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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Woche verschwunden, Mary Lou. Die Polizei kann nicht viel unternehmen, und ihre Mutter ist völlig aus dem Häuschen.«
    »O nein ... aber jetzt ist vorlesungsfreie Zeit. Studenten fahren schon mal weg.«
    »Sie hat weder ihrer Mutter noch ihrem Mitbewohner etwas gesagt, außer dass sie auch während der Ferien hierher kommt, wegen eines Forschungsprojekts. Also ist sie vielleicht deswegen irgendwohin gefahren. Zu einer Konferenz oder wegen einer Art Feldforschung.«
    »Sie hat ihrer Mom nichts gesagt?«
    »Kein Wort.«
    Sie ging zu einer Wand mit Aktenschränken auf der anderen Seite des Raums. Dasselbe goldene Beige. Das Ergebnis eines Experiments, das jemand zur Farbwahrnehmung durchgeführt hatte? Ein fünf Zentimeter dicker Computerausdruck kam zum Vorschein, den sie auf einen Schreibtisch legte und durchblätterte. »Wie heißt sie?«
    »Lauren Teague.«
    Sie suchte, schüttelte den Kopf. »Niemand mit diesem Namen ist bei der Personalabteilung unter einem staatlich geförderten Projekt registriert - sehen wir mal bei privaten Stiftungen nach.« Wieder wurde geblättert. Sie blickte mit demselben sorgenvollen Gesichtsausdruck hoch, den ich bei ihrem ersten Besuch in meinem Büro an ihr gesehen hatte. Die Standesrichtlinien der Psychologen untersagen einen Handel mit Patienten. Ich hatte etwas mit ihr getauscht und fragte mich, ob ich eine Grenze überschritten hatte.
    »Nichts.«
    »Vielleicht liegt ein Missverständnis vor«, sagte ich. »Vielen Dank.«
    Sie legte einen Zeigefinger an die Lippen. »Einen Augenblick - wenn es sich nicht um eine Ganztagsbeschäftigung handelt, stellen die Professoren ihre Assistenten manchmal über eine dieser Zeitarbeitsfirmen ein. Auf diese Weise müssen sie keine Sozialbeiträge entrichten.«
    Ein anderer Wandschrank, ein anderer Ausdruck. »Nichts, keine Lauren Teague. Sieht nicht so aus, als wenn sie hier arbeiten würde, Dr. Delaware. Sind Sie sicher, dass es sich um eine Studie im Fach Psychologie handelt? Einige der anderen Fachbereiche haben ebenfalls verhaltenswissenschaftliche Stipendien - Soziologie, Biologie?«
    »Ich habe angenommen, es wäre Psychologie, aber Sie könnten Recht haben«, erwiderte ich.
    »Lassen Sie mich noch mit dem Verwaltungsgebäude telefonieren. Mal sehen, was die in ihren Unterlagen haben.« Ein Seitenblick auf die Wanduhr. »Vielleicht erwische ich noch jemanden.«
    »Ich bin Ihnen wirklich dankbar, Mary Lou.«
    »Das ist nicht nötig«, sagte sie, während sie die Nummer wählte. »Ich bin eine Mom.«
    Nirgendwo auf dem Campus fand sich Laurens Name im Zusammenhang mit einem Forschungsprojekt. Mary Lou machte einen verlegenen Eindruck - ein ehrlicher Mensch, der sich mit einer Lüge konfrontiert sieht.
    »Aber«, sagte sie, »sie ist hier immatrikuliert. Studentin im Hauptfach Psychologie, sie kommt vom Santa Monica College. Ich sag Ihnen was - ich ziehe mir mal unsere Abschrift ihrer Studienunterlagen. Ihre Noten kann ich Ihnen nicht geben, aber ich werde Ihnen sagen, bei welchen Professoren sie Seminare belegt hat. Manchmal wissen die etwas.«
    »Vielen Dank.«
    »Hey«, sagte sie, »wir sind noch lange nicht gleichauf, was Danksagungen betrifft ... Okay, hier wären wir. Im letzten Quartal hat sie das volle Programm absolviert - vier Psychologiekurse: Einführung in die Lerntheorie bei Professor Hall, Wahrnehmungspsychologie bei Professor de Maartens, Entwicklung bei Ronninger, Einführung Sozialpsychologie bei Dalby.«
    »Gene Dalby?«
    »Ja.«
    »Wir waren Kommilitonen«, erklärte ich. »Ich wusste nicht, dass er aus der klinischen Praxis zur theoretischen Sozialpsychologie übergegangen ist.«
    »Vor ein paar Jahren hat er eine volle Stelle übernommen. Ein guter Mann, einer der weniger Aufgeblasenen. Auch wenn er einen Jaguar fährt.« Ihre Augen wurden groß, und sie tat so, als schlüge sie sich aufs Handgelenk. »Vergessen Sie, dass ich das gesagt habe.« Sie wollte die Abschrift wieder in die Schublade zurücklegen.
    »Lauren hat ihrer Mutter gesagt, sie hätte lauter Einsen bekommen.«
    »Wie gesagt, Dr. Delaware, Noten sind vertraulich.« Ihre Augen senkten sich auf das Papier. Sie lächelte. »Aber wenn ich ihre Mutter wäre, wäre ich stolz. Bei einem so klugen Mädchen gibt es sicher eine vernünftige Erklärung. Ich schreibe Ihnen eben die Namen der Professoren auf. Ronninger hat einen Forschungsurlaub, aber die anderen unterrichten das ganze Jahr. Ich bezweifle, dass sie um diese Zeit noch hier sind, aber viel

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