensberrys Suite bestellt und mußte sich bittere Vorwürfe anhören, weil er seine persönlichen Rachegelüste befriedigt und möglicherweise die Konfiszierung eines der reichsten schottischen Besitztümer vereitelt hatte.
Wütend wanderte der Herzog in seinem getäfelten Arbeitszimmer umher. »Wenn Sie in Zukunft Ihre niedrigen Instinkte ausleben wollen, lassen Sie Ihre Soldaten auspeitschen. Mir ist es egal, wie viele Sie töten. Aber wenn es um bedeutsame Gefangene geht, müssen Sie sich zurückhalten. Sollte Ravensby sterben, bevor er rechtmäßig verurteilt werden kann, müßte ich auf sein Eigentum verzichten. Das würden Sie mir bitter büßen. Wie ich außerdem erfahren habe, wird Ihre Tochter die erforderliche Zeugenaussage verweigern, wenn Lord Carre die Konsequenzen der Folterung nicht überlebt. Sie verdammter Narr! Sicher, vielleicht brauchen wir die Aussage nicht, aber sie würde nicht schaden.«
»Beruhigen Sie sich«, erwiderte der Earl von Brusisson, »es besteht kein Grund zur Sorge. Ravensby wird am Leben bleiben. Immerhin bin ich erfahren genug, um zu wissen, wann ich eine Peitschenstrafe beenden muß.«
»Hoffentlich behalten Sie recht.«
»Bedenken Sie doch, James! Hätte ich ihn so beharrlich verfolgt, läge er jetzt nicht im Verlies.« Harold Godfrey lehnte sich in seinem bequemen Sessel zurück und musterte den Herzog geringschätzig. »Gönnen Sie mir doch ein kleines Vergnügen.«
»Falls unser Angeklagter stirbt, dürfte Sie das wohl kaum amüsieren. Womöglich würde die Öffentlichkeit behaupten, wir hätten ihn getötet. Alles muß mit rechten Dingen zugehen, wenigstens zum Schein. Und ich möchte Ravensbys Besitz unter ganz legalen Umständen übernehmen. Allein schon die Bibliothek wird ein Vermögen einbringen.«
»Die können Sie gern haben. Seine Zuchtpferde interessieren mich
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