Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
Ich meine, ineinander verliebt, nicht nur gleichzeitig.“
„Vielleicht. Aber, na ja, wir hatten unsere Chance.“
Daniel nickt und zupft an seinen Haaren. Das Handy liegt schwer wie ein Stein in seiner Tasche. Hätte Lilli nicht recht mit allem, er würde im Fünfminutentakt bei Mick anrufen, so lange, bis er rangeht oder der Akku schlapp macht.
Lilli bestellt Frühstück und Kaffee und blättert eine Tageszeitung durch, die am Nachbartisch liegen geblieben ist. Daniel schweigt.
„Du bist nicht durch mit dem Thema?“, sagt Lilli irgendwann und sieht von der Zeitung auf. „Du kannst nicht abschließen. Er lässt dich einfach nicht los, hm?“
„Nein“, gibt Daniel zu. „Ich habe immer so das Gefühl, dass wir noch nicht fertig sind miteinander. Aber vielleicht ist es nur Wunschdenken.“
„Dann setz dir eine Frist. Wenn das Gefühl dich bis dahin nicht loslässt, dann unternimm etwas. Nur zu viele Hoffnungen solltest du dir nicht machen.“
Daniel nickt. Er kennt seine Frist. Sie läuft heute Abend beim Konzert ab.
Er ist sich ziemlich sicher, dass Lilli eine andere Vorstellung davon hatte, aber er sieht auch keinen Sinn darin, sich unlösbare Aufgaben zu stellen.
Nach dem Frühstück muss Lilli los. Ihre Eltern haben ein Teegeschäft und sie hat versprochen, auszuhelfen. Wieder allein, aber jetzt zumindest satt und einigermaßen besänftigt, schlendert Daniel hinüber zum Kirchplatz. Die Kundgebung ist mittlerweile beendet und Daniel denkt, dass er besser jemanden finden sollte, der ihm den Inhalt zusammenfasst, denn schließlich muss er für die Schülerzeitung darüber schreiben.
Einstweilen schiebt er sich vorsichtig durch die Menschenmenge und betrachtet die verschiedenen Informationsstände, die rund um die große Hauptbühne aufgebaut sind. Viele Parteien zeigen hier Präsenz, aber auch große kirchliche und nicht-kirchliche Organisationen, Umweltschützer, Menschenrechtler, Einzelhändler und Schulen.
Auch das Eschenbach-Gymnasium ist mit einem Stand vertreten; Daniel hat das Projekt an der Schule verfolgt, sich aber in all dem Trubel mit Mick nicht daran beteiligt. Ein paar von der SMV haben die Aktion koordiniert, Flyer drucken lassen und die fünften Klassen dazu gebracht, nachmittags in der Pausenhalle Transparente zu malen.
Daniel muss den Stand eine Weile suchen; er ist nicht gerade an vorderster Front platziert. Niko von der SMV hält hinter dem verkleideten Tapetentisch die Stellung, flankiert von Spruchbändern, die eine „bunte Schule“ versprechen. Er ist sichtlich erfreut, Daniel zu sehen.
„Kannst du mich mal ablösen?“, fragt er. „Ich sterbe vor Hunger. Ich muss mir dringend was holen.“
„Bist du alleine hier?“
„Nein, eigentlich zusammen mit Tina, aber die musste mal für kleine Mädchen und ist seither nicht wieder aufgetaucht.“
Daniel nickt und zwängt sich zu Niko hinter den Stand.
„Was soll ich denn hier machen?“
„Ach, nichts weiter. Fragen beantworten, wenn einer was wissen will. Flyer anbieten. Sonst nichts. Ehrlich, die Leute rennen uns nicht gerade die Bude ein.“
„Okay. Ich glaube, das kann ich schaffen.“
„Danke, Mann.“
Niko schwirrt ab und Daniel macht es sich am Stand so bequem wie möglich. Er holt sein Schreibzeug raus und beginnt, sich Notizen zu machen. Bis jetzt ist es eine nette, unspektakuläre Veranstaltung. Eine der vielen Gegen-Rechts-Partys, die im Sommer überall stattfinden. Daniel fragt sich, wie viele der Besucher tatsächlich aus politischen Gründen hier sind und wie viele nur aus Langeweile.
Sein großartiger Enthüllungsartikel vom letzten Jahr hat jedenfalls gezeigt, dass Rechtsextremismus ein Thema ist, über das man abseits von solchen Events nicht gerne spricht.
Daniel fragt sich, wie viel von diesem Gedanken er in seinen Bericht einfließen lassen kann, ohne achtkantig aus der Redaktion zu fliegen.
Oder auch nicht. Warum nicht einen spektakulären Abschieds-Knaller bringen? Er weiß sowieso nicht mehr, was er bei dieser Schülerzeitung soll, bei dieser Ansammlung von angepassten Gymnasiasten, denen jedes kritische Statement zu riskant ist, die aus Prinzip nicht tiefer graben als die Mohrrüben im Schulgarten wachsen.
Daniel kaut am Kugelschreiber.
Ist es nicht merkwürdig? Diese Schule, die mit einem Informationsstand an Bunt statt Braun teilnimmt, ist die gleiche, die nie wirklich zugeben wollte, dass die Rechten an ihrem Schultor ihre ekelhaften Schriften und CDs verteilt haben. Und wer einen
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