Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
Aussage um ausgemachtes Seemannsgarn handelte, oder eben nicht. Insgeheim glaubte er jedoch nicht mehr daran. Denn irgendetwas an der Art, wie der Mann erzählt hatte, sagte ihm, dass seine Worte der Wahrheit entsprachen. Und es war eine schreckliche Wahrheit, dachte England. Es war eine Tat, auf die zweifelsohne die Todesstrafe stand.
„Kommen Sie bitte mit , Sir“, sagte er schließlich zu dem alten Mann und half ihm auf die Beine, „ich glaube, die Handschellen kann ich mir in Ihrem Fall sparen.“
2.
Die Arbeit war hart.
Gleichzeitig war sie auch gut, um den Kopf freizubekommen. Denn zweihundert Meilen nördlich des Polarkreises gab es nicht viel, was einen Mann ablenken konnte. Entweder er stürzte sich in die Arbeit und sch uftete 16 Stunden am Tag auf einem der vereisten Ölfelder – oder aber er gab sich der Hoffnung hin, dass ihm der Fusel dabei helfen würde, seiner Erinnerung zu entkommen.
Auch wenn es ihm anfangs nicht gerade leicht gefallen war, so hatte sich Peter dennoch für die Arbeit entschieden.
Nach einer langen Anlaufphase...
Nur dass er nicht mehr Peter hieß.
Special Agent Peter Morgan, der funkelnde Stern am FBI-Himmel, war tot . Es gab zwar keine Leiche und auch keinen Verdächtigen – doch in Ermittlerkreisen ging man inzwischen vom Schlimmsten aus. Es gab viele Vermutungen und noch mehr Gerüchte darüber, was wahrscheinlich mit ihm passiert war.
Und sie alle hatten ein es gemeinsam:
Ganz egal, wie man die Geschichte auch drehte und wendete – alle waren sich absolut einig darüber, dass Peter Morgan schon längst tot war.
Mausetot und irgendwo in einem flachen Grab in der Wüste New Mexicos verscharrt...
Und das war auch gut so, dachte Marcus Johnson. Marcus Johnson – Peter mochte den neuen Namen, der auf seiner Versicherungskarte stand. Und noch mehr mochte er ihn auf den Schecks der Ölfirma, die wöchentlich eintrudelten.
Nach all den Schrecken, die er in diesem Provinznest in New Mexico durchgemacht hatte, gefiel ihm sein neues Leben. Es war ein einfach und er wusste, woran er war.
Mehr brauchte er nicht. Es war alles, wonach er sich sehnte:
Beständigkeit und Klarheit...
Außerdem war es in Alaska nicht gerade schwierig, bedeckt zu bleiben. Denn immerhin war es ein Land der Ausgestoßenen und der Glücksritter. Er war von Männern umgeben, von denen die meisten vor irgendetwas davongelaufen waren. Männern , die den üblichen Konventionen längst abgeschworen hatten und dem Leben seither misstrauisch und argwöhnisch gegenüberstanden.
Ja, genau das war Alaska, dachte Peter hin und wieder, - es war eine Strafkolonie der einsamen Seelen.
Jeder wusste das, doch niemand sprach darüber. Es war eine heilige Übereinkunft des Schweigens, die dort den Ton angab. Es war die Omerta des kleinen Mannes, dem die Probleme irgendwann über den Kopf gewachsen waren und der sich deswegen einfach aus dem Staub gemacht hatte.
Und das wiederum, dachte Peter , war auch noch so eine Sache, die ihm ausgesprochen gut gefiel:
Denn solange er seinen Job richtig machte, brauchte ihn nichts weiter zu kümmern.
Absolut nichts...
Er musste weder einem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen, noch versuchen, jemanden davon zu überzeugen, dass er immer noch bei klarem Verstand war und sich nichts von alledem eingebildet hatte, was in Plain Rock passiert war.
Wenn er nach all den Geschehnissen nicht gleich untergetaucht wäre, dachte er manchmal, dann würde er inzwischen wahrscheinlich einen weißen Pullover tragen, dessen Ärmel jeweils an den gegenüberliegenden Schultern festgenäht waren. Außerdem würde er kleine bunte Pillen schlucken und Nacht für Nacht schreiend aus seinen Alpträumen hochschrecken.
Zugegeben , dachte er, das mit den Träumen war auch in Alaska nicht wirklich besser. Sein Verstand hatte noch immer nicht all den Wahnsinn verdaut, dessen Zeuge er geworden war. Es kam daher nicht gerade selten vor, dass ihn seine Ängste vollends übermannten. Vor allem nachts. Dann konnte er wieder den dunklen Sog des Terrors spüren, der kurzzeitig seinen Verstand umwehte, während all die schrecklichen Erinnerungen darin erneut zum Leben erwachten.
Glühend rote Augen, die durch die Dunkelheit glitten...
Doch abgesehen davon, dachte Peter, war er frei.
Frei, zu tun und zu lassen, was auch immer er wollte. Außerdem – und das war zweifelsohne am wichtigsten - war er am Leben. Und das wiederum war etwas, was man von seinem ehemaligen Vorgesetzten, Edgar
Weitere Kostenlose Bücher