Fliege machen
Lagerhalle stand offen. Drinnen dröhnte Motorenlärm,
ein winziger Bagger rumpelte gerade die Laderampe eines blauen Guski- Lkw hinauf. Wir standen in einer
Mischung aus Garage und Lager. Unter einem Gabelstapler ragten zwei FüÃe in
klobigen Sicherheitsschuhen hervor. Weiter hinten schepperten zwei Männer
schwere Gerüstbretter in ein Metallregal.
»He, wo finde ich denn hier den Boss?«, erkundigte sich
Danner kurzerhand bei den Sicherheitsschuhen.
Der Mann rollte unter der Maschine hervor, er lag mit dem
Rücken auf einem fahrbaren Brett. »Biste bescheuert, oder was?«
»Den Chef suche ich«, wiederholte Danner seine Frage.
»Liest du keine Zeitung, du Trottel?«
»Wieso?«
Der Mann kratzte sich mit einer ölverschmierten Hand an
der Nase, die sich prompt schwarz färbte: »Vergiss es. Meld dich da hinten im
Büro.«
Er deutete auf eine provisorisch hingezimmerte Spanplattenwand,
an die mit einer ReiÃzwecke ein Zettel gepinnt war. Darauf stand gekritzelt: BÃRO.
Okay.
Der Schwarznasige rollte wieder unter den Gabelstapler
und Danner und ich klopften an die provisorische Tür.
»Herein?«
Wir betraten einen chaotischen Raum, der eigentlich gar
kein Raum war, sondern nur ein durch die Spanplattenwand vom Rest der Halle
abgetrennter Teil des Lagers. Im hinteren Bereich wurde weiter gelagert,
nämlich drei Betonmischer und unzählige grüne Kisten mit der Aufschrift Makita.
Vor uns befand sich ein riesiger Schreibtisch. Ein zweiteiliges
Modell, dessen beide Flügel einen rechten Winkel bildeten. Der Schreibtisch war
umzingelt von fünf bis sieben überquellenden Papierkörben und überfüllt mit
Unterlagen, bunten Türmen übereinander gestapelter Ablagen, aufgeschlagenen
Akten und losen Zetteln. In dem Durcheinander versanken PC, Drucker, Scanner,
Fax, Telefon, ein Laptop und ein Laminiergerät.
Hinter diesem Monstrum von einem Schreibtisch saà eine
winzige Sekretärin, die wahrscheinlich nur so winzig wirkte, weil der
Schreibtisch so riesig war.
In ihren dunklen Pferdeschwanz waren neonfarbene Plastikzöpfe
eingeflochten und ihr Gesicht war ungeschminkt. Ungewohnt uneitel kam mir das
vor, denn sie hatte Pickel, die ich so deutlich erkennen konnte.
Na ja, in einem Umfeld, in dem den männlichen Mitarbeitern
meist Motorenöl im Gesicht klebte, herrschte wohl auch bei den weiblichen
Kollegen ein anderer Anspruch ans ÃuÃere als im Büro der Sparkasse.
Es roch nach dem Kaffee in dem Becher, den sie in der
Hand hielt, während sie gedankenverloren mit ihrem Zungenpiercing gegen ihre
Schneidezähne klickerte.
»Entschuldigen Sie die Störung, Frau �«
»Brinker, Janine Brinker. Kommen Sie herein, was kann ich
für Sie tun?« Sie stellte die Kaffeetasse auf einen aufgeklappten Aktenordner
und lehnte sich zurück.
Ein runder Babybauch wölbte sich unübersehbar unter ihrem
figurbetonten Shirt.
»Detektei Danner.« Danner hielt ihr eine Karte hin. »Susanne
Thurna hat uns die Adresse dieser Firma gegeben. Sie sagte, Sie könnten uns
weiterhelfen.«
»Nehmen Sie Platz.« Janine Brinker schob sich einen
Kaugummi in den Mund und deutete auf zwei ramponierte Stühle. Auf den zerkratzten
Sitzflächen hatten vermutlich schon Generationen betonverschmierter Bauarbeiter
ihre Frühstücksstullen verputzt.
»Was können Sie uns über Edgar Guski erzählen?«
Beinahe wäre der Sekretärin der Kaugummi wieder aus dem
Mund gekullert. Ihr Zungenpiercing glitzerte rosa.
»Nichts. Ich kenne den Typen nicht. Ich arbeite erst seit
zwei Jahren hier, da war der ja schon lange weg.«
»Aber ihm gehörte die Firma früher einmal«, schloss ich
aus dem vielsagenden Namen Guski Bau .
»Klar.«
»Und dann?«
»Ich weià nur, dass er verschwunden ist. Ganz plötzlich.
Der Chef musste den Laden von einem Tag auf den anderen allein schmeiÃen. Der
stand ganz schön doof da.« Unsere fragenden Blicke brachten sie dazu,
weiterzusprechen.
»Damals gab es zwei Inhaber. Die beiden waren Geschäftspartner
und Kumpel. Guski hat die Aufträge rangeholt und der Chef hat sich um die
Baustellen gekümmert.«
»Dann kann uns Ihr Chef sicher mehr über Edgar Guski
erzählen«, schätzte ich.
»Das hat sie Ihnen nicht erzählt?« Janine schob den Glitzerstein
zwischen die
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