Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
dass die Erinnerung an diese Vorkommnisse hässliche Narben in Amandas Seele hinterlassen wird. Ich bete dafür, dass sie sich davon erholt.
Bitte lieber Gott.
28. November
Nachtrag zum 16. November:
Ich habe die Leichen der beiden Männer nach draußen geschafft (im Fieberwahn und am Ende meiner Kräfte; doch ich konnte ihrem Anblick nicht ertragen!). K eine fünfzig Meter von der Hütte entfernt, habe ich sie in den Schnee gelegt und darauf gehofft, dass die Natur ihr Werk verrichtet. Und das hat sie auch. Noch in der gleichen Nacht ist ein Rudel Wölfe über sie hergefallen. Ich habe gehört, wie sie knurr t en un d sich um die besten Stücke riss en. Es muss ein g roßes Rudel gewesen sein. Denn a m nächsten Tag war von dem älteren Mann nur noch ein Gerippe übrig und von dem jüngeren fehlte absolut jede Spur. Sogar die Köpfe waren verschwunden. Ich weiß, dass man sie nie finden wird. Die Wölfe lassen nichts übrig. Doch ich muss aufpassen, jetzt da sie sich die Bäuche mit Menschenfleisch voll geschlagen haben, darf ich nicht mehr unbewaffnet nach draußen gehen. Ich habe immer die Maschinenpistole von einem der beiden Männer bei mir. Sie ist leicht und liegt gut in der Hand. Und das ist auch gut so, denn ich kann mein en Arm noch immer kaum bewegen.
01. Dezember
Ich behandle Amanda mit dem Wildrosenöl, das John mir gegeben hat. Ich weiß nicht, ob es was bringt, aber ich will auf Nummer sicher gehen. Ich mische es i hr ein paar Tropfen ins Essen , ohne dass sie etwas davon merkt. Zumindest glaube ich, dass sie nichts merkt (macht das überhaupt einen Unterschied?). Inzwischen weiß ich auch, was an jenem Tag passiert ist, als ich sie im Krankenhaus besucht habe. Damals , als sie sich verwandelt hat, nachdem ich ihr mit der Hand über die Stirn gestrichen hatte. John hatte wahrscheinlich etwas von dem Öl an seinen Händen – nein – ich bin mir sicher, dass es so gewesen sein MUSS ! Denn jener Geruch, den ich am Flughafen bei ihm wahrgenommen hatte, ist der gleiche, wie der des Wildrosenöls. Durch unseren Handschlag hat er es auf mich übertragen. D ieses winzige Quäntchen hatte ausgereicht, um Amanda bei direktem Hautkontakt in den Wahnsinn zu treiben und mir die Finger zu verbrennen. Diese gesamte Geschichte ist so verworren und abstrus, dass ich mich manchmal selbst frage, wie viel von dem wirklich vorgefallen ist. Insgeheim ahne ich, dass es mir vielleicht nie gelingen wird, die ganze Wahrheit zu erfahren.
03. Dezember
Heute war ich das erste Mal auf der Jagd. Auf der Anhöhe hinter der Hütte, etwa zwei Meilen entfernt, habe ich einen Hirsch geschossen. Danach habe ich ihn gleich an Ort und Stelle ausgenommen – genau so, w ie Daddy es mir beigebracht hat . Als ich neben dem blutigen Kadaver kniete, überkam mich plötzlich das unbeschreiblich starke Verlangen, meine Zähne in das rohe Fleisch zu schlagen . Der Anblick, der Geruch, die dampfende Wärme seiner Innereien...all das brachte mich beinahe um den Verstand. Ich wollte mich ausstrecken und in Blut des Hirsches wälzen und schwöre bei Gott, dass ich es beinahe getan hätte. Seither mische ich das Wildrosenöl auch in mein Essen. Nur um auf Nummer sicher zu gehen. Schließlich hat George mich gebissen! Zwar nur ein einziges Mal, doch ich glaube, dass selbst das ausreicht, um zumindest eine kleine Veränderung zu bewirken. Ich habe schreckliche Angst. Und dann sind da noch diese Träume. Diese schrecklichen Alpträume...
05. Dezember
Ich habe das Schlafzimmer für Amanda geräumt. Ich schlafe immer im „Wo hnzimmer“ der Hütte, auf einem i mprovisierten Lager gleich neben dem Kamin. Die ganze Nacht liegt das Gewehr griffbereit neben mir. Manchmal, wenn der Wind um die Hütte schleicht, kommt es mir so vor, als ginge ein Flüstern durch den Raum. Es hört sich an, wie eine zischende Stimme, die nach mir ruft. Stundenlang liege ich wach da und starre auf die Tür. M eist , wenn es draußen schon dämmert, übermannt mich die Müdigkeit. Doch auch der Schlaf verschafft mir keine Linderung: Ich sehe diabolische Fratzen, die tief in den Wäldern um ein riesiges Feuer tanzen. Sie blecken die Zähne und durchbohren mich mit ihren Blicken. Ihre Leiber sind kaum mehr als Schatten, die mir vor den Augen flirren, wie die Spiegelungen am Ende einer langen Straße im Sommer. Einer von ihnen ist George , da bin ich mir sicher . Sein Antlitz ist in Blut gebadet und er knurrt immer wieder die gleichen
Weitere Kostenlose Bücher