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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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junge Frau wich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Musik hämmerte weiter, und ich hielt nach den Lautsprechern Ausschau und entdeckte sie schließlich: kleine weiße, in den Ecken angebrachte Scheiben.
    Milos Abzeichen kam zum Vorschein. Es schien sie eher zu beruhigen als zu schockieren. »Und die Pointe lautet...?«, fragte sie.
    »Ist Gretchen Stengel hier?«
    Sie machte eine gelangweilte Armbewegung. »Ich sehe sie nicht.«
    Milo griff nach dem Eisengestell und nahm einen schwarzen Hosenanzug in die Hand. »Couture mit einer Vergangenheit, hmm?«
    Die Frau verzog keine Miene.
    Er untersuchte das Etikett. »Lagerfeld ... Was für eine Vergangenheit hat das hier?«
    »Es war vor zwei Jahren bei der Oscar-Verleihung.«
    »Tatsächlich. Hat es gewonnen und eine Rede gehalten, sich bei den kleinen Leuten bedankt?«
    Die junge Frau schnaubte.
    »Also, wo ist Gretchen?«
    »Wenn Sie mir Ihren Namen geben, sag ich ihr, dass Sie hier waren.«
    »Mensch, vielen Dank. Und Sie sind ...«
    »Stanwyck.«
    »Stanwyck. Und weiter?«
    »Bloß Stanwyck.«
    »Ah«, sagte Milo. Er ließ den Ärmel fallen, sah sie an und machte eine dieser Bewegungen, die ihn größer wirken lassen, als man es für möglich hält. »Wollen die nicht den vollständigen Namen wissen, wenn sie einen in ihre Kartei aufnehmen?«
    Die Lippen der jungen Frau strafften sich zu einer kleinen rosa Knospe. »Gibt es sonst noch etwas, womit ich Ihnen behilflich sein kann?«
    »Wo ist Gretchen?«
    »Beim Mittagessen.«
    »Ein spätes Mittagessen.«
    »Offenbar.«
    »Wo?«
    Stanwyck zögerte.
    »Komm schon, Stan«, sagte Milo. »Sonst erzähl ich's Ollie.«
    In ihren Augen spiegelte sich Verwirrung. »Ich führe nicht ihren Terminkalender.«
    »Aber Sie wissen, wo sie ist.«
    »Ich werde dafür bezahlt, hier zu sein, das ist alles.«
    »Stan, Stan.« Milo zog auffällig Luft durch die Nase ein. »Warum machen Sie die Sache so kompliziert?«
    »Gretchen mag keine Aufmerksamkeit.«
    »Nun ja, das kann ich verstehen. Aber der Ruhm ist wie ein Hund mit einem unberechenbaren Temperament. Man füttert ihn, glaubt, man habe ihn unter Kontrolle, aber manchmal beißt er einen trotzdem. Wo zum Teufel ist sie also jetzt?«
    »Ein paar Häuser weiter.« Sie nannte den Namen des Schickeria-Lokals.
    Er wandte sich zum Gehen.
    »Sagen Sie ihr nicht, dass ich es Ihnen gesagt habe«, bat Stanwyck.
    »Ehrenwort«, erwiderte Milo.
    »Na klar«, sagte sie. »Und Sie haben einen Porsche und ein Haus am Strand und werden nicht in meinem Mund kommen.«
     
    Wir gingen an den Ferraris vorbei, einige Backsteinstufen hoch und durch ein niedriges Tor zur vorderen Terrasse, auf der sich die Köpfe derjenigen, die sehen und gesehen werden wollten, nach uns umdrehten. Jede Menge Besorgnis und Pferdeschwänze an Köpfen, die sie nicht verdienten, große weiße Teller, die mit kleinen grünen Speisen dekoriert waren. Manche Gäste extrem modisch gekleidet; auch wenn einige schlechter angezogen waren als Milo. Aber sie hatten viel mehr Geld dafür ausgegeben, und jeder erkannte den Unterschied. Die Oberkellner waren zwei Bohnenstangen in weißen Jacketts und schwarzen T-Shirts, die beide zu beschäftigt waren, um uns aufzuhalten. Aber einer von ihnen bemerkte doch, dass wir den inneren Speisesaal betraten, der sich hinten an die Terrasse anschloss.
    Der Raum war niedrig und dunkel, von einer billigen Eleganz und so laut wie ein Kraftwerk. Als wir zwischen den Tischen hindurchgingen, hörte ich, wie ein Mann in einem 500-Dollar-Hawaiihemd einen Kellner drängte: »Erzählen Sie mir von den Krabbentörtchen.«
    Gretchen Stengel saß an einem Tisch in der Ecke einer gepflegten jungen Frau mit blauschwarzer Haut gegenüber. Eine blaue Literflasche esoterisches Wasser stand zwischen ihnen. Die Schwarze stocherte in einem Salat herum, und Gretchen ließ einen Flusskrebs auf einem Zahnstocher kreisen.
    Die Westside-Madame zu erkennen war kein Problem; drei Jahre zuvor war sie monatelang Stoff für die Abendnachrichten gewesen, und von ein paar Fältchen im Gesicht abgesehen hatte sie sich nicht sehr verändert.
    Eingefallene Wangen, säuerlich verzogener Mund, strähnige braune Haare, magerer Oberkörper, aber unterhalb der Taille breit gebaut. Ein unbeholfener, watschelnder Gang, als ihre Anwälte sie zum Gericht und wieder hinaus schafften. Braune Augen, die gekränkt dreinblickten, wenn sie nicht von dunklen Gläsern abgeschirmt waren. Heute war die Brille an ihrem Platz -

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