Fliegende Fetzen
Karotte und hob den Deckel
der Schatulle.
Angua sah auf ihn hinab. Wie immer strahlte Karotte Unschuld aus wie
eine Sonne Licht. Aber er… Sie hatten… Er sol te eigentlich wissen…
»Es heißt, sie… äh… seien recht klein«, sagte Angua.
»Oh, das stimmt.« Karotte griff nach den klatschianischen Münzen.
»Nimm nur die Zwerge. Sie sind am glücklichsten, wenn sie eine Axt
schwingen können, die mindestens ebenso groß ist wie sie. Und Nobby.
Er ist fasziniert von Waffen und könnte von der Größe her ein Zwerg sein.«
»Äh…«
Angua war sicher, daß sie Karotte besser kannte als sonst jemand. Au-
ßerdem zweifelte sie kaum daran, daß sie ihm viel bedeutete. Er sprach
nur selten darüber, nahm einfach an, daß sie Bescheid wußte. Sie hatte
andere Männer gekannt, obwohl der Umstand, daß sie einmal im Monat
zum Wolf wurde, auf gewöhnliche Männer nicht besonders attraktiv wirkte
– im Gegenteil. Sie wußte auch, daß Männer bestimmte Dinge, die sie
gewissermaßen in der Hitze des Augenblicks von sich gaben, anschlie-
ßend schnell vergaßen. Aber wenn Karotte etwas sagte… dann schien er
davon überzeugt zu sein, daß bis auf weiteres alles geklärt und geregelt
war. Wenn Angua ihn darauf angesprochen hätte, wäre er sicher über-
rascht gewesen, daß sie sich nicht mehr an seine Worte erinnerte – die er
anschließend noch einmal für sie zitierte, mit genauen Angaben von Zeit
und Ort.
Und doch hatte Angua manchmal den Eindruck, daß der größere Teil
von ihm sich in seinem Innern verbarg und aufmerksam Ausschau hielt.
Niemand konnte so schlicht sein, auf so kreative Art und Weise naiv,
ohne gleichzeitig über eine sehr hohe Intelligenz zu verfügen. Es war wie
Schauspielern. Nur ein sehr guter Schauspieler konnte einen schlechten
Schauspieler überzeugend darstel en.
»Ist ziemlich einsam, unser Nobby«, sagte Karotte.
»Nun, ja…«
»Aber ich bin sicher, früher oder später findet er die richtige Person«,
fügte Karotte munter hinzu.
Wahrscheinlich in einer Flasche, dachte Angua und erinnerte sich an
das Gespräch mit ihm. Es war schrecklich, so zu denken, aber… in ihr
regte sich Unbehagen bei der Vorstel ung, daß man Nobby gestattete,
sich dem Genpool hinzuzugesel en, wenn auch nur am seichten Ende.
»Diese Münzen sind seltsam«, sagte Karotte.
»Wie meinst du das?« fragte Angua, dankbar für die Ablenkung.
»Warum sol te man Ostie in klatschianischen Wol bezahlen? Hier hätte er nichts damit kaufen können, und die Geldwechsler bieten keinen besonders guten Kurs an.« Karotte warf eine Münze in die Luft und fing
sie wieder auf. »Als wir aufbrachen, sagte Herr Mumm zu mir: ›Versucht,
die Datteln und das Kamel unter dem Kopfkissen zu finden.‹ Ich glaube,
ich weiß, was er meinte.«
»Sand auf dem Boden«, sagte Angua. »Gibt es eine deutlichere Spur? Man weiß sofort, daß nur ein Klatschianer in Frage kommt.«
»Aber die Gewürznelke.« Karotte befingerte das braune Etwas. »Nicht
einmal bei den Klatschianern ist es üblich, solche Dinge mit sich herum-
zutragen. Das ist keine deutliche Spur, oder?«
»Sie riecht nicht so alt«, stellte Angua fest. »Ich schätze, er war in der vergangenen Nacht hier.«
» Nach Osties Tod?«
»Ja.«
»Warum?«
»Woher soll ich das wissen?« erwiderte Angua. »Und überhaupt: Was
ist 71-Stunden-Ahmed für ein Name?«
Karotte zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich glaube, Herr
Mumm glaubt, jemand in Ankh-Morpork will uns zu der Annahme verleiten, die Klatschianer hätten für den Anschlag auf den Prinzen bezahlt.
Das klingt… scheußlich, aber logisch. Allerdings verstehe ich nicht, war-
um ein echter Klatschianer an dieser Sache beteiligt ist…«
Ihre Blicke trafen sich.
»Politik?« sagten sie beide gleichzeitig.
»Für genug Geld wären viele Leute zu allem bereit«, meinte Angua.
Plötzlich klopfte es mit ziemlichem Nachdruck an der Tür.
»Hast du jemanden dort drin?« fragte Frau Geifer.
»Durchs Fenster!« flüsterte Karotte.
»Warum zerfetze ich ihr nicht einfach die Kehle?« entgegnete Angua.
»Schon gut, es war nur ein Scherz .« Sie seufzte und kletterte nach drau-
ßen.
In Ankh-Morpork gab es keine Feuerwehr mehr. Manchmal dachten die
Bürger der Stadt sehr direkt, und es dauerte nicht lange, bis sie einsahen: Es konnte falsch sein, eine Gruppe von Männern für die Anzahl der
Brände zu bezahlen, die sie löschten. Kurz nach dem Holzkohlendiens-
tag war der
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