Fleisch
Seine Blicke flitztenhin und her, flogen kurz über ihr Gesicht, bevor sie wieder weitereilten. „Er sagte, es würde mir noch leidtun, dass ich überlebt habe.“
Sie wünschte, sie hätte Lucy nach den Nebenwirkungen von Salvia gefragt. Konnte es Flashbacks geben? Im Krankenhaus hatten sie sicher eine gründliche toxikologische Diagnose durchgeführt. Warum hatte sie nicht daran gedacht, ihnen von dem Salvia zu erzählen? Würde sich dies als ein weiterer verhängnisvoller Fehler erweisen?
„Dawson, du musst mit mir reden! Ich will dir helfen, aber dazu musst du mir sagen, was gestern geschehen ist.“
„Geht nicht. Habe ich Johnny versprochen.“ Er bemerkte, dass ihm etwas herausgerutscht war, was er besser nicht gesagt hätte, und sah sie an. Ob es ihr aufgefallen war?
Bevor er einen Rückzieher machen konnte, sagte sie: „Johnny ist tot, Dawson.“
Er starrte sie an, als warte er auf die Pointe eines Witzes.
„Johnny ist nicht tot. Ich habe ihn heute Vormittag noch gesehen.“
„Er war hier?“
„Exakt. Sie meinen Kyle und Lucas. Ich weiß, dass sie tot sind.“
„Ja. Und Johnny ebenfalls. Wir haben ihn heute Nachmittag gefunden.“ Sie hielt inne. Erst mal sacken lassen. „Es scheint, als habe er eine Überdosis von irgendetwas genommen.“
Sie unterbrach sein Schweigen nicht. Sie war sich nicht sicher, was sie zu erwarten hatte. Wie verhielten Teenager sich, wenn sie hörten, dass ein Freund gestorben war? Er bildete sich schon jemanden ein, der nach Flussschlamm und Vanille roch. Was für eine seltsame Kombination.
„Wie geht es Amanda?“ In seinem Blick lag Sorge.
„War sie seine Freundin?“
Er runzelte die Stirn, als müsse er darüber nachdenken. Wahrscheinlich war sein Verstand noch etwas benebelt. Dann sagte er: „Ja, schätze schon.“
„Es geht ihr gut.“ Maggie forschte nach einer Reaktion. Hatte er sich in Amanda verguckt? Fragte er deswegen?
Sein Blick schoss wieder zur Tür, kehrte zu Maggies Gesicht zurück und flog wieder zur Tür. Dann ließ er sich zurücksinken.
„Ich kann es nicht glauben, dass Johnny tot ist.“
Zu Maggies Erstaunen schien ihn die Nachricht vom Tod seines Freundes zu beruhigen, wenn auch nur wenig. Er legte sich auf den Kissen zurecht. Fuhr sich mit seiner freien Hand durchs Haar. In seiner anderen steckte noch der Zugang für den Tropf, über den er an eine Maschine angeschlossen war. Seine Augen kamen zur Ruhe.
„Ist deine Mutter oder dein Vater nicht hier?“ Maggie schaute sich im Raum um. Sie sah weder Jacken noch Zeitschriften. Keine Geldbörse oder Tasche. Keine leeren Kaffeebecher oder Limodosen.
„Mein Dad kommt nach der Arbeit.“
„Und deine Mutter?“
„Meine Mom habe ich schon lange nicht mehr gesehen.“ Er sagte es völlig neutral, nicht traurig oder wütend.
„Das tut mir leid“, sagte Maggie automatisch und hätte sich dann am liebsten eine Ohrfeige gegeben. Sie konnte es auch nicht ausstehen, wenn sich jemand nach ihrem Vater erkundigte und sie sagte, er sei gestorben, als sie zwölf war, und sie erwiderten genauso automatisch, dass es ihnen leidtue. „Eine schwache Antwort“, sagte sie. „Aber es tut mir wirklich leid, dass du allein sein musst.“
Er bemerkte den Kuchen und schaute zu ihr auf. „Ist der für mich?“
„Ja. Aus der Cafeteria.“
Er nahm den Teller und die Gabel und begann, sich Stücke in den Mund zu schaufeln. Auf einmal sah er wieder wie ein normaler Jugendlicher aus.
„Sie kommen nicht von hier.“
„Merkt man mir das so an?“
Er zuckte nur die Schultern und aß weiter. Sie sah, dass er nachdem Schulterholster und der Pistole unter ihre Jacke schielte.
Maggie blieb immer noch stehen, trat aber näher an das Bett heran.
„Dawson, du musst mir sagen, was gestern Nacht geschehen ist. Es fällt mir nämlich wahnsinnig schwer, das alles herauszufinden.“
Wieder sah er zur Tür.
„Ich verspreche dir, dass du deswegen keinen Ärger bekommst.“ Schon als sie es sagte, konnte sie seine Furcht spüren. „Und ich kann dich nicht beschützen, wenn ich nicht weiß, wovor.“
Er vertilgte das letzte Stück Kuchen. Er stellte den Teller zurück auf den Nachttisch und nahm einen langen Zug aus dem Strohhalm, der in seinem Wasserglas steckte. Er betrachtete sie, ohne sie direkt anzusehen. Offenbar überlegte er, ob er ihr vertrauen könnte.
„Ich weiß von dem Salvia“, erklärte sie, und nun wurden seine Augen groß. „Es ist mir ganz egal, wer es mitgebracht hat und woher es
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