Fleisch und Blut
mein Leben, stimmt's? Warum sollte ich immer auf Leute hören, die mir sagen, was ich tun soll?«
»Wer sagt Ihnen, was Sie tun sollen? Anita und Kent?«
Sie hob das Kreuzworträtsel auf, kniff die Augen zusammen, als sie darauf schaute, blinzelte. »Diese Buchstaben sind winzig, ich muss mir wahrscheinlich neue Kontaktlinsen verschreiben lassen ... Wissen Sie, ich glaube, das Pony-Wort könnte ›cayuse‹ sein. Es hat ein Y, und ich glaube mich an so ein indianisches Wort aus Arizona zu erinnern, Cayuse-Ponys, was auch immer. Sehen Sie sich's an - was meinen Sie?«
Sie beugte sich vor, wobei sich ihr Busen auf den Tisch legte, und schob die Zeitung zu mir hin.
»Wissen Sie«, sagte ich, »ich glaube, Sie haben Recht - ausgezeichnet.«
Ein breites Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als ich die weißen Felder ausfüllte, und einen Moment lang sah sie sehr jung aus.
»Sie müssen klug sein, wenn Sie die lösen können. Vielleicht sollte ich auch damit anfangen«, sagte sie. »Um meinen Verstand zu trainieren. Mir ist oft langweilig - es gibt nicht viel zu tun.«
»Bei Ihnen auf dem Anwesen?«
»Ich weiß, ich weiß, jeder hält es für ein Paradies, worüber beschwere ich mich eigentlich? Aber glauben Sie mir, es ist langweilig. Man kann Tennis spielen, aber ich hasse Tennis wegen der Sonne, und wie viele Bahnen kann man schwimmen, wie oft kann man mit dieser Standseilbahn fahren, rauf und runter, rauf und runter, und aufs Meer starren? Sogar Tonys Zoo - er hat diese seltenen Ziegen und ein paar Affen und anderes Zeug, aber es stinkt und macht Krach, und ich mag keine Tiere. Sogar die Kinder finden es langweilig. Wenn sie auf sind und rumlaufen, halten sie mich ziemlich auf Trab, aber wenn sie schlafen, so wie jetzt... Ich will sie in die Vorschule schicken, aber bis jetzt hat es nicht geklappt.«
»Warum nicht?«
»So viele Kleinigkeiten«, sagte sie. »Die richtige Schule finden, den Transport organisieren. Für die entsprechende Sicherheit sorgen.«
»Sicherheit?«, sagte ich. »Einen Bodyguard beispielsweise?«
»Zumindest eine Einrichtung, wo sie bestimmt sicher aufgehoben sind. Es gibt eine Menge Filmstars in Malibu, und sie schicken ihre Kinder in die Vorschule, aber wir wollen besonders vorsichtig sein.«
»Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen?«
»Vielleicht kann ich sie Ihnen nicht beantworten.«
»Das ist nur recht und billig«, sagte ich. »Wenn Sie seit einem Jahr geschieden sind, warum wohnen Sie dann noch dort?«
»Na ja«, sagte sie, »das ist noch eine lange Geschichte.« Ihre Hand ruhte auf meiner. »Ich möchte mich immer noch bei Ihnen bedanken. Dafür, dass Sie da waren, wissen Sie? Baxter kann zwar schwimmen, aber er hätte in Schwierigkeiten sein können. Ich wollte vor Anita keine große Sache daraus machen, deshalb habe ich noch einen Grund, Ihnen zu danken - weil Sie nichts gesagt haben.«
»Kein Problem.«
»Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?«, fragte sie.
»Das ist unterschiedlich. Ich habe etwas Geld angelegt.«
»Ooh«, sagte sie. »Das klingt ja reich. Ich wette, Sie sind nicht so reich wie Tony.«
»Da widerspreche ich Ihnen nicht.«
Ihre Hand tastete sich meinen Arm hoch, kitzelte meine Brust, berührte meine Lippen und zog sich zurück.
»Warum ich da noch wohne«, sagte sie. »Nun ja ... nach der Scheidung hatte ich mein eigenes Haus. Oben in den Bergen in Los Feliz, ein richtig cooles Haus. Tony hat es mir besorgt, wegen des Tors und wegen der Sicherheit - es war wirklich bombensicher. Oder wenigstens dachten wir das. Tony wollte das Beste für mich.«
»Klingt nach einer einvernehmlichen Scheidung.«
»Er war süß ... Jedenfalls waren ich und die Kinder in diesem wunderbaren alten Haus in Los Feliz - jede Menge Land, all diese ausgefallenen Kleinigkeiten, dieses gigantische Badezimmer mit Blick auf die Berge. Und so nahe bei Hollywood, dass ich eines Tages die Kinder zum Egyptian Theatre mitgenommen habe, um mir mit ihnen Das große Krabbeln anzusehen - es war cool, sie hatten nebenan diese Begleitausstellung über Käfer und so, Computerspiele, Spielzeug, Baxter und Sage sind durchgedreht. Danach sind wir zum Abendessen gegangen, zum Nachtisch gab's Eis, und es war spät, als wir nach Hause kamen, und Sage war bereits auf meiner Schulter eingeschlafen, und Bax war kurz davor einzunicken. Jedenfalls drehe ich den Schlüssel um, und wir gehen ins Haus, und anstatt uns mit lautem Gebell zu begrüßen, wie sie das immer tat, liegt Bingles
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