Fliegende Fetzen
Horizont halten konnte…
Das Rohr drehte sich quietschend. Wenn dies wirklich eine Höhle war,
so durchmaß sie mindestens zwei Meilen.
»Wie lange, glaubst du?« erklang Lord Vetinaris Stimme hinter Colon.
»Nun, die Felsen bestehen zu einem großen Teil aus Tuff und Bims-
stein, sind also sehr leicht«, antwortete Leonard. »Nach dem Aufstieg
entweicht das Gas wegen des Seegangs recht schnell. Noch eine Woche,
schätze ich. Und anschließend dauert es ziemlich lange, bis sich wieder
eine ausreichend große Blase bildet, daß sich der Aufstieg wiederholen
kann…«
»Worüber reden sie, Feldwebel?« fragte Nobby. »Dieser Ort schwimmt ?«
»Ein sehr ungewöhnliches natürliches Phänomen«, fuhr Leonard fort.
»Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, würde ich es für
eine Legende halten.«
»Natürlich schwimmt dies hier nicht«, erwiderte Feldwebel Colon.
»Wirklich, Nobby, wie willst du jemals etwas dazulernen, wenn du so
absolut dämliche Fragen stellst? Land ist schwerer als Wasser, oder?
Deshalb befindet es sich am Meeresgrund.«
»Ja, aber sie haben Bimsstein erwähnt, und mein Großvater hatte einen
Bimsstein, mit dem man sich beim Baden in der Wanne die feste Haut
an den Füßen abreiben konnte, und das Ding schwamm…«
»So was passiert vielleicht in Badewannen«, sagte Colon. »Aber nicht im wirklichen Leben. Dies ist nur ein Phänomen. In der Realität gibt es für
so etwas keinen Platz. Demnächst behauptest du noch, es gäbe Felsen
am Himmel.«
»Ja, aber…«
»Ich bin Feldwebel, Nobby.«
»Ja, Feldwebel.«
»Es erinnert mich an die nautischen Geschichten über riesige Schild-
kröten, die schlafend an der Meeresoberfläche schwimmen und Seefah-
rer glauben machen, sie hätten eine Insel erreicht«, sagte Leonard. »Na-
türlich gibt es keine so kleinen Riesenschildkröten.«
»He, Herr Quirm, dieses Boot ist wirklich toll«, meinte Nobby.
»Danke.«
»Vermutlich könnte man damit auch Schiffe versenken, wenn man
wollte.«
Peinliches Schweigen schloß sich an.
»Eine insgesamt sehr interessante Erfahrung«, kommentierte Lord Ve-
tinari, während er sich Notizen machte. »Und nun, meine Herren – vor-
wärts und nach unten, wenn ich bitten darf…«
Die Wächter zogen ihre Waffen.
»Das sind D’regs, Herr Kommandeur«, sagte Karotte. »Aber etwas
stimmt nicht…«
»Was meinst du?«
»Wir sind noch nicht tot.«
Sie beobachten uns, wie Katzen Mäuse beobachten, dachte Mumm.
Wir können weder weglaufen noch einen Kampf gewinnen. Sie sind
neugierig darauf, wie wir uns unter diesen Umständen verhalten.
»Was hat General Taktikus über eine solche Situation zu sagen, Herr
Kommandeur?« fragte Karotte.
Es sind hundert, dachte Mumm. Und wir sind nur sechs. Al erdings ist
Detritus kaum mehr bei sich, und niemand weiß, welchen himmlischen
Geboten Obergefreiter Besuch derzeit gehorcht, und Regs Arme fal en
ab, wenn er sich zu sehr aufregt…
»Ich weiß es nicht«, erwiderte er. »Vermutlich etwas in der Art von
›Laß so etwas nie geschehen‹.«
»Warum siehst du nicht nach, Herr Kommandeur?« fragte Karotte,
ohne den Blick von den sie immer noch stumm beobachtenden D’regs
abzuwenden.
»Wie bitte?«
»Warum siehst du nicht im Buch nach, Herr Kommandeur?«
»Jetzt?«
»Es könnte einen Versuch wert sein.«
»Das ist doch verrückt, Hauptmann.«
»Ja, Herr Kommandeur. Die D’regs haben seltsame Vorstel ungen von
verrückten Leuten, Herr Kommandeur.«
Mumm holte das abgegriffene Buch hervor. Der ihm am nächsten ste-
hende D’reg offenbarte ein Grinsen, das fast so breit und krumm war
wie sein Schwert. Seine wichtigtuerische Aura wies ihn als Anführer aus.
Auf dem Rücken trug er eine große Armbrust.
»Heda!« rief Mumm. »Können wir im al gemeinen Geschehen eine
kleine Pause einlegen?« Er trat auf den Mann zu, der sehr überrascht
wirkte, und winkte mit dem Buch. »General Taktikus hat das hier ge-
schrieben, ich weiß nicht, ob du ihn kennst, hat sich einst viel in dieser Gegend herumgetrieben und vielleicht deinen Ururururgroßvater getötet,
und ich möchte nur kurz nachsehen, was er über eine derartige Situation
zu sagen hat. Wenn du gestattest…?«
Der Mann bedachte Mumm mit einem verwirrten Blick.
»Es könnte eine Weile dauern, da das Buch leider kein Stichwortver-
zeichnis hat, aber ich glaube, ich habe da eine Stel e gesehen…«
Der Anführer trat einen Schritt zurück und sah zum nächsten
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