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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Colon sah zu den anderen Män-
    nern, deren Mienen seltsam unbewegt waren.
    »Der Name klingt nach einem sehr… massiven Ort«, sagte er.
    »Oh, er ist gewaltig«, erwiderte der neben ihm sitzende Klatschianer.
    Jemand gab ein Geräusch von sich, das ein mühsam unterdrücktes Ki-
    chern sein konnte.
    »Es ist ein weiter Weg, nicht wahr?«
    »Nein, der Ort ist sehr nahe. Du sitzt praktisch darauf.« Faifal stieß je-
    manden mit dem El enbogen an, dessen Schultern bebten.
    »Oh, gut. Und das Heer… Es ist ziemlich groß, stimmt’s?«
    »Ja, das könnte tatsächlich sein.«
    »Gut, gut«, sagte Colon. »Äh… hat jemand etwas zu schreiben? Ich
    hätte schwören können, daß ich einen Stift bei mir habe…«
    Ein Geräusch ertönte außerhalb der Taverne; das Geräusch von meh-
    reren Frauen, die lachten. Die meisten Männer finden das sehr beunruhi-
    gend.*
    Einige Gäste spähten argwöhnisch durch Lücken zwischen den Wein-
    blättern.
    Colon und die anderen blickten an einer Urne vorbei zum Brunnen.
    Eine alte Frau lag dort auf dem Boden und rol te hin und her, während
    sie lachte. Einige jüngere Frauen stützten sich gegenseitig.
    Eine von ihnen fragte: »Was hat er gesagt?«
    »Er sagte: ›Komisch, das ist nie passiert, wenn ich es versucht habe!‹«
    »Ja, das stimmt!« brachte eine ältere Frau hervor und prustete. »Es pas-
    siert nie!«

    * Weil sie glauben, daß der Witz sie selbst betrifft.
    »›Komisch, das ist nie passiert, wenn ich es versucht habe!‹« wiederholte Nobby.
    Colon stöhnte. Das waren Stimme und Tonfall eines Korporal Nobbs
    im Geschichtenerzähler-Modus – dabei ging es so heiß her, daß Holz
    noch auf eine Entfernung von zehn Metern Feuer fangen konnte.
    »Entschuldigung«, sagte der Feldwebel und bahnte sich einen Weg
    durch die Menge der Zuhörer.
    »Kennt ihr den über den Kö… über den Sultan, der befürchtete, daß
    ihm seine Frau… eine seiner Frauen… untreu sein könnte, wenn er un-
    terwegs war?«
    »Wir haben nie zuvor solche Geschichten gehört, Beti!« erwiderte Bana atemlos und schnappte nach Luft.
    »Wirklich nicht? Oh, davon habe ich tausendundeine auf Lager. Wie
    dem auch sei: Der… Sultan bat einen weisen alten Schmied um Rat, und
    der sagte…«
    »Du sol test hier keine solchen Geschichten erzählen, Kor… Beti«,
    schnaufte Colon und blieb stehen.
    Nobby bemerkte eine Veränderung in der Gruppe: Er war nun von
    Frauen umringt, denen ein Mann Gesel schaft leistete – beziehungsweise
    jemand, vom dem al e wußten, daß er ein Mann war.
    Einige Frauen erröteten. Vorher hatten sie sich köstlich amüsiert.
    »Warum nicht?« fragte Beti herausfordernd.
    »Weil du damit Anstoß erregst«, erwiderte Colon unsicher.
    »Bei uns hat er keinen Anstoß erregt, Herr«, erwiderte Bana mit demü-
    tig klingender Stimme. »Wir halten Betis Geschichten für sehr… lehr-
    reich. Besonders die über den Mann, der in Begleitung eines sehr kleinen
    Musikers eine Taverne besuchte.«
    »Und die war sehr schwer zu übersetzen«, meinte Nobby. »Weil hier in
    Klatsch niemand weiß, was ein Klavier ist. Dafür gibt es hier ein Saiten-
    instrument, das…«
    »Aufschlußreich war auch die Geschichte von dem Mann, der Arme
    und Beine in Gips hatte«, sagte Netal.
    »Ja, und sie haben gelacht, obwohl es hier ganz andere Türklingeln
    gibt«, fügte Nobby hinzu. »He, bleibt doch noch…«
    Doch die Gruppe am Brunnen löste sich auf. Hände griffen nach Was-
    serkrügen und trugen sie fort. Besorgte Geschäftigkeit erfaßte die Frau-
    en.
    Bana nickte Beti zu. »Äh… danke. Ich fand al es sehr… interessant.
    Wir müssen jetzt gehen. Es war sehr freundlich von dir, mit uns zu spre-
    chen.«
    »Äh… nein, bitte verweilt noch etwas…«
    Ein vager Hauch von Parfüm verblieb in der Luft.
    Beti richtete einen verärgerten Blick auf Colon. »Manchmal möchte ich
    dir wirklich ein Ding verpassen«, knurrte sie. »Meine erste verdammte
    Chance seit Jahren, und du…«
    Sie unterbrach sich. Hinter Colon tauchten zahlreiche verwirrte und
    mißbilligend blickende Mienen auf.
    An dieser Stelle hätten die Ereignisse vielleicht einen anderen Verlauf
    genommen – wäre nicht der Schrei eines Esels erklungen. Er kam von
    oben.
    Der gestohlene Esel – eigentlich eine Eselin – hatte Nobbys unerfah-
    rene Obhut verlassen, um nach Nahrung zu suchen. Freßbares war für
    sie mit der Tür ihres Stal s verbunden, was sie dazu veranlaßte, durch die nächste offene Tür zu wandern.
    Die

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