Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
dem Boden lag. Seine Waffe lag neben ihm auf dem Boden, die Mündung war auf Bishop gerichtet.
„Ist er noch am Leben?“ , rief Whitman.
Bishop wusste es nicht. Er beugte sich zu Jones hinab, packte ihn am Kragen und drehte ihn auf den Rücken. Erst dann erkannte er das Ausmaß seiner Verletzung:
Seine Stirn war komplett eingedrückt und sah beinahe so aus, wie ein aufgeschlitzter Basketball. Knochensplitter und Gehirnmasse ragten aus der Delle hervor. Knapp darunter baumelte sein linkes Auge , an Nerven und Blutgefäßen hängend, aus dem Sch ädel.
Für den kann ich nichts mehr tun, dachte Bishop u nd wollte sich gerade abwenden. Doch im gleichen Augenblick er klang Jones‘ Stimme . Sie war kaum mehr als ein Flüstern.
„Hilfe.“
Bishop fuhr herum und blickte auf den Boden hinab. Jones ‘ intaktes Auge war aufgerissen und starrte ihn an. Dann folgte dem ersten Wort ein Z weites.
„ Bitte! “
Jones starrte ihn immer noch an. Das Auge weit aufgerissen, der Körper geschunden und verdreht. Bishop erwiderte den Blick, während er überlegte. Er wusste, dass für Jones bereits jede Hilfe zu spät kam. Auch wenn in diesem Augenblick ein Arzt samt Ausrüstung an Ort und Stelle gewesen wäre, hätte er wahrscheinlich nichts mehr für ihn tun können. Zumindest nicht mehr, als ihm die Hand zu halten und darauf zu warten, dass es mit ihm zu Ende ging. Was zum Teufel konnte er dann überhaupt noch machen, dachte er.
Der Augenblick hing in der Luft, die eine Schneeflocke bei Tauwetter. Währenddessen blickten sich d ie beiden Männer direkt an. Die Sekunden verstrichen.
Dann endlich hatte Bishop eine Entscheidung getroffen. Er neut beugte er sich zu Jones hinab.
„Jonsey, hörst du mich?“
„Ja. Bitte. Hilfe“, seufzte Jones. Ein Schwall Blut schoss ihm aus dem Mund und erstickte für einen Augenblick seine Stimme.
„Kannst du deinen rechten Arm bewegen, mein Freund?“, fragte Bishop. Das s er den linken Arm mit Sicherheit nicht bewegen konnte, hatte Bishop bereits auf den ersten Blick gesehen. Der Arm war an mehreren Stellen gebrochen und stand in einem unnatürlichen Winkel vom Körper ab.
„Ja, d enke schon“, sagte Jones.
So als wollte er es gleich unter Beweis stellen, bew egte Jones seinen Arm ein stück weit, hob ihn schließlich und wollte nach Bishop greifen. Es war eine schmerzerfüllte Geste. A ber Bishop vermutete, dass es dennoch für das ausreichen würde, was er vorhatte.
„Hilfe“, sagte Jones ein letztes Mal. Er ballte den erhobenen Arm zur Faust, dann öffnete er ihn wieder.
„Hilf dir selbst“, sagte Bishop.
Dann nahm er die Pistole , die neben Jones in der Einfahrt gelegen hatte , und drückte sie ihm in die Hand . Er bedachte ihn mit einem letzten Blick, dann wandte er sich ab und lief zurück zum Wagen.
„Hilfe. Bitte“, rief Jones. Seine Stimme war nur noch ein Schluchzen. Immer und immer wieder wiederholte er diese flehende Litanei, die aus lose zusamme n gewürfelten Wörtern bestand :
„Bitte, Boss. Hilfe. Bitte, bitte, bitte.“
Doch Bishop ließ sich davon nicht beirren . Er kehrte zum Wagen zurück, stieg ein und schlug die Türe hinter sich zu . Whitman saß auf dem Fahrersitz und hatte den Motor bereits angelassen.
„ Ich glaube der ist hinüber “, sagte Bishop.
„ Wie schlimm ist es?“, fragte Whitman und trat langsam auf das Gaspedal. Der Wagen setzte sich gurgelnd in Bewegung.
„War nichts mehr zu machen“, sagte Bishop.
„Ist er tot?“
Hinter ihnen auf der Einfahrt erklang ein einziger Schuss . Danach kehrte wieder Ruhe ein .
„ Jetzt ist er tot“, sagte Bishop.
43.
Claire sah die Welt, wie durch einen dichten Nebel. Kugeln pfiffen ihr um die Ohren, Querschläger zischten durch den Wagen und Glassplitter prasselten auf sie herab, wie ein scharfkantiger Regenguss.
Immer wieder zuckte sie zusammen und wartete darauf, dass irgendwo in ihrem Körper ein rasender Schmerz entbrannte. Ein Schmerz, der ihr sagte, dass sie getroffen war. Es war nur eine Frage der Zeit, dachte sie, bis sie eine der Kugeln traf und ihr das Rückgrat ze rschmetterte oder die Lunge zerfetzte .
Als die ersten Schüsse erklungen waren , hatte sie sich nach vorne gebeugt und ihren Kopf zwischen den Knien vergraben. Sie hatte sich tief in den Sitz gedrückt und die Zähne zusammen gebissen.
Dennoch glaubte sie nicht, dass es ihr helfen würde, heil aus dieser Situation zu kommen. Die Gewissheit des bevorstehenden Todes war so stark, dass sich ihr Herz vor
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