Fleisch und Blut
Brille waren seine Augen blutunterlaufen und wirkten resigniert, und als sie meinen begegneten, wurden die Pupillen größer.
Ich lächelte. Er wandte sich ab.
Milo sagte: »Schöne Strecke. Malerisch.«
Dugger sagte: »Kommen Sie rein« und ließ uns in ein in gebrochenem Weiß gestrichenes Vorzimmer eintreten, das mit cremefarbenen Segeltuchstühlen und Tischen, auf denen sich Zeitschriften stapelten, möbliert war; an den Wänden hingen Fotos vom Meer in verschiedenen Farbschattierungen. Eine nicht näher gekennzeichnete Tür an der hinteren Wand führte uns in einen größeren Raum, der leer und still war, mit einer weißen Tür an jeder Wand. Die zur Linken stand offen und gab den Blick in ein sehr kleines, babyblaues Zimmer frei, in dem ein schmales Bett mit einer Amish-Steppdecke und ein einfacher Nachttisch aus Kiefernholz standen. Bücherstapel auf dem Nachttisch neben einer Tasse und einer Brille. Dugger ging weiter nach rechts, aber Milo blieb stehen, um in das babyblaue Zimmer zu schauen.
Dugger hielt inne und zog eine Augenbraue hoch.
Milo zeigte in das blaue Zimmer. »Sie haben ein Bett dort drin. Schlafforschung?«
Dugger lächelte. »Nichts derart Exotisches. Es ist ein echtes Schlafzimmer. Meins. Ich schlafe hier, wenn es zu spät ist, um zurück nach L. A. zu fahren. Dies war auch meine Bleibe, bis ich umgezogen bin.«
»Das ganze Haus?«
»Nur dieses Zimmer.«
»Ziemlich gemütlich.«
»Sie meinen klein?«, sagte Dugger, immer noch lächelnd. »Ich brauche nicht viel. Es hat gereicht.« Er ging hinüber zu einer verschlossenen Tür und zog einen Schlüsselbund hervor. Zwei Sicherheitsschlösser, ein Schild mit der Aufschrift PRIVAT. Er hatte das erste Schloss geöffnet, als Milo fragte: »Wie lang ist es her, dass Sie nach L. A. gezogen sind?«
Die Schlüssel wurden gesenkt. Dugger holte tief Luft.
»Diese ganzen Fragen zu meiner Person. Ich dachte, hier geht es um Laurens Tätigkeit.«
»Ich mache bloß Konversation, Doktor. Tut mir Leid, falls Ihnen das unangenehm ist.«
Duggers Lippen verzogen sich nach oben, und sein langes, ernstes Gesicht brachte es fertig, ein tiefes, kaum hörbares Lachen von sich zu geben. »Nein, ist schon gut. Ich bin vor zwei Jahren umgezogen.«
»War Newport zu ruhig?«
Dugger warf mir einen Blick zu. Wieder lächelte ich, und wieder wandte er die Augen rasch ab. »Ganz und gar nicht. Newport gefällt mir sehr gut. Aber es ergaben sich bestimmte Dinge, und ich musste häufiger in L. A. sein, und deshalb habe ich das Büro in Brentwood aufgemacht. Es ist noch nicht richtig in Betrieb genommen. Wenn es so weit ist, muss ich dieses hier vielleicht schließen.«
»Warum das?«
»Aus Kostengründen. Wir sind eine kleine Firma.«
»Ah«, sagte Milo. »Es ergaben sich bestimmte Dinge.«
»Ja«, sagte Dugger und öffnete das zweite Schloss. »Kommen Sie, ich möchte Ihnen meine Mitarbeiter vorstellen.«
Auf der anderen Seite der Tür lag ein helles Großraumbüro, das in einzelne Arbeitsbereiche unterteilt war. Die übliche Nüchternheit in gebrochenem Weiß, Computer, Drucker und Bücherregale, Topfpflanzen und niedliche Kalender, Stofftiere auf Regalen, Fliedergeruch aus der Dose, Sheryl Crow aus einem Kassettenrecorder über dem Trinkwasserbehälter.
Vier Frauen standen neben dem Wasserbehälter, alle vage attraktiv und von Mitte zwanzig bis Mitte dreißig. Jede von ihnen trug eine Variante von Pullover-und-Hose, und es wirkte wie eine Uniform. Dugger ratterte Namen herunter: Jilda Thornburgh, Sally Patrino, Katie Weissenborn, Ann Buyler. Die ersten drei waren Forschungsassistentinnen. Buyler, die Sekretärin, hatte Laurens Arbeitsunterlagen bereits zur Hand.
Milo blätterte sie durch und begann die Frauen zu befragen. Ja, sie erinnerten sich an Lauren. Nein, sie kannten sie nicht gut und hatten keine Ahnung, wer ihr etwas hätte antun wollen. Das Wort pünktlich kam häufiger zur Sprache. Während sie mit Milo redeten, achtete ich auf Anzeichen dafür, dass sie weniger sagten, als sie wussten, und erblickte nur das Unbehagen, das man von rechtschaffenen Leuten erwartet, die mit einem Mord konfrontiert werden. Ben Dugger hatte sich in ein Kabuff zurückgezogen, das von einem großen, gerahmten Zooverbands-Poster - Koalas, niedlich und knuddelig - dominiert wurde, und kehrte uns den Rücken zu.
Von Zeit zu Zeit schaute eine der Frauen zu ihm hinüber, als suche sie Unterstützung bei ihm.
Die Frauen.
Er umgab sich mit Frauen.
Der Apfel fällt
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