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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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geschossen auf einen Mann«, erklärte
    Detritus. »Wir hier eintrafen, und dann plötzlich kamen viele schreiende
    Leute wie aus dem Nichts.«
    »Er schmetterte ihn hernieder, so wie Hudrun die Fleischtöpfe von Ur
    zerschmetterte«, sagte Obergefreiter Besuch.*
    »Er hat etwas zerschmettert?« fragte Mumm verwirrt. »Wurde jemand
    getötet?«

    * Obergefreiter Besuch-die-Ungläubigen-mit-erläuternden-Broschüren war ein guter Polizist, wie Mumm immer wieder betonte, und das war sein höchstes Lob.
    Er kam aus Omnien und teilte das nahezu pathologische Interesse seiner Landsleute an bekehrungsfreudiger Frömmigkeit. Er gab seinen ganzen Sold für Broschüren aus und hatte sich sogar eine eigene Druckerpresse angeschafft. Ihre Produkte bot er allen Interessierten an, und den Uninteressierten ebenfalls. Selbst Detritus konnte eine Menge kaum schneller versprengen als Obergefreiter Besuch, meinte Mumm. An seinen freien Tagen ging er mit seinem Kollegen Fegeden-Widerstand-des-Ungläubigen-mit-schlauen-Argumenten-hinweg durch die
    Straßen. Bisher konnten sie nicht einen einzigen Fall von Bekehrung vorweisen.
    Mumm glaubte, daß sich unter Besuchs ziemlich dicker religiöser Schale ein netter Kern verbarg, aber aus irgendeinem Grund brachte er es nie fertig, danach zu suchen.
    »Für einen Toten er erstaunlich laut und hingebungsvol fluchte«, erwi-
    derte Detritus. »Er getroffen wurde am Arm. Seine Freunde ihn brachten
    zur Wache, wo er sich beklagte. Er als Bäcker in der Nachtschicht arbei-
    ten. Meinen, er spät dran gewesen und gelaufen kam ins Lokal, um ab-
    zuholen sein Essen, und dann er lag plötzlich auf dem Boden.«
    Mumm schritt über die Straße und griff nach der Klinke. Die Tür öff-
    nete sich einige Zentimeter und stieß dann gegen etwas, das eine Barri-
    kade zu sein schien. Auch vor dem Fenster waren Möbelstücke überein-
    andergestapelt worden.
    »Wie viele Leute waren hier draußen, Obergefreiter?«
    »Ganze Heerscharen, fürwahr, Herr Kommandeur.«
    Und vier Personen hier drin, dachte Mumm. Eine Familie. Die Tür
    öffnete sich noch etwas weiter, und Mumm duckte sich, bevor die Arm-
    brust sichtbar wurde.
    Das Doing einer Sehne erklang. Der Bolzen sauste nicht etwa vorbei, sondern taumelte eher durch die Luft, trudelte in einem korkenzieherarti-gen Kurs durch die Gasse. Er flog fast seitwärts, als er gegen die gegenü-
    berliegende Wand schlug.
    »Hört mal…« Mumm blieb in geduckter Haltung, hob jedoch die
    Stimme. »Wenn es gelang, damit jemanden zu treffen, so kommt als Täter nur der Zufal in Frage. Hier spricht die Wache. Öffnet die Tür. Sonst
    macht Detritus sie auf. Und wenn er eine Tür öffnet, bleibt sie offen.
    Versteht ihr, was ich meine?«
    Keine Antwort.
    »Na schön. Detritus, bitte komm hierher…«
    Im Lokal flüsterten Stimmen, gefolgt von einem Kratzen, als Möbel-
    stücke beiseite gerückt wurden.
    Mumm versuchte es erneut mit der Tür – diesmal schwang sie nach in-
    nen auf.
    Die Familie stand auf der anderen Seite des Zimmers. Mumm fühlte
    die Blicke von acht Augen auf sich ruhen. Es herrschte eine heiße, be-
    sorgte Atmosphäre, gewürzt mit dem Geruch von angebrannten Speisen.
    Herr Goriff hielt die Armbrust in schlaffen Händen, und der Ge-
    sichtsausdruck seines Sohnes verriet Mumm al es, was er wissen mußte.
    »In Ordnung «, sagte er. »Jetzt hört mir mal gut zu. Derzeit beabsichtige ich nicht, jemanden zu verhaften, ist das klar? Dies scheint eine von jenen Angelegenheiten sein, die den Patrizier gähnen lassen. Aber ihr soll-
    tet den Rest der Nacht besser in der Wache verbringen. Derzeit kann ich
    keine Wächter erübrigen, um euch hier beschützen zu lassen. Versteht
    ihr? Ich könnte euch verhaften. Statt dessen richte ich nur eine Bitte an euch.«
    Herr Goriff räusperte sich.
    »Der Mann, auf den ich geschossen hab…«, begann er und ließ die
    Frage in der Luft hängen.
    Mumm mußte sich zwingen, nicht den Jungen anzusehen. »Er ist nicht
    schwer verletzt.«
    »Er… kam ganz plötzlich hereingelaufen«, erklärte Herr Goriff. »Und
    nach dem Zwischenfal mit der Brandbombe…«
    »Du hast einen weiteren Anschlag befürchtet und nach der Armbrust
    gegriffen?«
    »Ja«, sagte der Junge trotzig, bevor sein Vater antworten konnte.
    Nach einem kurzen Streitgespräch auf Klatschianisch fragte Herr Go-
    riff:
    »Wir müssen das Haus verlassen?«
    »Zu eurem eigenen Besten. Vielleicht finden wir jemanden, der es wäh-
    rend eurer Abwesenheit bewacht.

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