Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
stehen. Teddy ließ das offene Portal für keine Sekunde aus den Augen.
„Vampire, hm?“, sagte er und befreite sich gleichzeitig von dem Taschentuch, das er sich kurz zuvor über Mund und Nase gebunden hatte.
„Ich denke schon“, sagte Andy, „oder haben Sie eine andere Theorie, Mister Barnes?“
„Ich will dir sagen, was ich habe“, sagte Teddy, „eine verdammte Scheißangst habe ich. Angst davor, dass ich vielleicht verrückt geworden bin und mir den ganzen Scheiß hier nur einbilde.“
„Glauben Sie das wirklich?“
Teddy blickte Andy wieder tief in die Augen und erkannte erneut diesen tief traurigen Ausdruck darin, der den Jungen um Jahrzehnte älter aussehen ließ, als er in Wirklichkeit war. Ein Ausdruck, der dafür sorgte, dass er trotz seiner kindlichen Gesichtszüge beinahe so aussah wie der Mann, der er eines Tages vielleicht werden würde.
Bis vor einer Stunde, dachte Teddy, hatte er diesen Ausdruck noch als Beweis dafür gesehen, dass der Junge nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte . Doch in diesem Augenblick, da er selbst Zeuge des Wahnsinns geworden war, der in dieser gottverdammten Stadt herrschte, wusste er Andys Blick besser zu deuten. Es war der müde und mutlose Blick eines verängstigten Kindes, das diesem ganzen Schrecken womöglich tagelang alleine standgehalten hatte. Eines Kindes...
...falls seine Geschichte wirklich stimmte...
...das gezwungen gewesen war, die eigene Mutter zu erschießen, um sein Leben zu retten.
In diesem Augenblick fühlte sich Teddy auf eine ganz eigentümliche Art und Weise mit Andy verbunden. Er wusste das Gefühl anfangs nicht richtig zu deuten, ahnte aber, dass es Mitleid war, das er für den Jungen empfand.
Der arme Kerl, dachte Teddy, hatte womöglich Dinge gesehen und Ängste ausgestanden, die weit über den Schrecken hinausgingen, den er soeben erlebt hatte.
Bestimmt...
„Glauben Sie das wirklich?“, fragte Andy ein weiteres Mal. Doch Teddy antworte nicht. Stattdessen trat er einen Schritt an ihn heran und legte ihm den Arm auf die Schulter. Eine Umarmung, dachte Teddy, wäre zu viel des Guten gewesen. Zum einen, weil er nur noch einen gesunden Arm hatte , und zum anderen, weil ein Junge in Andys Alter diese simple Geste vielleicht falsch gedeutet hätte. Denn in der Welt eines Elfjährigen war eine Umarmung etwas, das man sich nur für die eigene Mutter oder dieses eine – ganz besondere - Mädchen – aufhob.
Daher schien Teddy ein leichtes Schulterklopfen zwischen Männern das richtige Mittel, um Andy ein bisschen Trost zu spenden. Bestimmt, dachte Teddy, immerhin hatte auch er einen Jungen großgezogen u nd wusste daher über die Riten Bescheid, die eiserne Ketten der Freundschaft zwischen zwei Männern zu schmieden vermochten. Und ein solcher Ritus, dachte Teddy, war das gegenseitige Schulterklopfen von Zeit zu Zeit.
Wahrscheinlich sogar der Beste...
„Nein“, sagte Teddy schließlich, „ich glaube nicht, dass ich verrückt bin. Aber du wirst zugeben müssen, dass es eine verdammt verrückte Situation ist, in der wir uns befinden.“
„Allerdings, Sir.“
„Ted“, sagte Teddy, „du kannst ruhig Ted zu mir sagen, mein Junge. Mich haben bei den Marines schon so viele Leute mit SIR angesprochen, dass ich eine Zeitlang beinahe gedacht hätte, ich wäre ein britischer Lord.“
Andy erwiderte seine Worte mit einem breiten Grinsen. Für einen Sekundenbruchteil wich die dunkle Beklemmung aus seinem Mienenspiel und gewährte Teddy einen kurzen Blick auf den Jungen, der sich dahinter verbarg.
Für einen kurzen Augenblick schien alles wieder in Ordnung zu sein.
Doch diese Ruhe war trügerisch.
Denn Ärger war im Anmarsch.
Großer Ärger.
27.
„Können Sie ungestört sprechen?“ , fragte Davis.
Peter warf einen kurzen Blick zu Ginsberg, der noch immer über den Laptop gebeugt dasaß. Auf den ersten Blick schien er darin vertieft irgendwelche Zahlenkolonnen zu analysieren. Trotzdem ließ sich Peter davon nicht darüber hinwegtäuschen, dass sein neuer Partner direkt neben ihm saß und jedes Wort hörte, das er von sich gab. Er wollte nicht riskieren, dass Ginsberg erfuhr, dass er Erkundigungen über ihn einholte wie über einen gewöhnlichen Taschendieb.
Deswegen regulierte er die Lautstärke seines Mobiletelefons so weit herab, dass er Davis selbst gerade noch hören konnte. Dadurch wollte er verhindern, dass Ginsberg etwas von ihrem Gespräch mitbekam.
Anschließend sagte er:
„ NEIN , das zuständige
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