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Fleischessünde (German Edition)

Fleischessünde (German Edition)

Titel: Fleischessünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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Nacken?
    Blaulichter tauchten am Ende der Straße auf. Malthus schüttelte den Kopf und seufzte. Topworld Grunts hinter ihnen, die Polizei an jeder Ecke, Calliope gedopt. Was anfangs ausgesehen hatte wie ein Kinderspiel – zuschlagen und wieder verschwinden – war dabei, sich in ein Mordschaos zu verwandeln.
    „Du kommst mir nicht vor wie jemand, der etwas dem Zufall überlässt“, fuhr er fort, während ein Polizeiwagen an ihnen vorbeipreschte. „Du hast alles vorher einkalkuliert. Und die Terrasse vier Stockwerke tiefer hast du vorher schon als möglichen Fluchtweg ins Visier genommen. Das hast du dir genau ausgerechnet.“ Ein weiteres Blaulicht erschien am Ende der Straße. „Drei oder vier Stockwerke – das traue ich dir ohne Weiteres zu – auch ohne mein Blut.“
    Sie blieb stehen und drehte sich um. Dann meinte sie ruhig: „Weißt du was? Dein Mund gefällt mir … viel besser, wenn du ihn hältst.“
    Er schmunzelte in sich hinein. Ihre Reaktion zeigte ihm, dass er mit seiner Einschätzung richtig lag. Gut zu wissen, denn sollten sie sich noch einmal über den Weg laufen, würde er sich vergewissern, dass eine Höhe von mindestens fünf Stockwerken ihr das Entkommen erschwerte. Außerdem würde er dafür sorgen, dass sie vorher nicht von seinem Blut naschte.
    Der Polizeiwagen bremste ab, als er sich ihnen näherte. Damit musste man rechnen. „Hier rein!“, sagte Malthus schnell.
    Ohne Widerrede bog sie in eine dunkle Ecke ab, in der sie sich verstecken konnten, während die Streife langsam vorbeifuhr.
    „Kannst du uns nicht einfach verschwinden lassen?“ Ihre Frage klang ernst gemeint, und Malthus war erfreut, ihre Stimme ausnahmsweise ohne die sonst übliche Schärfe und ihren beißenden Spott zu hören. Ein sehr angenehmer Klang – wie Musik.
    „Nein“, antwortete er.
    Nachdem der Wagen mit den Cops weitergefahren war, setzten sie ihren Weg fort. Malthus gönnte sich das Vergnügen, Calliopes Spiegelbild in der Glasfront des Hauses zu bewundern, an dem sie vorbeikamen. Ihr Gang war voller Kraft und Grazie und ihre Figur im Profil einfach hinreißend. Lange Beine, feste Brüste, ein runder, knackiger Apfelpo. Ohne dass er es wollte, begann seine Fantasie zu arbeiten. Er stellte sich vor, was er tun und wie lange es dauern würde, bis sie ihre Distanziertheit aufgab. Er wollte erleben, wie sie unter ihm ihre scheinbar unerschütterliche Selbstbeherrschung verlor.
    Aber waren solche Hirngespinste seiner nicht unwürdig? Er hatte noch nie Schwierigkeiten damit gehabt, an Frauen heranzukommen. Und eine war schöner als die andere, jede etwas Besonderes, aber eben jede nur für höchstens eine Nacht. Dann kam die nächste. So tickte er eben. Er traf selten auf eine Frau, die Nein sagte. Und wenn es doch einmal geschah, war eine andere in der Nähe, die garantiert nicht Nein sagte.
    Irgendetwas war bei Calliope anders. Er hätte nicht benennen können, was es war, aber er war entschlossen, es herauszufinden.
    „Warum nicht?“, hörte er unvermittelt Calliopes Frage.
    Er musste erst einen Moment überlegen, bevor ihm einfiel, worüber sie zuletzt gesprochen hatten. „Ich dachte, du wolltest, dass ich meinen Mund halte.“
    „Wenn du versprichst, dich kurz zu fassen, mache ich eine Ausnahme.“
    „Bevor ich dir eine Antwort gebe, hätte ich gern eine von dir. Sieh dir das hier mal an.“
    Sie blieb stehen und sah zu ihm zurück, während er die goldene Kartusche aus der Tasche holte, die er aus Kuznetsovs Tresor genommen hatte, und sie ins Licht der Straßenlaterne hielt.
    Er beobachtete ihre Reaktion. Es war bewundernswert, dass sie keine Miene verzog. Dennoch konnte sie nicht verhindern,dass ihr die Farbe aus den Wangen wich.
    „Gehört das irgendjemandem, den du kennst?“
    „Nein.“
    Er griff sich in den Nacken, löste die Kette, die er um den Hals trug, hängte die Kartusche daran und band sie sich wieder um. Während der Teppich dabei auf seiner Schulter ruhte, behielt er Calliope im Auge. Sie sollte sich nicht einbilden, ihm so davonkommen zu können.
    „Weißt du“, meinte er und rieb sich das Kinn, „ich bin selbst ein fabelhafter Lügner und deshalb sehr gut in der Lage, andere Lügner zu durchschauen.“
    Calliope blieb unbeeindruckt. „Du wolltest eine Antwort, und du hast sie bekommen. Jetzt bin ich an der Reihe. Kannst du uns verschwinden lassen oder nicht?“
    Sie hatte recht. Sie hatte ihm eine Antwort gegeben, und die sagte trotz ihrer Kürze mehr aus, als sie ahnte.

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