Fliegende Fetzen
die Klatschianer sofort erkennen. Sie haben alle Wörter erfunden, die mit ›al‹ anfangen. Wie zum Beispiel Al-kohol.«
»Die Klatschianer haben das Bier erfunden?«
»Ja.«
»Verdammt schlau von ihnen.«
»Ich würde es nicht
schlau
nennen«, sagte Feldwebel Colon und begriff zu spät, daß er einen taktischen Fehler begangen hatte. »Es dürfte eher ein glücklicher Zufall sein.«
»Und was haben die Klatschianer sonst noch erfunden?«
»Nun… « Colon strengte sein Gehirn an. »Al-gebra. Das sind Summen mit Buchstaben und so. Für Leute, die für Zahlen nicht intelligent genug sind.«
»Tatsächlich?«
»Ja«, bestätigte Colon. Er glaubte sich nun auf sicherem Terrain und fuhr selbstbewußter fort: »Ich hab mal gehört, wie ein Zauberer von der Universität sagte, die Klatschianer hätten nichts erfunden. Angeblich ist das ihr großer Beitrag zur Mathematik. ›Was?‹ fragte ich, und der Zauberer meinte, die Null stamme aus Klatsch.«
»Klingt nicht sehr intelligent«, kommentierte Nobby. »Jeder kann nichts erfinden. Ich zum Beispiel. Hab überhaupt noch nichts erfunden.«
»Eben«, bekräftigte Colon. »Ich habe dem Zauberer gesagt, die Erfinder von Zahlen wie vier und, und…«
»… sieben…«
»… ja, seien die wahren Genies.
Nichts
brauchte nicht extra erfunden zu werden. Es war bereits da. Bestimmt haben es die Klatschianer einfach nur so entdeckt, rein zufällig.«
»Es liegt an der Wüste«, sagte Nobby.
»Genau! Guter Hinweis. Die Wüste. Wie jeder weiß, besteht eine Wüste größtenteils aus nichts. Für die Klatschianer ist das Nichts gewissermaßen ein wichtiger Rohstoff. Ist doch logisch. Wir aber sind zivilisierter, ich meine, bei uns gibt’s mehr Dinge, und deshalb haben wir die Zahlen erfunden, um sie alle zu zählen. Ich meine… Es
heißt,
die Klatschianer hätten die Astronomie erfunden…«
»Al-tronomie«, warf Nobby ein.
»Nein, nein… Nein, Nobby, ich schätze, zu der Zeit hatten sie bereits das ›s‹ erfunden. Ich meine, es würde mich gar nicht wundern, wenn sie es uns geklaut hätten. Wie dem auch sei: Die Klatschianer haben die Astronomie erfunden, weil sie gar nichts anderes zu tun hatten, als die Sterne zu beobachten. Jeder kann zu den Sternen hochsehen und ihnen Namen geben, ich meine, mit
Erfinden
hat das doch gar nichts zu tun. Wir laufen nicht herum und behaupten, irgend etwas erfunden zu haben, nur weil wir einen kurzen Blick darauf geworfen haben.«
»Die Klatschianer sollen viele seltsame Götter haben«, sagte Nobby.
»Ja,
und
verrückte Priester«, sagte Colon. »Viele von ihnen mit Schaum vorm Mund. Glauben an die sonderbarsten Dinge.«
Einige Sekunden sahen sie dem Maler stumm zu. Colon wartete voller Sorge auf die nächste Frage.
»Worin
genau
liegt eigentlich der Unterschied zu uns?« erkundigte sich Nobby. »Ich meine, einige von
unseren
Priestern sind…«
»Ich hoffe, du wirst jetzt nicht
unpatriotisch
«, sagte Colon streng.
»Nein, natürlich nicht. Ich war nur neugierig. Ich meine, mir ist natürlich klar, daß die klatschianischen Priester viel schlimmer sein müssen als andere. Immerhin sind es Ausländer und so.«
»Und natürlich sind sie alle ganz wild auf den Kampf«, sagte Colon. »Bösartige Burschen, mit ihren krummen Schwertern.«
»Soll das heißen, sie… greifen bösartig an, während sie gleichzeitig feige fortlaufen, sobald sie kalten Stahl zu spüren bekommen?« fragte Nobby, der ein verräterisch gutes Gedächtnis für Details haben konnte.
»Man kann den Burschen nicht trauen, das ist meine Meinung. Und nach den Mahlzeiten rülpsen sie immer.«
»Das machst du auch, Feldwebel.«
»Ja, aber ich tue nicht so, als wäre das
höflich
.«
»Nun, wir können von Glück sagen, daß du hier bist, um die Dinge zu erklären, Feldwebel«, sagte Nobby. »Es ist erstaunlich, was du alles weißt.«
»Manchmal bin ich selbst überrascht«, erwiderte Colon bescheiden.
Der Maler lehnte sich zurück, um sein Werk zu bewundern. Die beiden Wächter hörten, wie er aus tiefem Herzen stöhnte, und daraufhin nickten sie zufrieden.
Die Verhandlungen bei einer Geiselnahme waren immer heikel, wie Karotte aus Erfahrung wußte. Man durfte die Dinge nicht überstürzen und wartete besser ab, bis die Geiselnehmer ein Gespräch wünschten.
Karotte saß hinter einem umgekippten Karren, der als Schild diente und vor gelegentlichen Pfeilen schützte. Er nutzte die Zeit, um seinen Eltern einen Brief zu schreiben, wobei er immer
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