Fleisch
hervor.
„Du bist cool!“, sagte Julia und hielt dem Mädchen die flache Hand hin. Das Mädchen schlug ein. „Freut mich, dass es dir besser geht, Kleine!“
„Mich auch.“
„Woran sind die Kinder denn erkrankt? Weiß man das schon?“
„Noch nicht.“ Julia nahm sich eine Handvoll Popcorn. Sie hoffte, dass Rachel nicht weiter nachbohren würde.
„Ist jemand gestorben?“
„Cari Anne!“
„Ich frag doch nur.“
„Ich glaube nicht, dass jemand gestorben ist.“ Julia musste lächeln über Rachels Schreck, dass ihre süße kleine Tochter sich traute, genauso unverblümt zu sein wie ihre Mutter.
Es erstaunte Julia immer noch, Rachel als Mutter zu sehen. Sie hatte über einige der grausamsten Verbrechen in Washington berichtet. Bisweilen gefielen sie sich sogar darin, zu erzählen, wie sie sich über den Leichen einer Hure und ihres Zuhälters kennengelernt hatten. Rachel war ganz sicher nicht naiv oder unerfahren hinsichtlich dessen, wozu Menschen fähig waren. Aber wenn es um ihre Tochter ging, konnte sie schon die kleinste Kleinigkeit in Angst und Schrecken versetzen.
Julia hatte dagegen schon im Alter von zehn Jahren gelernt,was es hieß, erwachsen zu sein. Sie fand, dass Kinder generell zu sehr verhätschelt wurden. Ehrlich gesagt – und dies gab sie nur sehr selten zu, und das am allerwenigsten gegenüber Rachel – mochte sie Kinder nicht besonders. Aber auch sie musste sich eingestehen, dass zuzusehen, wie sich all diese Schulkinder die Seele aus dem Leib gekotzt hatten, und zu wissen, dass es etwas in ihrem Mittagessen gewesen sein musste, sie nicht kaltgelassen hatte. Nicht weil es so unappetitlich war, sondern weil es einfach nicht richtig war. So etwas durfte nicht geschehen. Und dennoch würde es am Montag wieder vorkommen, irgendwo an einer anderen Schule. An mindestens einer Schule, vielleicht auch an mehreren.
„Meine Freundin Lisa darf im Krankenhaus übernachten“, berichtete Cari Anne und wechselte einen Blick mit ihrer Mutter.
„Lisa ist sehr krank“, sagte Rachel. „Ich habe Cari Anne schon hundertmal erklärt, dass eine Nacht im Krankenhaus nicht wie eine Pyjamaparty ist.“
„Ja, sie stecken ihr wahrscheinlich Nadeln in den Arm.“
„Julia!“
„Iiiiih! Ich hasse Nadeln.“
„Zwölf Kinder sind ins Krankenhaus gekommen“, sagte Rachel zu Julia. „Es heißt, dass der CDC und der Heimatschutz in der Schule waren. Stimmt das?“
Jetzt sind das bestimmt keine echten Neuigkeiten mehr, dachte Julia. Also antwortete sie, ohne zu zögern: „Ja.“
Im Fernseher erschien unten ein Streifen mit einer Eilmeldung. Die Blockbuchstaben krochen über den Bildschirm und berichteten, es habe eine Lebensmittelvergiftung an einer Washingtoner Schule gegeben und sie sei auf die Nachlässigkeit einer Küchenkraft zurückzuführen.
„Das stimmt nicht“, sagte Julia. „Wo kriegen die denn bloß ihre Informationen her?“
Da zog der Rest der Meldung über den Schirm. „Dies teilt soeben das Landwirtschaftsministerium mit.“
42. KAPITEL
Washington, D. C.
Nachdem er Julia und Bix abgesetzt hatte, war Platt direkt zum USAMRIID gefahren. Er hatte Digger bei seinen Eltern gelassen. Der kleine Hund würde besser für ihre Sicherheit sorgen als ihre Alarmanlage. Bevor er gefahren war, hatte er seinem Vater von dem schwarzen SUV erzählt, der ihm von dem Diner her gefolgt war.
„Bitte seid vorsichtig!“, hatte er ihn gebeten.
„Das sind wir immer“, lautete die Antwort, aber Platt wusste, dass seine Eltern in einer ganz anderen Welt lebten als er. Und Platt verabscheute den Gedanken, eine der Gefahren aus seiner Welt in die ihre gebracht zu haben.
Er hatte sie im Lauf des Tages mehrere Male angerufen, und alles schien wie immer zu sein. Er hoffte, dass die Verfolgung mehr auf Neugier als auf eine Bedrohung zurückzuführen war.
In der letzten Stunde war er genug beschäftigt gewesen, um nicht über Ali oder Mary Ellen oder die trübseligen Erinnerungen nachzudenken, die in ihm aufgestiegen waren. Er konzentrierte sich darauf, Proben von seinem Schatzfund aus dem Müll und von mehreren der Opfer auf Objektträger zu präparieren. Bix hatte ihm sogar einige Proben von kranken Schülern aus Norfolk überlassen. Es hatte nicht lange gedauert, bis er das Bakterium entdeckt hatte: Salmonellen. Aber Bix hatte recht: Es war ein ungewöhnlicher Stamm.
Auch Bix’ Wissenschaftler in Atlanta hatten herausgefunden, dass es sich um Salmonellen handelte. Normalerweise fand man das
Weitere Kostenlose Bücher