Fliegende Fetzen
durch den Sinn. Und er
weiß auch, daß ich es weiß…
»Nein«, erwiderte er. »Es ist eine Beleidigung.«
»Ach? Nun, wir können natürlich nicht für das dumme Gerede von
Idioten zur Verantwortung gezogen werden, Kommandeur.« Der Prinz
lächelte. »Übrigens gratuliere ich dir.«
»Wieso?«
»Du weißt mehr als deine Mitbürger. Ich habe diese Frage heute morgen
mehr als zehn Personen gestel t, und niemand konnte sie beantworten.
Außerdem litten die Betreffenden plötzlich an einem seltsamen Husten.«
Eine diplomatische Pause folgte, und jemand nutzte sie für ein Ki-
chern.
Mumms Blick glitt zu dem anderen Mann, der ihm nicht vorgestellt
worden war. Er war kleiner und dünner als der Prinz, und unter dem
schwarzen Turban zeigte sich ein Gesicht, in dem es überhaupt keinen
Platz mehr zu geben schien. Ein komplexes Netzwerk aus Narben um-
gab eine Nase, die wie der Schnabel eines Adlers wirkte. Auch diese Per-
son trug einen Bart, aber die Narben hatten das Wachstum der Haare so
beeinflußt, daß sie größere und kleinere Büschel bildeten, die in sonder-
baren Winkeln aus der Haut ragten. Der Mann sah aus, als wäre ihm ein
Igel gegen den Mund geprallt. Sein Alter ließ sich kaum feststellen.
Einige der Narben schienen frisch zu sein.
Der Mann hatte genau jene Art von Gesicht, die jeden Polizisten sofort
veranlassen würde, ihn zu verhaften. Es war schlicht und einfach un-
möglich, daß eine solche Person unschuldig sein konnte.
Der Bursche bemerkte die Miene des Kommandeurs, grinste und zeig-
te dabei mehr Gold, als Mumm jemals in einem Mund – oder an einem
anderen Ort – gesehen hatte.
Mumm merkte plötzlich, daß er wortlos starrte, obwohl man diploma-
tische Konversation von ihm erwartete.
»Na schön«, brummte er. »Sollen wir uns wegen der Leshp-
Angelegenheit in die Wolle geraten oder nicht?«
Der Prinz zuckte mit den Schultern.
»Pfui«, sagte er. »Einige wenige Quadratmeilen unbewohnten fruchtba-
ren Bodens, hervorragend gelegen in einer unvergleichlich guten strategi-
schen Position? Wie dumm für zivilisierte Leute, sich über so etwas zu
streiten.«
Erneut fühlte Mumm den Blick des Prinzen auf sich ruhen und von
ihm durchdrungen. Ach, zum Teufel damit. »Entschuldigung, aber mit der Diplomatie komme ich nicht besonders gut zurecht. Meinst du, was du gerade gesagt hast?«
Es kicherte erneut. Mumm drehte den Kopf und sah wieder in das
grinsende Narbengesicht. Er bemerkte jetzt auch einen Geruch, der fast
Gestank gleichkam – es roch nach Gewürznelken.
Lieber Himmel, er kaut die gräßlichen Dinger…
»Ah«, sagte der Prinz, »darf ich dir 71-Stunden-Ahmed vorstellen?«
Ahmed grinste erneut und verbeugte sich. »Offendi«, sagte er mit einer
Stimme, die wie ein Kiesweg klang.
Und damit hatte es sich. Es hieß nicht »Dies ist 71-Stunden-Ahmed,
Kulturattache«, oder »71-Stunden-Ahmed, mein Leibwächter«, oder gar
»71-Stunden-Ahmed, wandelnder Tresor und Mottenkiller«. Alles deute-
te darauf hin, daß jetzt wieder Mumm am Zug war.
»Das ist ein… äh… ungewöhnlicher Name«, kommentierte er.
»Ganz und gar nicht«, entgegnete der Prinz glatt. »In meiner Heimat
gibt es viele Leute, die Ahmed heißen.«
Er beugte sich ein wenig vor. Mumm interpretierte das als Hinweis
darauf, daß die nächsten Worte vertrauliche Bedeutung hatten. »Übri-
gens: Die schöne Dame, die ich vorhin sah… Ist sie deine erste Frau?«
»Äh, meine erste und einzige«, antwortete Mumm. »Ich meine…«
»Darf ich dir zwanzig Kamele für sie anbieten?«
Mumm sah einige Sekunden in die dunklen Augen, betrachtete dann
wieder Ahmeds 24-Karat-Lächeln und fragte:
»Dies ist wieder ein Test, nicht wahr?«
Der Prinz straffte die Gestalt und wirkte zufrieden.
»Ausgezeichnet, Sir Samuel. In diesen Dingen bist du gut. Weißt du, daß Herr Boggis von der Diebesgilde sich mit fünfzehn Kamelen abfinden wollte?«
»Für Frau Boggis?« Mumm winkte ab. »Nein, höchstens vier Kamele,
oder vier und eine Ziege. Vorausgesetzt, Frau Boggis hat sich vorher
rasiert.«
Die umherschlendernden Gäste drehten sich um, als sie das schallende
Gelächter des Prinzen hörten.
»Hervorragend! Wirklich gut! Ich fürchte, einige deiner Mitbürger hal-
ten uns Klatschianer für Barbaren, nur weil wir die Mathematik und das
Rund-um-die-Uhr-Campen erfunden haben. Kaum sehen sie einen Tur-
ban, glauben sie auch schon, jemand wol te ihre Frauen kaufen. Nun, es
überrascht
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