Fleischessünde (German Edition)
sahen.
„Oh, ich bin ganz hingerissen“, entgegnete Calliope voller Sarkasmus. Ihr Blick fiel auf ihr Schwert, das er in der provisorischen Halterung auf dem Rücken trug. Er ahnte, wie scharf sie darauf war, es zurückzubekommen, aber sie ließ sich nichts anmerken. Ihr Ausdruck war von bewundernswertem Gleichmut.
Er ergriff ihren Oberarm und freute sich über den wütenden Blick, den ihm das eintrug. Ihre Augen verdunkelten sich dabei. Auf eine wunderbare Weise wechselten sie die Farbe vom helleren Grün der Katzenaugen zum Ton dunkelgrüner Jade. Er stellte sich dieses Farbenspiel vor, wenn sie unter ihm lag – oder auf ihm, wenn er es geschafft hatte, sie dazu zu bringen, ihre Kleidung und ihre Reserviertheit abzulegen, wenn ihre ganze Wildheit zum Ausbruch kam. Und dann diese Augen … Für einen Moment war ihm, als hätte er sie schon vorher einmal gesehen. Aber nicht in Grün.
„Wenn Sie umziehen wollen, müssen Sie das anmelden und eine Erklärung unterschreiben“, nörgelte der Pförtner und stach mit dem Zeigefinger auf den Teppich ein wie ein Buntspecht. „Ich muss jetzt erst einmal nachsehen, ob Sie im Fahrstuhl nichts beschädigt haben, und Sie erledigen den Schreibkram.“
„Was kann denn so ein Teppich schon Schlimmes anrichten?“,fragte Malthus und amüsierte sich im Stillen, da er genau wusste, was Calliope transportierte. Dann holte er eine Hundertdollarnote aus der Tasche und hielt sie zusammengefaltet zwischen Zeige- und Mittelfinger. Er zwinkerte Calliope zu, als er sah, dass sie seinem Beispiel folgte. Er wunderte sich, wo in ihrem knallengen Catsuit, der jede ihrer Rundungen betonte, sie das Geld stecken hatte, bis er die Reißverschlusstasche an der Seite bemerkte.
Eine Sekunde lang herrschte Schweigen. Dann meinte der Wachmann mit einem verschwiemelten Lächeln: „Na ja, wahrscheinlich wirklich nicht viel.“
Er kassierte die beiden Geldscheine ein, trat mit einer beinahe schon devoten Geste einen Schritt zurück, fühlte sich aber doch noch verpflichtet, in Malthus’ Richtung anzumerken: „Sie muss aber schon die Hausordnung einhalten.“
„ Sie steht im Stall“, fuhr Calliope scharf dazwischen.
Malthus zuckte verschwörerisch grinsend die Schultern. „So sind sie. Schwestern. Wenn es ihnen in den Sinn kommt, rufen sie dich an und wollen, dass du auf der Stelle kommst.“ An Calliope gewandt fuhr er fort: „Dabei schaffst du das doch ganz gut allein, wie ich sehe.“
Er freute sich schon auf ihre aufgebrachte Reaktion, aber sie tat ihm den Gefallen nicht. Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper.
„Sie ist Ihre Schwester?“, fragte der Wachmann erstaunt. „So wie Sie sie ansehen, wäre ich nie darauf gekommen. Also, ich starre meine Schwester nicht so an.“ Seine Stimme erstarb, als Calliope ihm einen giftigen Blick zuwarf. Sie rückte die Rolle auf ihrer Schulter zurecht.
„Das ist zu schwer für dich. Lass dir doch helfen.“
Malthus streckte die Hand aus, doch Calliope fauchte ihn an: „Finger weg, oder es gibt was auf die Pfoten.“
Der Pförtner lachte. „Das klingt schon eher nach meiner Schwester.“
Malthus fiel kameradschaftlich in sein Lachen ein, behielt Calliope aber genau im Auge. Er wusste, dass es in ihrem Kopf arbeitete und sie nur auf eine Gelegenheit wartete, ihn abzuhängen und sich mit dem Teppich samt Kuznetsov aus dem Staub zu machen. Er war auf der Hut. Er hatte sie an diesem Abend schon einmal unterschätzt, und diesen Fehler wollte er kein zweites Mal begehen.
„Der Wagen steht um die Ecke, Schwesterherz“, sagte er. „Nimm du das vordere Ende. Ich gehe hinten.“ Calliope wollte widersprechen, aber er hatte sich das hintere Ende schon aufgeladen. „Nein, nein“, meinte Malthus, „ich halte dir gern den Rücken frei.“
Der eigentliche Sinn dieses Geplänkels war klar. Sie hinter sich zu wissen, wäre ihm nicht geheuer gewesen. Sie hatte ihm an diesem Abend schon übel genug mitgespielt. Auch wenn er ihr, soweit er wusste, alle Waffen abgenommen hatte, wollte er es nicht darauf ankommen lassen. Wer konnte schon sagen, was für Überraschungen sie noch auf Lager hatte.
„Nach Ihnen“, meinte er und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Auch ihr Mundwinkel zuckte, aber es sah mehr danach aus, als lächelte sie über die Pläne, die sie bereits schmiedete, um ihm seine Unverschämtheiten heimzuzahlen. Meine Güte, dachte Malthus, diese Frau ist gefährlicher als eine scharfe Granate, dafür aber eine in einer sehr
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