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Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Titel: Flieg, Hitler, flieg!: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Beauman
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wie ich, und Sie sind unabhängig. Ich hätte es gleich wissen müssen. Welches ist Ihr bestes Stück? Ich sammle den Goebbels-Goethe – jedenfalls habe ich das, bevor die Sache mit Grublock passiert ist. Haben Sie von der Ausgabe gehört?«
    Der Waliser antwortete immer noch nicht. Aber als wir an einem großen blauen Schild vorbeikamen, das ein Messer und eine Gabel in zwei Meilen Entfernung vorhersagte, fragte er: »Haben Sie Hunger?«
    »Ja, aber ich will nicht zu Little Chef.«
    »Ich esse ziemlich oft dort.«
    Wir bogen in den Parkplatz ein, und der Waliser löste meine Handschellen.
    »Ich brauche mir keine Gedanken zu machen, dass Sie einen Aufstand anzetteln«, sagte er.
    »Nein.«
    »Denn wenn Sie das tun, sind Sie mein Schwager mit paranoider Schizophrenie, und wir machen auf dem Weg in eine Klinik in Southampton halt, um zu frühstücken. Ich entschuldige mich bei der Kellnerin und verlasse das Restaurant mit Ihnen, alle werden die Sache vergessen, und dann erschieße ich Sie und vergrabe Ihre Leiche im New Forest. Ich habe das schon gemacht. Es ist wirklich sehr einfach.«
    »Verstehe.« Der Waliser klang immer so vernünftig – das musste an dem Akzent liegen.
    Wir gingen in das infernalische Café und setzten uns. Ich bestellte geräucherten Schellfisch auf Toast. Das tue ich gelegentlich, in der Hoffnung, dass die Leute, die vorbeikommen, meinen Geruch für ein besonders durchdringend stinkendes Stück Fisch halten. Der Waliser bestellte ein großes Englisches Frühstück, was ich wegen der ganzen Lezithine in den Baked Beans nie essen würde. Am Nebentisch saß eine Mutter mit drei kleinen Kindern, die brüllend herumtobten. Ich sah, dass ihr Handy unbeachtet an der Tischkante lag.
    »Sagen Sie mir, wohin wir fahren?«, fragte ich.
    »An einen Ort namens Claramore. Es gibt Belege dafür, dass Seth Roach dort im Sommer 1936 an einer politischen Versammlung teilgenommen hat.«
    »Und was ist das? Ein Landhaus?«
    »Ja. Bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte das Anwesen William Erskine, dem neunten Earl of Claramore. Dann wurden Haus und Land und alle Rechte an einen amerikanischen Filmproduzenten verkauft. In den Achtzigern wurde es zu einer Privatklinik für Frauen mit Essstörungen. Und inzwischen ist es ein Hotel.«
    Und das war der Moment, in dem ich genau das tat, was Batman getan hätte. Denn gerade als unser Essen kam, fegte eines der Kinder einen Becher mit schwarzem Johannisbeersaft vom Tisch, der das Hosenbein des Walisers bespritzte. Einen Augenblick lang herrschte ein totales Durcheinander, als alle – die Kellnerin, der Waliser und die Mutter des Jungen – mit Servietten hantierten, und da griff ich blitzschnell nach dem Handy. Ich versteckte es zwischen meinen Beinen und betete, dass mich niemand beobachtet hatte.
    Wenn der Waliser zur Toilette oder sonst wohin ging, konnte ich die Notrufnummer 999 wählen, aber natürlich würde er mich an einem öffentlichen Ort nicht einmal für eine halbe Minute allein lassen. Konnte man der Polizei eine SMS schicken? Ich hatte keine Ahnung. Ich beschloss, Stuart zu schreiben. Zum Glück kannte ich aufgrund unserer gelegentlichen Telefonate seine Nummer auswendig, und mithilfe der kleinen Erhebung auf der »5« konnte ich die Nachricht schreiben und senden und musste dabei so gut wie gar nicht auf das Display schauen. »stuart ich bins kevin mann m waffe hat mich irl entführt und bringt mich an ort namens Claramore brauche hilfe kein witz versuch nicht anzurufen danke«. Normalerweise lege ich viel Wert auf korrekte Interpunktion, aber dafür blieb keine Zeit.
    Ich wusste, dass Stuart mir glauben würde – er hat sein ganzes Leben lang darauf gewartet, dass ihm so etwas passiert –, und ungefähr fünfzehn Sekunden später vibrierte das Telefon mit einer Antwort: »omfg ok rufe Polizei«.
    Mit klopfendem Herzen ließ ich das Telefon zwischen die Tische fallen. Es landete klappernd auf den klebrigen Fliesen. Die Mutter hob es auf, ohne mich auch nur anzusehen, und las ihren Kindern weiter die Leviten.
    Eine Stunde später, gegen elf Uhr, bogen wir von der A303 nach Norden ab. Ich musste die Karte lesen, während wir uns durch den Wald schlängelten. Seit einem Ausflug nach Epping, als ich vierzehn war, habe ich dichten Baumbestand nur in Form der uralten Wälder erlebt, durch die ich bei Battle Mages Trolle und Goblins jage, und die unendliche Menge von Blättern und Schatten am Straßenrand ließ auf eine schier unvorstellbare

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